Franz Lüthi - OFSG - St. Galler Orgelfreunde
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einzelne Teile der Orgelmesse schliessen meist mit einem kurzen Petit<br />
Plein jeu.<br />
G.O.<br />
Pos.<br />
Ped.<br />
Montre 16', Bourdon 16', Montre 8', Bourdon 8', Prestant 4',<br />
Doublette 2', Fourniture, Cymbale<br />
Montre 8', Bourdon 8', Prestant 4', Doublette 2', Fourniture,<br />
Cymbale – Manualkoppel<br />
Pédale de Flûte (Flûtes 8' und 4'),<br />
für Plain Chant (= Cantus firmus): Trompette 8', Clairon 4'<br />
Das Plein jeu klingt homogen, plastisch und niemals schreiend. Einerseits<br />
liegt dies an den weichen Prinzipalregistern, anderseits an den<br />
Mixturen. Die französischen Mixturen repetieren häufiger (ab c° zweimal<br />
pro Oktave). Sie heben damit im Ensemble den Tonhöhenwert der Tonleiter<br />
auf, weil die Oktavzugehörigkeit eines Tones nicht mehr streng definiert<br />
ist. So tönt der Diskant relativ tief und mild, die Basslage eher hell.<br />
Im Gegensatz zu Deutschland repräsentiert das französische Plein jeu<br />
Homogenität und Gravität, nicht polyphone Transparenz. Für polyphone<br />
<strong>St</strong>ücke (z. B. Fugue grave) braucht man auf der französischen Orgel<br />
eine Zungenregistrierung (siehe Grand jeu 4.2.8 und Fugues 4.2.5).<br />
Eine Sonderform des Plein jeu ist der Plain Chant: Das Pedal übernimmt<br />
hier in langen Notenwerten den Cantus firmus. Dieser wird "Plain<br />
Chant" = Cantus planus genannt. Dessen Übersetzung als "eben" ausgehaltener<br />
Gesang erinnert an den Ausdruck "grad häbe" aus der<br />
Appenzeller Volksmusik. Der Brauch, das Pedal vor allem für eine<br />
Tenorstimme (Zunge 8' und 4') einzusetzen, illustriert die etwas ungewohnte<br />
Vorstellung, dass das Pedal nicht Bassklaviatur ist.<br />
4.2.2 Grundstimmenmischungen: Fond d'orgue und Jeu doux<br />
Grundstimmenmischungen eignen sich für leises Spiel und vor allem<br />
auch zur Begleitung von Soloregistern. Der Jeux doux, eine Mischung<br />
aus zarten Grundstimmen (Flöten ohne 16') auf der Grundlage der weich<br />
klingenden Montre 8' und/oder Bourdon 8', kann je nach Soloregister mit<br />
Flûte 4', Prestant 4', allenfalls sogar Nazard 2⅔' oder Doublette 2' ergänzt<br />
werden.<br />
Der Fond d'orgue klingt stärker und umfasst normalerweise auch die 16'<br />
Lage, sofern dies die <strong>St</strong>immführung der 8'-Solostimme im Pedal erlaubt<br />
(Vermeiden einer <strong>St</strong>immkreuzung!). Fond d'orgue soll man in langsamem<br />
Zeitmass, zärtlich und gesanglich spielen (G. Corrette 1703).<br />
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<strong>St</strong>. <strong>Galler</strong> <strong>Orgelfreunde</strong> <strong>OFSG</strong> Bulletin <strong>OFSG</strong> 31, Nr. 1, 2013