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Arbeitspapiere - Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft ...

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Eingreifen zur Unterdrückung der Weiterverbreitung von Kernwaffen, spaltbaren Materials<br />

und nuklearer Technologie. [...] Gegenproliferation ist das Gegenteil ‚weicher Sicherheit’. Es<br />

geht um ‚harte Sicherheit’ mit kriegsartigen Operationen. Das schließt auch die Verletzung<br />

nationaler Souveränität und territorialer Integrität von Ländern ein.“ 57 Die Ursprünge dieses<br />

sicherheitspolitischen Paradigmas liegen in der Zeit der ersten Clinton-Administration. 58 Im<br />

Gefolge einer Rede Bill Clintons vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen im<br />

Herbst 1993, startete das amerikanische Verteidigungsministerium seine „Defense Counterproliferation<br />

Initiative“. Als wesentliche Begründung <strong>für</strong> diese Initiative diente der Hinweis<br />

auf die gestiegene Wahrscheinlichkeit von Konfliktszenarien, in denen es amerikanische<br />

Interventionsstreitkräfte mit Gegnern zu tun bekommen, möglicherweise auch nichtstaatlichen,<br />

terroristischen Akteuren, die über Massenvernichtungswaffen samt Trägersystemen<br />

verfügen und auch bereit sind, diese zum Einsatz zu bringen. Die Debatte um Counterproliferation<br />

war mithin recht eng verknüpft mit der Debatte hinsichtlich der Bedrohung<br />

durch den international agierenden Terrorismus (auch „Counterterrorismus“ genannt). Das<br />

Konzept der Counterproliferation umfasst sowohl defensive Elemente, hier sind an erster<br />

Stelle US-amerikanische Ambitionen zum Aufbau eines Systems der Raketenabwehr zu<br />

nennen, als auch offensive. Im Kontext der Counterproliferation-Initiative liegen auch die<br />

Anfänge der Überlegungen die eigenen Nuklearwaffen als Mittel der Bekämpfung von Proliferation<br />

in Betracht zu ziehen. Vor diesem Hintergrund reiften auch Ideen zur Entwicklung<br />

neuer Nuklearwaffentypen heran, speziell konzipiert als Instrument zur Zerstörung von Produktionsstätten<br />

<strong>für</strong> Massenvernichtungswaffen. Die Nuklearstrategie der USA wurde und<br />

wird seither immer auch im Zusammenhang mit dem Gedanken der Counterproliferation<br />

formuliert. Allgemein musste in den USA das Proliferationsszenario als Legitimierungsquelle<br />

<strong>für</strong> kontinuierliche und neue Rüstungsanstrengungen herhalten.<br />

Den entscheidenden Impetus erhielt die während der Clinton-Administration eingeleitete<br />

Neuorientierung der US-Nichtverbreitungspolitik in Richtung einer nicht-diplomatischen, unilateraleren<br />

Herangehensweise dann im Rahmen der Präsidentschaft von George W. Bush.<br />

Dies fand explizit Ausdruck in den einschlägigen sicherheitspolitischen und nuklearstrategischen<br />

Leitkonzepten. 59 Was unter Clinton gleichsam noch vorsichtig vorformuliert und andiskutiert<br />

wurde, wuchs nun zu einem geschlossenen und kohärenten sicherheitspolitischen<br />

Konzept heran, das umfassender und im Ton wesentlich aggressiver war als noch in der<br />

Clinton-Ära. Prominentester Ausdruck dieser Denkschule ist die im September 2002 vorgelegte<br />

und 2006 in ihren wesentlichen Aussagen bestätigte „National Security Strategy“<br />

57 Rühl, Atomwaffen militärisch verhindern, 2005, S. 108.<br />

58 Vgl. zu den Anfängen der Counterproliferation-Initiative Neuneck/Mutz, Vorbeugende Rüstungskontrolle, 2000,<br />

S. 199ff; Neuneck/Wallner, Nonproliferation und Counterproliferation, 1995, S. 145ff; Müller/Scharper, US-<br />

Nuklearpolitik nach dem Kalten Krieg, 2003, S. 22ff.<br />

59 Vgl. zur Nichtverbreitungspolitik der Administration von Bush jr. beispielsweise Schaper, Die Aufwertung von<br />

Kernwaffen durch die Bush-Administration, 2003; Müller, Nukleare Krisen und transatlantischer Dissens, 2003, S.<br />

15ff; Müller/Sohnius, Intervention und Kernwaffen, 2006, S. 13ff.

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