Mai/Juni 2013 - Haflinger aktuell
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weisen von Zäumungen und Gebissen<br />
genau zu kennen, um die richtige Wahl zu<br />
treffen. Die Schulung der Reiterhand bedingt<br />
zunächst eine so genannte „ruhige<br />
Hand“. Diese wiederum hat einen soliden,<br />
zügelunabhängigen Sitz als Voraussetzung.<br />
Um eine gute Hand zu entwickeln, muss der<br />
Reiter seinen Sitz schulen, denn der Sitz ist<br />
die Basis für den korrekten Einsatz der Hilfen,<br />
die wiederum alle Hilfen – Gewichts-,<br />
Schenkel- und Zügelhilfen – mit einschließt.<br />
Denn nur durch gutes Reiten ist auch eine<br />
feine Verständigung zwischen Reiterhand<br />
und Pferdemaul möglich.<br />
Gebissvariationen<br />
Es macht Sinn, sich einen Überblick über die<br />
unterschiedlichen Zäumungen und Gebisse<br />
zu verschaffen, um das passendste für die jeweilige<br />
Reiter-/Pferd-Kombination auszuwählen.<br />
Das Wissen um Wirkungsweisen, Materialien,<br />
Formen und physikalische Gesetze hilft<br />
bei der Auswahl und Anpassung sowie letztendlich<br />
bei der Handhabung des jeweiligen<br />
Verständigungsinstruments enorm.<br />
In jeder Saison kommen neue Gebissvariationen<br />
auf den Markt, so dass die Fülle<br />
von Zäumungen und Mundstücken schier<br />
unüberschaubar geworden ist. Obwohl gewisse<br />
Einflüsse bei vielen Gebissen ähnlich<br />
sind, können auch kleinste Veränderungen<br />
große Differenzen in der Wirkung erzeugen.<br />
Deshalb sollte jeder Reiter genau darüber<br />
nachdenken, was er seinem Pferd ins Maul<br />
legt und wie er damit umgehen muss.<br />
Man unterteilt die Zäumungen und Gebisse<br />
in drei große Kategorien: Die Trensengebisse,<br />
die Gebisse mit Hebelwirkung und die<br />
gebisslosen Zäumungen. Diese drei Klassifizierungen<br />
unterscheiden sich insbesondere<br />
in der Wirkungsweise. Doch auch innerhalb<br />
einer Gebisskategorie gibt es sehr große Unterschiede<br />
in der Wirkungsweise, insbesondere<br />
aber in der Stärke der jeweiligen Einwirkung<br />
auf den Pferdekopf. Neben der Form<br />
hat auch das Material einen Einfluss darauf,<br />
wie die Verständigung zwischen Reiter und<br />
Pferd klappt. Nicht zuletzt muss der Reiter<br />
die Präzision und die Balance eines Gebisses<br />
für seinen Einsatzzweck berücksichtigen.<br />
Ist das Gebiss oder die Zäumung ausgewählt,<br />
sollte man auf eine korrekte Verschnallung<br />
achten. Nicht nur das Gebiss<br />
selbst, sondern auch das Kopfstück, die<br />
Zügel und Zusatzriemen wie Kinnkette tragen<br />
sowohl zur Passform als auch zur Wirkungsweise<br />
der Zäumung bei. In diesem<br />
Zusammenhang muss man ein besonderes<br />
Augenmerk auf die verschiedenen Reithalfter<br />
richten. Die gebräuchlichsten sind das<br />
englische und hannoveranische Reithalfter.<br />
Die Westernreiter bedienen sich gerne<br />
eines so genannten „Mouth shutters“ und<br />
sonst sind auch noch weitere mehr oder<br />
weniger exotische Reithalfterformen am<br />
Markt erhältlich. Die Reithalfter und die Art<br />
der Verschnallung beeinflussen die Zügeleinwirkung<br />
massiv.<br />
Einfluss von Hilfszügeln<br />
Doch damit nicht genug: Letztendlich muss<br />
man sich noch zusätzlich mit jeglicher<br />
