Heft 4 / 2008 - Interessengemeinschaft deutschsprachiger Autoren eV
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Lyrik<br />
Hermann Wischnat<br />
Frühling<br />
Wentila De la Marre<br />
Achte Dein Sein!<br />
Der Frühling kommt mit jungem Schritt,<br />
und unser Opa schreitet mit.<br />
Die Lauluft zieht ihn gartenwärts,<br />
die Knospe schwillt und auch sein Herz.<br />
Er gräbt und harkt, beschneidet, düngt,<br />
was ihn von Grund auf so verjüngt,<br />
daß er beherzt – die Sonne kitzelt –<br />
mit Nachbarsfrauen scherzt und witzelt.<br />
Der still verehrten Witwe Knaus<br />
schenkt er den ersten Knospenstrauß,<br />
die, überrascht, zart sanft errötet.<br />
Es sprießt und grünt, die Amsel flötet.<br />
Der Lenz bringt Opa neuen Schwung<br />
und weckt in ihm Erinnerung.<br />
Renate Weidauer<br />
Am Rande der Nacht<br />
Windatem Nacht:<br />
Stunden tropfen<br />
Ins Nirgends.<br />
Fern wohnen Träume,<br />
blind am Tag.<br />
Die Irrgärten schlagen<br />
Die Augen auf,<br />
säen blinzelnd Schlaf,<br />
aber die Saat verdorrt<br />
unter Tränentropfen<br />
im Gewölbe gefalteter Hände,<br />
ohne Gebet.<br />
Keimt Warten in den Ecken,<br />
schlangenverschlungene Wurzeln<br />
fesseln den Fortgang<br />
müde gewordenen Denkens.<br />
Zögernd lauert<br />
Fernes Dunkel.<br />
Sich fallen lassen?<br />
Sich hingeben der Nacht<br />
Achte Dein Sein, denn es blüht,<br />
wenn auch im Verborgenen.<br />
Aber es ist lange schon da,<br />
denn es rief Dich in Deinen Träumen<br />
und sang Dir sein Lied.<br />
Achte Dein Sein, denn es ist<br />
Lange schon Teil von so vielem!<br />
Karin Manke<br />
Gedankenschwer<br />
und federleicht<br />
Mach schwere Gedanken leicht.<br />
Lächle dabei,<br />
wenn du sie denkst und sprichst.<br />
Laß der Leichtigkeit<br />
seine Schwere der Bedeutung.<br />
Schwerelos ist die Feder,<br />
wie der Gedanke.<br />
Laß ihn los,<br />
dann fliegt er schwergewichtig<br />
in die Leichtigkeit.<br />
Maria Sassin<br />
Dein leises Lied<br />
Ganz still ganz leis<br />
wie ein Traum so leis<br />
verwehst du vergehst du<br />
so still ganz leis<br />
mit unhörbaren Schritten<br />
auf Katzensamtpfoten<br />
schleichst du<br />
ganz still ganz leis<br />
aus dem Leben<br />
doch nie<br />
aus meinem Herzen.<br />
Deine Spuren singen<br />
leis ganz leis<br />
unser Lied.<br />
IGdA-aktuell, <strong>Heft</strong> 1 (2009), Seite 5