Aufgeben gibt's nicht. - Ãsterreichische Kinder-Krebs-Hilfe
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zu organisieren. Viele Wochen lang bekam ich unzählige<br />
Spritzen in die Oberschenkel (unter die Haut) verabreicht.<br />
Und langsam stellte sich endlich eine Wirkung<br />
ein. Im Oktober 2000 bekam ich mein bisher letztes<br />
Blutkonzentrat.<br />
Die zirka 300 Blutkonzentrate blieben <strong>nicht</strong> folgenlos.<br />
Ich hatte einen astronomisch hohen Eisenwert, gegen<br />
den ich eine lästige Therapie machen musste. Viele Wochen<br />
lang musste ich mir über Nacht eine Nadel in den<br />
Bauch oder in die Beine (unter die Haut) stechen, wodurch<br />
mittels einer kleinen Pumpe ein Medikament zum<br />
Eisenabbau verabreicht wurde.<br />
Einer der schönsten Tage war für mich der 12.10.1999.<br />
An dem Tag bekam ich endlich den zentralen Venenkatheter<br />
(Hickman ® ) rausoperiert. Ganze 902 Tage lang<br />
hatte ich das Ding und war dadurch beeinträchtigt. Der<br />
Katheter liegt ja <strong>nicht</strong> unter der Haut, sondern kommt<br />
im oberen Brustbereich an die Oberfläche und die beiden<br />
Schläuche baumeln am Oberkörper runter. Somit<br />
konnte ich die ganze Zeit über <strong>nicht</strong> richtig duschen<br />
oder baden und hatte immer Angst, dass ich mal wo<br />
hängen bliebe oder mich verletzte. Nachdem der Katheter<br />
raus war und ich kein Blut mehr brauchte, konnte ich<br />
mich schön langsam wieder auf ein „normales Leben“<br />
einstellen.<br />
Die Krankheit bleibt mein täglicher Begleiter<br />
Anfang 2001 fing ich eine Lehre an und arbeite seither<br />
ganztags als Bankkaufmann, was mir gut gefällt. Obwohl<br />
ich seither ein „normales“ Leben führe und den<br />
<strong>Krebs</strong> besiegt habe, bleibt diese Krankheit doch mein<br />
täglicher Begleiter auf Lebenszeit. Allein schon deswegen,<br />
weil 2005 bei mir eine Folgekrankheit namens<br />
„Myelodysplastisches Syndrom (MDS)“ diagnostiziert<br />
wurde (bei mir angeblich eine leichte Form davon). Bei<br />
der Normalversion kann der Patient innerhalb von fünf<br />
Jahren an Leukämie erkranken, was wohl zum sicheren<br />
Tod führt. Ich nehme das zwar <strong>nicht</strong> für bare Münze und<br />
kümmere mich nur um Aktuelles und <strong>nicht</strong> um Spekulationen,<br />
aber in meinem Hinterkopf spukt dieses Gespenst<br />
doch immer wieder rum.<br />
Auch wenn ich in den Spiegel schaue, schaut ein Stück<br />
<strong>Krebs</strong> zurück. Die kahlen Stellen am Kopf von der Bestrahlung,<br />
die Narben am Bauch, die blauen Flecken<br />
aufgrund meiner immer noch schlechten Blutgerinnung<br />
und mein sehr jugendliches Aussehen. Obwohl ich heute<br />
26 bin, brauche ich noch hin und wieder einen Ausweis<br />
um Ü18 Sachen machen zu dürfen, weil durch die harten<br />
Therapien die Pubertät wohl <strong>nicht</strong> voll zum Tragen gekommen<br />
war. Aber mal abgesehen von den vielen körperlichen<br />
Schäden haben sich noch mehr Dinge im Kopf<br />
festgesetzt. Allerdings ist hier auch Positives dabei.<br />
Wie viel Last vor allem meine Eltern von mir genommen<br />
haben – alleine schon durch die permanente Anwesenheit<br />
(sie haben sich laufend abgewechselt) an meinem<br />
Bett – ist heute noch unglaublich für mich. Mehr als<br />
100.000 km habe ich nur aufgrund meiner Krankheit<br />
zurückgelegt. Jeder meiner Elternteile wahrscheinlich<br />
doppelt so viel. Und immer haben sie sich vor mir stark<br />
und zuversichtlich gegeben, auch wenn es oft ganz anders<br />
in ihnen aussah. Ihnen verdanke ich mehrfach mein<br />
Leben!<br />
Gerne erinnere ich mich auch an die unzähligen Briefe<br />
und Karten von Freunden, Verwandten und Menschen,<br />
mit denen ich vorher kaum etwas zu tun hatte. Bei jedem<br />
einzelnen Brief kamen mir die Tränen vor Rührung,<br />
auch heute noch berührt mich das sehr. Auch meine<br />
Freunde haben mich immer ein Stück weit getragen. Sobald<br />
ich zuhause war, standen sie schon auf der Matte.<br />
Sie haben mir ihre Geschichten und Erlebnisse erzählt.<br />
Ob es um Partys, die Arbeit, Moped fahren oder um<br />
Mädchen ging, alles, was ich eigentlich versäumt habe,<br />
konnte ich so durch sie miterleben. Vieles davon kann<br />
ich erzählen, als wäre ich wirklich dabei gewesen und<br />
manchmal muss ich echt überlegen, ob ich es <strong>nicht</strong><br />
doch war.<br />
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