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Aufgeben gibt's nicht. - Österreichische Kinder-Krebs-Hilfe

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mich und das Atmen fällt mir schwer. Ich falle, <strong>nicht</strong>s<br />

hält mich. Wie zur Bestätigung meiner Gedanken donnert<br />

es, als ob der Himmel auf mich herabbrechen wolle.<br />

Ich werde abstürzen. Ich habe die Herausforderung<br />

angenommen, den Willen aufgebracht, diesen Weg zu<br />

gehen, aber am Ende scheint alles vergebens. Ich kann<br />

<strong>nicht</strong> bestehen, diesen Kampf <strong>nicht</strong> gewinnen. Der Weg<br />

hat ein Ende. Die Angst lässt mich erzittern, aber noch<br />

stehe ich! Ich stehe immer noch auf meinen wunden<br />

Beinen, halte immer noch die Balance und wehre mich<br />

vehement gegen die Schmerzen. Schritt für Schritt gehe<br />

ich weiter. Ich schaffe es fast <strong>nicht</strong> mehr, die Schmerzen<br />

von mir fernzuhalten, bei jedem Atemzug könnte ich<br />

schreien, aber stattdessen rinnen mir die Tränen über<br />

mein Gesicht, kaum unterscheidbar von dem Regen,<br />

der mich vollkommen durchnässt hat und mir nun den<br />

Angstschweiß von der Stirn wäscht. Aber ich spüre diese<br />

Kälte <strong>nicht</strong> mehr, der Schmerz zwingt mich, nur ihn<br />

zu spüren. Ich könnte aufgeben, alles wäre vorbei, ich<br />

wäre befreit von Schmerz und Angst. Ich bin mir dessen<br />

bewusst, aber das würde gegen alle meine Prinzipien<br />

verstoßen. Ich werde wütend. Immer habe ich es akzeptiert,<br />

diesen Weg alleine gehen zu müssen, aber meine<br />

Akzeptanz hat den Weg <strong>nicht</strong> erleichtert, keine Einstellung<br />

wird geschätzt und könnte mir helfen, einen weniger<br />

schweren Weg zu gehen. Es wird <strong>nicht</strong> anerkannt.<br />

Das ist Leben. Aber diese Wut gibt mir Kraft, denn ich<br />

werde diesem System <strong>nicht</strong> zum Opfer fallen. Ich werde<br />

leben. Ich gehe vorwärts.<br />

Plötzlich entdecke ich Boden. Nicht weit vor mir. Durch<br />

den dichten Regen konnte ich <strong>nicht</strong>s sehen. Ich sehe das<br />

Ziel, das Ende meiner Reise. Ich kann entkommen, mein<br />

Leben retten. Es sind die letzten Meter, die ich quälend<br />

langsam hinter mir lassen werde. Alles wird intensiver,<br />

ich komme ganz zurück in mich und spüre den Schmerz<br />

stechend schwer. Erst jetzt, da ich der Anstrengung, den<br />

Schmerz <strong>nicht</strong> zuzulassen, nachgebe, wird mir bewusst,<br />

wie mein Körper gelitten hat. Zum ersten Mal fühle ich<br />

meinen Körper so intensiv. Ich gehe die letzten Schritte.<br />

Ein unvorstellbares Gefühl nimmt mich ein. Ein Gefühl<br />

der Erleichterung, der Ungläubigkeit und Freude. Ich bin<br />

am Ende mit meinen Kräften, aber am Ziel.<br />

Der letzte Schritt. Ich falle zu Boden und bleibe liegen.<br />

In den ersten Sekunden der Entspannung überwältigt<br />

mich der Schmerz. Jede Faser scheint sich zu rächen für<br />

die Schandtaten, die ihr angetan wurden. Noch nie habe<br />

ich mich so intensiv gespürt. Körperlich und geistig.<br />

Körperlich leidend und kaputt, aber seelisch siegend<br />

und stolz liege ich immer noch am Boden. Es wird noch<br />

dauern, bis ich mich erheben kann, um wieder normal<br />

laufen lernen zu können und alles andere neu zu erlernen.<br />

Lernen, mit Menschen umzugehen nach so langer<br />

Zeit der Einsamkeit, versuchen, wieder in einen Alltag<br />

zu finden nach dieser Zeit der Abgeschiedenheit. Lange<br />

wird es noch dauern, aber es spielt keine Rolle.<br />

Ich lebe und werde auf leichteren Wegen mein Leben<br />

fortsetzen.<br />

Katrin Reiner (16 Jahre)<br />

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