Arbeitspapiere - Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft ...
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Nichtsdestotrotz reiht sich die PSI nahtlos in die während der Bush-Administration forcierte –<br />
wenn auch nicht ursprünglich erdachte – Konzeption der, falls nötig auch gewaltsamen,<br />
Counterproliferation ein, die einem robusteren Begriff von nuklearer Nichtverbreitungspolitik<br />
folgt. Inwieweit dieses Verständnis von Nonproliferation das globale Nichtverbreitungsregime<br />
stärkt oder ganz im Gegenteil eher seine Legitimität unterhöhlt, bleibt freilich die spannende<br />
Frage. In jedem Fall handelt es sich hierbei um Maßnahmen, die eher dem Denkmuster der<br />
„Koalition der Willigen“ entsprechen und folglich um eine Politik, die sich jenseits des gültigen<br />
und allgemein anerkannten Nichtverbreitungsregimes bewegt.<br />
2.5 Das nukleare Nichtverbreitungsregime: ein Zwischenfazit<br />
Das nukleare Nichtverbreitungsregime war und ist trotz seiner Schwachstellen, Probleme<br />
und vorhandener Konflikte aus der globalen Architektur multilateraler sicherheitspolitischer<br />
<strong>Institut</strong>ionen nicht mehr weg zu denken. Das Regime, insbesondere die Nichtverbreitungsnorm<br />
des Atomwaffensperrvertrags, hat entscheidend dazu beigetragen, dass sich Proliferationsszenarien,<br />
die noch in den 1960er Jahren kursierten, nicht bewahrheiten sollten. Dennoch<br />
ist es mindestens drei Staaten, namentlich Israel, Indien und Pakistan, gelungen, sich<br />
dem NVV zu entziehen und sich in den Besitz von Atomwaffen zu bringen. Andrerseits ist<br />
der Vertrag bis zum heutigen Tag dem großen Ziel der Universalität äußerst nahe gekommen:<br />
bis auf die eben genannten Staaten und Nordkorea, dessen Rücktritt vom Atomwaffensperrvertrag<br />
aus dem Jahr 2003 gleichwohl im Hinblick auf seine völkerrechtliche Gültigkeit<br />
umstritten ist, sind mittlerweile alle Länder Mitglieder des NVV. Anfang der 1990er Jahre mit<br />
Beendigung des Ost-West-Konflikts, herrschte bezüglich der Zukunft von nuklearer Nonproliferation<br />
ohnehin Aufbruchstimmung. Südafrika verzichtete in dieser Zeit freiwillig auf seine<br />
Atomwaffen und trat dem NVV als Nichtkernwaffenstaat bei. Die Nachfolgestaaten der Sowjetunion,<br />
namentlich Weißrussland, die Ukraine und Kasachstan, verzichteten ebenfalls auf<br />
die auf ihrem Territorium gelagerten Nuklearwaffen und traten als Nichtkernwaffenstaaten<br />
dem NVV bei. Die offiziellen Atommächte Frankreich und China schlossen sich ebenfalls<br />
dem Vertragswerk an. Mit der unbefristeten Verlängerung des Vertrags auf der Überprüfungskonferenz<br />
1995 wurden die optimistischen nuklearen Zukunftserwartungen zusätzlich<br />
beflügelt und bestätigt.<br />
Auf der anderen Seite entblößte der Fall der nordkoreanischen Kündigung des Atomwaffensperrvertrags<br />
Anfang 2003 unverkennbar die Schwachstellen des Regimes. Artikel X des<br />
NVV sieht ausdrücklich eine Ausstiegsklausel vor: hierin wird jedem Mitglied des NVV die<br />
Möglichkeit des Rückzugs, bei dreimonatiger Kündigungsfrist, aus dem Vertrag zugebilligt,<br />
falls „durch außergewöhnliche, mit dem Inhalt dieses Vertrags zusammenhängende Ereignisse<br />
eine Gefährdung der höchsten Interessen ihres Landes eingetreten ist.“ Diese relativ<br />
hindernisarme Ausstiegsoption bietet entsprechend proliferationsentschlossenen Staaten