Arbeitspapiere - Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft ...
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nuklearen Anstrengungen noch einmal zu forcieren. Dies wird der internationalen Öffentlichkeit<br />
1995 durch den übergelaufenen Hussein Kamal, Schwiegersohn Saddam Husseins und<br />
langjähriger Hauptverantwortlicher <strong>für</strong> die gesamte irakische Waffenproduktion, offenbart.<br />
Ziel dieser Initiative war es, bis Anfang 1991 genug hoch angereichertes Uran (Highly Enriched<br />
Uranium, HEU) <strong>für</strong> mindestens eine Atombombe zu gewinnen 77 , um vermutlich auf diese<br />
Weise die strategische Lage des Irak im sich abzeichnenden (militärischen) Konflikt mit<br />
der Staatengemeinschaft und allen voran mit der US-geführten Koalition entscheidend zu<br />
verbessern. Die irakische Führung zeigte jedenfalls wenig Bereitschaft den Resolutionen des<br />
UN-Sicherheitsrats, insbesondere der Forderung nach sofortigem Rückzug aus dem besetzten<br />
Kuwait, Folge zu leisten. Schließlich spitzte sich der Konflikt so stark zu, dass die von<br />
den USA gebildete und geführte Staatenkoalition im Januar 1991 ihre UN-mandatierte Militäraktion<br />
zur Beendigung der irakischen Okkupation Kuwaits startete. Man kann davon ausgehen,<br />
dass die massiven Luftschläge gegen den Irak auch dem Nuklearkomplex des Landes<br />
erheblichen Schaden zufügten und die Bemühungen in diesem Bereich nicht unerheblich<br />
zurückwarfen. Die IAEO-Inspektoren kamen nach dem Krieg zu dem Schluss, dass der<br />
Irak auch ohne die im Zuge der Luftschläge erfahrenen Rückschläge noch mindestens bis<br />
Ende des Jahres 1991 gebraucht hätte, um erst einmal überhaupt einen nuklearen Sprengsatz<br />
zu bauen. Der Weg bis zu einem nuklearen Sprengkopf, der kompatibel mit irakischen<br />
Trägerraketen gewesen wäre, wäre nach diesen Einschätzungen schließlich noch um einiges<br />
länger ausgefallen. 78<br />
Die Frage, wie nah der Irak Anfang der 1990er Jahre tatsächlich dem Bau einer Bombe kam,<br />
kann ohnehin als umstritten gelten und war mithin voller politischer Implikationen. Einige Experten<br />
vertraten die These, dass die unmittelbare Gefahr durch ein irakisches Nuklearpotenzial<br />
vor allem von US-Regierungsseite übertrieben dargestellt wurde, um vor der eigenen<br />
Öffentlichkeit einen Waffengang leichter rechtfertigen zu können. 79 So ging die US-<br />
Administration Ende 1990 lediglich von wenigen Monaten aus, die noch vergehen würden,<br />
bis der Irak waffenfähiges Uran produzieren könne. Die Glaubwürdigkeit derartiger Szenarien<br />
wurde von diesen Autoren entschieden angezweifelt. Sie gingen hingegen von einem<br />
Zeitfenster von mindestens fünf bis zehn Jahren aus, die es <strong>für</strong> den Irak noch in Anspruch<br />
nehmen würde, Uran auf diesem Niveau anzureichern und sahen die nuklearen Bemühungen<br />
des Irak noch in einem recht frühen Stadium, das mit zahlreichen technischen Problemen<br />
behaftet war. Andere Autoren machten schließlich im Kontext dieser Debatte um Iraks<br />
Kernwaffenpotenzial und der konkreten Diskussion, wie nah oder weit das Land von einsatzfähigen<br />
Atomwaffen entfernt sei, auf die grundsätzlichen Aspekte und Schwierigkeiten des<br />
77 Vgl. ebd., S. 11.<br />
78 Vgl. ebd.<br />
79 Vgl. hierzu Albright/Hibbs, Were They Even Close?, 1991; Albright/Hibbs, Hyping the Iraqi Bomb, 1991.