Arbeitspapiere - Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft ...
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respektive Anreicherungsprogramm sind hier<strong>für</strong> beredte Beispiele. Die Attraktivität von<br />
Kernwaffen scheint gegenwärtig eher zu- als abzunehmen. Die Politik der aktuellen Bush-<br />
Administration ist in diesem Zusammenhang wohl nicht ganz unbedeutend. Die USA legten<br />
spätestens unter Bush jr. einen nichtverbreitungspolitischen Kurs ein, der mit klassischen<br />
<strong>Institut</strong>ionen und Prinzipien der Nonproliferation kaum kompatibel erscheint. Der ideologische<br />
und sicherheitsstrategische Mix aus zu bekämpfenden „Schurkenstaaten“, im äußersten<br />
Fall mittels „regime change“ unter Androhung von (nuklearen) Militärschlägen und die<br />
damit einhergehende „Konventionalisierung“ 66 von Kernwaffen, dürfte bei gewissen Staaten<br />
erst recht Proliferationsanreize schaffen. „Auch frühere US-Administrationen schlossen den<br />
Gebrauch von Kernwaffen nicht aus, um auf Angriffe mit Massenvernichtungswaffen zu antworten.<br />
Aber im Zusammenhang mit dem NVV haben sich die USA verpflichtet, keinen<br />
Nichtkernwaffenstaat nuklear anzugreifen, außer er sei mit einem feindlichen Kernwaffenstaat<br />
verbündet. Die Abkehr von dieser Verpflichtung unterhöhlt den NVV und lädt andere<br />
ein, sich ebenfalls nuklear zu bewaffnen.“ 67 Dies gilt umso mehr, wenn Staaten explizit als<br />
Angriffsziele genannt werden, wie bei Irak, Nordkorea und Iran der Fall. Die Überlegung, sich<br />
vor diesem Hintergrund sicherheitspolitisch rückzuversichern, scheint mithin nicht abwegig.<br />
Völkerrechtlich verbindliche (negative) Sicherheitsgarantien durch die Kernwaffenstaaten<br />
gehörten von jeher zu den Kernanliegen der Nichtkernwaffenstaaten, insbesondere derjenigen<br />
aus der blockfreien Bewegung. Drohungen mit nuklearen Präventivschlägen sprechen<br />
diesem Anliegen offensichtlich Hohn und führen zu den genannten Proliferationsanreizen. 68<br />
Die IAEO operiert so gesehen in einem vermehrt von Misstrauen und Dissens geprägten<br />
nichtverbreitungspolitischen Umfeld. Ihre Funktion Vertrauen zu schaffen und Konflikte einer<br />
diplomatischen Lösung zuzuführen, war und ist mehr denn je gefragt, insbesondere im Kontext<br />
der Konflikte um die Atomprogramme des Irak, Nordkoreas und des Iran. Gleichzeitig<br />
dürfte aber das beschriebene komplizierte und konfliktgeladene politische Umfeld wie ein<br />
Schatten über den IAEO-Bemühungen liegen.<br />
66 Vgl. Müller/Sohnius, Intervention und Kernwaffen, 2006.<br />
67 Schaper, Die Aufwertung von Kernwaffen durch die Bush-Administration, 2003, S. 144.<br />
68 Vgl. zu den nichtverbreitungspolitischen Implikationen der US-Nukleardoktrin auch Müller/Sohnius, Intervention<br />
und Kernwaffen, S. 25ff.