Franz Lüthi - OFSG - St. Galler Orgelfreunde

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8 Hälfte des 17. Jahrhunderts in ganz Frankreich verbreitete ("Titelouze- Orgel"). Poitiers, Kathedrale, erbaut von Crespin Carlier 1612 [6, S. 170] II. Grand-Orgue I. Positif Pédale Montre 16' Montre 8' Flûte 8' Bourdon 16' Prestant 4' Sacqueboute 8' Montre 8' Doublette 2' [= Trompette 8'] Bourdon 8' Fourniture 3f. Prestant 4' Cymbale 2f. Doublette 2' Fourniture 4f. * Cymbale 3f. Tiercette 1 3 /5' Quintadin 4' Flûte 4' Nazard 2⅔' Nazard 2⅔' Flûte traversine 2' Petit Nazard 1⅓' Sifflet 1' Larigot 7 pouces [⅔' ?] Cornet Trompette 8' Cromorne 8' Tremblant Clairon 4' Rossignol Voix humaine 8' Musette * Fourniture aufgeteilt in zwei Züge Die beiden selbständigen Manualwerke sind in je einem eigenen Gehäuse, Hauptwerk auf 16'- und Positif (= Rückpositiv) auf 8'-Basis. Das Pedalwerk mit einem 8'-Zungenregister und einem offenen 8' befindet sich im oder hinter dem Orgelgehäuse. Das Hauptwerk enthält in dieser Frühzeit noch ein Terzregister in Prinzipalmensur (Tiercette 1 3 /5'), aber ohne die (prinzipalische) Quinte 2⅔', ferner Flötenregister verschiedener Bauart sowie farbige Solostimmen: Nazard 2⅔', Flûte 2', Cornet, Trompette 8', Clairon 4' und Voix humaine 8'. Der Positif besitzt mindestens Flûte allemande 4' und Larigot 1⅓', als Zungenregister Cromorne 8' (mit weiter Mensur und kräftigem Klang, anders als das deutsche Krummhorn). Das Holzprinzipal 8' im Pedal (= "Flûte 8' ") eignet sich zur Begleitung von Soloregistern, die starke Trompette 8' für das Cantusfirmus-Spiel. Die Schiebekoppel Positif–G.O. war obligat. Kleinere Orgeln hatten vereinzelt nur ein angehängtes Pedal ohne eigene Register oder manchmal eine Pedalkoppel. Ein virtuoses Spiel auf dem fran- __________________________________________________________________________________________ St. Galler Orgelfreunde OFSG Bulletin OFSG 31, Nr. 1, 2013
9 zösischen Pedal mit den kurzen Tasten war nicht möglich; Klangbasis war ja nicht das Pedal, sondern das Hauptwerk mit seinen 16'-Stimmen. 1.2 1630–1655: Erweiterung mit III. Manual (Récit oder Écho) und 4' im Pedal. Die Orgel erhielt jetzt zusätzlich ein drittes Manual. Zunächst konnte darauf lediglich der Cornet des Hauptwerks separat im Diskant (c 1 –c 3 ) gespielt werden ("Cornet séparé"). Erst ab 1664 erhielt dieser Cornet eigene Pfeifen, die – aufgebänkt über den Hauptwerkspfeifen – durch eine eigene Windlade versorgt wurden. Der Récit wurde somit ein selbständiges Werk. Anstelle eines Récit konnte das III. Manual auch als Écho (Echowerk, Umfang ebenfalls c 1 –d 3 ) ausgeführt sein. Wie beim Récit waren hier die Tasten im unteren Bereich vorhanden, aber stumm. Auch dieses Werk enthielt einen fünffachen Cornet (8', 4', 2⅔', 2', 1 3 /5'), der aber in Einzelzüge ("Cornet décomposé") aufgeteilt sein konnte. Das Echowerk befand sich unmittelbar über dem Spielschrank im geschlossenen Gehäuse (ohne Schallaustrittsöffnungen) und war in Paris in den 1640er Jahren beliebter als der Récit. Manchmal enthielt es auch ein kleines Plenum. Im Hauptwerk wurde der Weitchor (weit mensurierte = flötige Register) ausgebaut durch die Grosse (= weite) Tierce 1 3 /5', anfänglich oft gleichzeitig mit der bisherigen engen, "prinzipaligen" Tiercette 1 3 /5'. Das weite Register Quarte de Nazard 2' ersetzt den etwas engeren Flageolet 2'. Auch das Pedal erhielt eine Ergänzung durch Flûte 4'. Die Pedalkoppel, ohnehin nur selten gebaut, verschwand vorübergehend ab ca. 1650. Einzige Koppel blieb die Schiebekoppel Positif–G.O. Das Konzept der klassischen französischen Orgel war nun in den Grundzügen geschaffen. 1.3 1665–1730: Blütezeit der klassischen Orgel Vier Manuale und Ausbau der Nebenklaviere III und IV Diese prächtigen Instrumente sind eng assoziiert mit den Namen berühmter Orgelbauer wie Robert Clicquot (ca. 1645–1719) und der Orgelbauerdynastie Thierry: Vater Pierre (1604–1665), Sohn Alexandre (ca. 1646–1699) und Enkel François (1677–1749). Im Jahre 1665, dem eigentlichen Geburtsjahr der klassischen Orgel, erschien das (erste) Livre d’Orgue Contenant Cent Pièces de tous les Tons de l’Église (1665) von Guillaume-Gabriel Nivers. Als Meilenstein zeigte diese Sammlung im Wesentlichen die neuen Klangtypen auf und dokumentierte die enge __________________________________________________________________________________________ St. Galler Orgelfreunde OFSG Bulletin OFSG 31, Nr. 1, 2013
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