Form von Hilfszügeln auseinandersetzen,<br />
die ebenfalls einen großen Einfluss auf die<br />
Wirkungsweise von Zäumungen und Gebissen<br />
haben. Kein Ausrüstungsgegenstand<br />
wird mehr verkannt als die Hilfszügel, die<br />
wiederum in schier unendlich erscheinenden<br />
Variationen käuflich zu erwerben sind.<br />
Gerne in Gebrauch ist das Martingal. Viele<br />
Reiter argumentieren für den Gebrauch<br />
dieses Hilfszügels, dass sie damit den Kopf<br />
des Pferdes tief halten können. Das jedoch<br />
ist ein Irrtum, denn das Martingal leitet lediglich<br />
die Zügeleinwirkung um, wenn das<br />
Pferd den Kopf hochnimmt. Somit kann sich<br />
das Pferd nicht mehr so einfach der Zügelwirkung<br />
entziehen. Der Reiter behält eine<br />
bessere Kontrolle über sein Pferd, sichert<br />
sich aber auch eine schärfere Einwirkung zu.<br />
Sehr umstritten ist der Einsatz von Schlaufzügeln,<br />
die über die Art einer Flaschenzugwirkung<br />
den Zügelzug verschärfen können.<br />
Die meisten Hilfszügel dienen dazu, die Zügelwirkung<br />
zu verstärken oder das Pferd in<br />
eine Haltung zu bringen, der es sich nicht<br />
so einfach entziehen kann. Beispielsweise<br />
verhindern die so genannten Einfachen Ausbindezügel,<br />
dass sich das Pferd nach vorne<br />
strecken kann. Diese erzwungene Kopf-/<br />
Halshaltung hat schließlich auch eine Auswirkung<br />
auf die Wirkungsweise eines Gebisses.<br />
Hilfszügel, aber auch bestimmte Gebisse<br />
und Zäumungen werden gerne auch zur<br />
Korrektur von verrittenen Pferden eingesetzt.<br />
Um sich den Kontrollerhalt über das<br />
Pferd zu erleichtern, werden nicht selten<br />
Zwangsmittel in Form von scharfen Gebissen<br />
und Hilfszügeln eingesetzt. Über den<br />
Sinn solcher Maßnahmen lässt sich durchaus<br />
diskutieren.<br />
Das wichtigste Kriterium, das eine Zäumung<br />
beeinflusst, ist jedoch nach wie vor<br />
der Reiter. Die Ausbildung desjenigen, der<br />
das Gebiss letztendlich bedient, ist der entscheidende<br />
Faktor, wie die Zäumung wirkt<br />
und ob letztendlich eine sinnvolle Verständigung<br />
zwischen Reiter und Pferd zustande<br />
kommt. Somit muss man sich mit der Ausbildung<br />
des Reiters und insbesondere der<br />
Schulung der Reiterhand intensiv auseinandersetzen,<br />
damit die Wahl des Gebisses<br />
Die Handeinwirkung bestimmt die Schärfe des<br />
Gebisses<br />
<strong>Haflinger</strong> im Bit<br />
Kurzes Hebelarmgebiss mit geraden Anzügen<br />
nicht zur Qual (für das Pferd) wird.<br />
Nach der Berücksichtigung aller Faktoren,<br />
die direkten oder indirekten Einfluss auf<br />
das Gebiss haben, wird man allerdings feststellen,<br />
dass es nicht an der Zäumung liegt,<br />
ob ein Pferd gut oder schlecht zu reiten ist.<br />
Die Zäumung ist nur das Mittel zum Zweck.<br />
Letztendlich kommt ein solide ausgebildetes<br />
Pferd mit jeder Art von Zäumung klar<br />
und kann mit jedem Gebiss gut geritten<br />
werden, sofern das Gebiss korrekt bedient<br />
wird.<br />
Text und Fotos: Renate Ettl<br />
Im 2. Teil dieser Serie, in der<br />
Ausgabe Juli/August <strong>2013</strong>,<br />
lesen Sie alles über die Formen,<br />
Wirkungen und den Einsatz von<br />
Trensengebissen.<br />
05-06/<strong>2013</strong> <strong>Haflinger</strong> <strong>aktuell</strong> 19