ezensionen - Rainer Hampp Verlag
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Im ersten Teil der Studie skizziert Rainnie die britische Diskussion über<br />
Klein- und Mittelbetriebe, die mit der Veröffentlichung des Bolton-<br />
Reports 1971 einsetzt (im anhang analysiert der Autor diesen Bericht<br />
ausführlicher) und mit dem Beginn der konservativen Regierungsübernahme<br />
durch M. Thatcher eine Boomphase erlebt. Die Vorstellung des innovativen,<br />
dynamischen, beschäftigungsintensiven Kleinbetriebes erlangt in den<br />
politischen Förderprogrammen der Konservativen eine zentrale Stellung;<br />
konfrontiert mit der tatsächlichen Entwicklung, erweist sich die Rolle<br />
der Kleinbetriebe freilich als weit weniger glorreich.<br />
Vor allem unterschätzt der propagierte Mythos des Kleinbetriebs zumeist,<br />
wie Rainnie aufzeigt, das Geflecht direkter und indirekter<br />
Abhängigkeiten, das die kleinen mit den großen und mächtigen Unternehmen<br />
verbindet. "The large firm directly or indirectly determines the rules of<br />
the game in which the small firm is a player." (88)<br />
Die Analyse dieser Zusammenhänge führt schließlich zu einer<br />
Ausdifferenzierung der Heterogenität der Klein- und Mittelbetriebe in<br />
vier Typen nach der Art ihrer Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit. Diese<br />
Klassifikation (dependent - competitive independent - old independent -<br />
new independent) könnte auch für weitere Überlegungen und Untersuchungen<br />
einen fruchtbaren Ansatz abgeben.<br />
Im zweiten Teil seiner Studie stellt Rainnie Befunde eigener empirischer<br />
Untersuchungen von Klein- und Mittelbetrieben dat, die in zwei<br />
unterschiedlichen Industriezweigen, der Bekleidungs- und der<br />
Druckindustrie, durchgeführt wurden.<br />
Entgegen der offiziellen konservativen Doktrin, nach der<br />
Arbeitsbeziehungen in kleineren Betrieben 'happier and easier' seien,<br />
weisen die Ergebnisse der Studie nach, daß im Hinblick auf<br />
Einkommensverhältnisse und Arbeitsbedingungen die Kleinbetriebe<br />
erhebliche Defizite aufweisen. Gleichwohl seien die Arbeitsbeziehungen<br />
durch eine vordergründige 'Harmonie' geprägt, die nach Rainnie darauf<br />
zurückzuführen sei, daß die dort Beschäftigten sich in ihren Ansprüchen<br />
den Gegebenheiten anpassen, die das Management (zumeist die Owner-Manager)<br />
ihnen vermitteln; aus Mangel an Alternativen fügen sie sich. Einer<br />
Veränderung ihrer sozialen Bedingungen seien Grenzen gesetzt: weil die<br />
gewerkschaftliche Organisation in Kleinbetrieben der Bekleidungsindustrie<br />
kaum vertreten sei, oder, wo sie präsent ist, wie in Kleinbetrieben der<br />
Druckindustrie, wenig Aktivitäten entfaltet und so den Owner-Managern das<br />
Feld überläßt.<br />
Die Studie vermittelt einen interessanten und kritischen Überblick und<br />
Einblick in die britische Debatte über Klein- und Mittelbetriebe, die<br />
auch für deutsche Leser von Interesse ist und den Wunsch aufkommen läßt,<br />
in vergleichender Perspektive Untersuchungen in beiden oder mehreren<br />
Ländern durchzuführen; nicht zuletzt mit Blick auf den europäischen Binnenmarkt<br />
1992.<br />
Paderborn, Juli 1989<br />
Hans J. Sperling