Arbeitspapiere - Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft ...
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fen, wenn die Empfänger IAEO-Safeguards anwenden. Diese Liste wird laufend überarbeitet.<br />
Der Zangger-Ausschuss, der im Jahr 2005 35 Mitgliedsstaaten umfasste, trat jedoch recht<br />
bald in den Hintergrund internationaler Exportkontrollpolitik. Die Nuclear Suppliers Group<br />
(NSG), die erstmals 1977 als so genannter „Londoner Club der nuklearen Lieferländer“ in<br />
Erscheinung trat, konnte ihm als maßgebliche <strong>Institut</strong>ion des nuklearen Exportkontrollregimes<br />
den Rang ablaufen. Die NSG verfolgte einen anderen Ansatz: sie sah sich nicht in<br />
direkter Verbindung mit dem NVV. Dieser Umstand ermöglichte auch die Einbindung des<br />
wichtigen Exporteurs Frankreich, das zum damaligen Zeitpunkt kein Mitglied des NVV war<br />
und sich mithin auch nicht am Zangger-Auschuss beteiligte. Die USA als treibende Kraft hinter<br />
der NSG warben allgemein <strong>für</strong> eine Exportkontrollpolitik, die über die Vorgaben des NVV<br />
hinausging, da diese als zu wenig restriktiv betrachtet wurden. Die Richtlinien der NSG umfassten<br />
von Anfang an mehr Güter als die Trigger-List des Zangger-Ausschusses und empfahlen<br />
insbesondere im Bereich so genannter sensitiver Technologien wie Anreicherung und<br />
Wiederaufbereitung eine restriktive Politik. Nichtsdestotrotz wies die Politik der NSG in der<br />
Praxis einige Defizite auf. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem irakischen Atomprogramm<br />
und der Rolle, die Nuklearexporte aus dem Westen dabei spielten, wurden die<br />
Richtlinien der Organisation 1991/92 umfassend im Hinblick auf die konstatierten Schwachstellen<br />
reformiert. Die Neuerungen bezogen sich vor allem auf den Bereich so genannter<br />
„nuklearbezogener Mehrzweckgüter“ (Dual-Use-Problematik), die nun verstärkt in die einschlägigen<br />
Listen genehmigungspflichtiger Exporte Einzug fanden. Des Weiteren bekannte<br />
man sich in einer Stellungnahme ausdrücklich zum Prinzip der „Full Scope Safeguards“ als<br />
Lieferbedingung, auch wenn im Hinblick auf die erwähnten Mehrzweckgüter den Staaten<br />
noch ein Ermessensspielraum eingeräumt wurde. Inwieweit in einem Empfängerland von<br />
Nukleargütern diese umfassenden IAEO-Sicherungsmaßnahmen Praxis sein müssen, war<br />
nämlich innerhalb der NSG stets umstritten. Auf der grundsätzlichen Ebene sprach man sich<br />
da<strong>für</strong> aus, dem Ziel der Nichtverbreitung von Kernwaffen Vorrang einzuräumen vor dem Ziel<br />
der Förderung zivil-nuklearer internationaler Kooperation. Mit dieser Prioritätenfestlegung<br />
wurde gleichzeitig ein kritischer Punkt hinsichtlich der Interessenlage der meisten Exporteure<br />
beleuchtet. Die Interessenlage der Lieferstaaten ist nämlich zumindest als widersprüchlich zu<br />
charakterisieren. 53 Einerseits sind gerade die hochindustrialisierten Staaten des Nordens die<br />
größten Verfechter von Nonproliferation, gleichzeitig schadet eine zu restriktive Exportpolitik<br />
ihren kommerziellen Interessen.<br />
Trotz dieser Verschärfungen der Exportrichtlinien Anfang der 1990er Jahre ist eine in der<br />
Praxis auch wirksame Exportkontrollpolitik mit einigen grundsätzlichen Problemen behaftet. 54<br />
Zum einen ist nicht gesagt, dass die exportierenden Staaten ihre Verpflichtungen auch tatsächlich<br />
ernst nehmen. Zum anderen besteht immer die Möglichkeit, dass einzelne Unter-<br />
53 Vgl. Müller, Regimeanalyse und Sicherheitspolitik, 1989, S. 281.<br />
54 Vgl. hierzu Müller, Rechtsinstrumente zur Nichtverbreitung, 1999, S. 36f.