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Fachartikel<br />

Tributylzinn in Gesamtwasserproben<br />

Entwicklung eines Referenzverfahrens für die EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />

Janine Richter, Ina Fettig, Christian Piechotta, Rosemarie Philipp und Norbert Jakubowski<br />

Organozinnverbindungen sind eine<br />

weitverbreitete Klasse von Umweltschadstoffen,<br />

die zur Belastung<br />

von Oberflächengewässern und der aquatischen<br />

Ökosysteme in den letzten Jahrzehnten<br />

beigetragen haben. Dabei weisen<br />

Organozinnverbindungen eine Vielfalt an<br />

physikalischen und chemischen Eigenschaften<br />

auf, die verschiedenste Einsatzmöglichkeiten<br />

in Industrie und Landwirtschaft<br />

ermöglichen.<br />

Der Eintrag in die Umwelt ist hauptsächlich<br />

anthropogenen Ursprungs. Am populärsten<br />

sind die Nutzung als Zusatz in Antifoulinganstrichen<br />

für Schiffe, Additive in Polymeren,<br />

Holzschutzmittel, Fungizide und<br />

Insektizide. Seit 2003 ist die bedeutendste<br />

Organozinnverbindung Tributylzinn (TBT)<br />

in Antifoulingfarben in der EU zwar verboten<br />

und auch andere Anwendungen sind<br />

beschränkt oder rückläufig, dennoch ist<br />

sie weitverbreitet und in Oberflächengewässern,<br />

Biota, Schlamm und Sedimenten<br />

nachweisbar.<br />

Folgen des Eintrags von TBT<br />

Es ist bekannt, dass Organozinnverbindungen<br />

und insbesondere TBT toxische Wirkung<br />

auf die aquatische Umwelt zeigen. Aufgrund<br />

seines hohen ökologischen Schädigungspotentials<br />

zählt TBT zu den stärksten bekannten<br />

Umweltgiften. Schon im unteren ppt-<br />

Bereich führt TBT zu akuten Vergiftungen<br />

von Algen, Weichtieren wie Muscheln und<br />

Fischlarven. Als Folge einer TBT-Belastung<br />

kommt es unter anderem zu Schalendeformationen,<br />

DNA-Schädigung, Beeinträchtigung<br />

der Geschlechtsbildung und des<br />

Wachstums. Auch das Imposex-Phänomen,<br />

bei dem das Geschlecht gegensätzlich zum<br />

bestehenden verändert wird, ist eine Folge<br />

des Kontakts der Weichtiere mit TBT. Das<br />

Umweltgift greift dabei in das Hormonsystem<br />

von Schnecken und Austern ein. TBT<br />

ist die bisher einzig bekannte androgen<br />

wirkende Substanz, d. h. es kann zu einer<br />

Vermännlichung von weiblichen Schnecken<br />

kommen.<br />

Für den Menschen stellen die Zinnverbindungen<br />

ebenfalls eine Gefahr dar, da sie<br />

durch Akkumulation in den aquatischen<br />

Lebewesen in die Nahrungskette gelangen<br />

können. Auch die Kontamination von<br />

Trinkwasser ist eine mögliche Quelle zur<br />

Aufnahme der Schadstoffe. Akute Vergiftungen<br />

durch Tributylzinn können beim<br />

Menschen zu Atemnot, Herzversagen und<br />

Gehirnblutungen führen. Als Folge einer<br />

chronischen Aufnahme kann das menschliche<br />

Immunsystem geschädigt werden,<br />

dabei werden die Funktionen der Immunzellen<br />

gestört. Triorganozinnverbindungen<br />

verursachen bei Säugern zudem hämatologische<br />

Veränderungen und haben Effekte<br />

auf verschiedene endokrine Organe. Auch<br />

der Verdacht der Kanzerogenität besteht für<br />

Tributylzinn.<br />

Anforderungen an das Referenzverfahren<br />

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)<br />

2000/60/EG ist eine gesetzgebende Richtlinie,<br />

deren angestrebtes Ziel der Schutz der<br />

Binnen- und Küstenwasserqualität innerhalb<br />

der Europäischen Union ist. Um die Wasserqualität<br />

zu überwachen und zu beurteilen,<br />

wurden prioritäre Schadstoffe und zugehörige<br />

Grenzwerte festgelegt. Für diese Umweltschadstoffe<br />

müssen vergleichbare und<br />

rückführbare Messwerte innerhalb Europas<br />

bereitgestellt werden um eine hohe Wasserqualität<br />

nach den Maßgaben der WRRL zu<br />

erreichen. Dies kann aber nur durch Referenzmethoden<br />

ermöglicht werden, die als<br />

Referenzpunkte für die Umsetzung einer<br />

rückführbaren Infrastruktur dienen.<br />

In einem europäischen Forschungsprojekt<br />

des European Metrology Research Programmes<br />

(EMRP) sollen solche analytische<br />

Methoden für die quantitative Bestimmung<br />

ausgewählter prioritärer Stoffe entwickelt<br />

und validiert werden. Diese müssen in der<br />

Lage sein, die geforderten geringen Umweltqualitätsnormen<br />

(UQN) der WRRL in Gesamtwasserproben<br />

von Grund-, Oberflächenund<br />

Küstenwasser bestimmen zu können.<br />

Das gemeinsame Forschungsprojekt ENV08<br />

„Traceable measurements for monitoring critical<br />

pollutants under the European Water<br />

Framework Directive 2000/60/EC” setzt seinen<br />

Fokus dafür auf die drei Analyten bzw.<br />

Analytgruppen: Tributylzinn (TBT), polybromierte<br />

Diphenylether (PBDE) und ausge-<br />

586 ▪▪▪ <strong>GIT</strong> Labor-Fachzeitschrift 9/2013 Element- & Spurenanalytik

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