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UNESCO-Übereinkommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt

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<strong>UNESCO</strong> heute Nr. 1 2005 | 25<br />

tät beziehen, die sich mit ihrer Hilfe<br />

strukturieren und verstehen lässt.<br />

So ähnlich meinte es Kant in seinem<br />

berühmten Diktum, dass Begriffe<br />

ohne Anschauung leer, letztere<br />

aber ohne Begriffe blind seien.<br />

Zu dieser Erkenntnisfunktion<br />

gehört auch, dass sie dies nicht alleine<br />

und isoliert tun, son<strong>der</strong>n in<br />

Verbindung mit an<strong>der</strong>en Begriffen:<br />

in einer Theorie. Theorien sind<br />

Netzwerke von Begriffen, mit denen<br />

man „Welt“ einfangen will.<br />

Begriffe müssen daher zu den an<strong>der</strong>en<br />

Begriffen <strong>der</strong> Theorie passen.<br />

Dies ist eine dritte Dimension.<br />

Gerade in <strong>der</strong> Politik sind oft mehrere<br />

Politikfel<strong>der</strong> mit demselben<br />

„Gegenstand“ befasst. Es ist daher<br />

wünschenswert, dass man Verbindungen<br />

zwischen den unterschiedlichen<br />

Politikfel<strong>der</strong>n und damit<br />

zwischen den jeweils tragenden<br />

Begrifflichkeiten herstellen kann:<br />

Begriffe und bereichsspezifische<br />

Theorien sollten anschlussfähig<br />

sein. Dies ist eine vierte Dimension,<br />

die zu erfüllen ist. Leisten Begriffe<br />

alle vier Anfor<strong>der</strong>ungen in<br />

beson<strong>der</strong>s guter Weise, kann man<br />

von „Leitformeln“ sprechen.<br />

Was bedeutet diese kleine Theorie<br />

politischer Konzeptionen für das<br />

Konzept <strong>der</strong> „<strong>kulturellen</strong> <strong>Vielfalt</strong>“?<br />

Offensichtlich leistet dieser Begriff<br />

die erstgenannte Funktion, die Akzeptanz<br />

bei einer breiten Mehrheit<br />

<strong>der</strong> Menschen, in vorzüglicher Weise.<br />

Der Begriff ist sogar so eingängig,<br />

dass man sich fast gar nicht<br />

mehr daran erinnert, dass die Kulturpolitik<br />

einmal ohne ihn auskommen<br />

musste.<br />

An dieser Stelle könnte ein Blick<br />

auf die Genese dieses Konzeptes<br />

nützlich sein. Allerdings führt die<br />

Untersuchung <strong>der</strong> Genese eines gegenwärtig<br />

einflussreichen Konzeptes<br />

leicht zu einer „teleologischen“<br />

Sichtweise, die die Vergangenheit<br />

als zielgerichteten Prozess hin zur<br />

Gegenwart beschreibt. Bei „kultureller<br />

<strong>Vielfalt</strong>“ liegt eine solche Gefahr<br />

beson<strong>der</strong>s nah. Dies liegt <strong>zum</strong><br />

einen daran, dass <strong>der</strong> Begriff den<br />

oben skizzierten vierdimensionalen<br />

»Wenn <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> „Kultur“ die Art und<br />

Weise des Menschseins beschreibt, dann<br />

ist dieser Begriff ein Begriff des Unterscheidens,<br />

<strong>der</strong> Differenz und damit <strong>der</strong> <strong>Vielfalt</strong>«<br />

Tauglichkeitstest sehr gut besteht.<br />

Zum an<strong>der</strong>en macht die Hervorhebung<br />

<strong>der</strong> <strong>kulturellen</strong> <strong>Vielfalt</strong> etwas<br />

deutlich, was von Anfang an für<br />

den Kulturbegriff zentral war: Her<strong>der</strong><br />

als sein Begrün<strong>der</strong> brauchte ihn<br />

zur Beschreibung seiner Erkenntnis,<br />

dass <strong>der</strong> Mensch auf sehr viele<br />

unterschiedliche Weisen sein Leben<br />

gestalten kann.<br />

Wenn <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> „Kultur“<br />

die Art und Weise des Menschseins<br />

beschreibt, dann ist dieser Begriff<br />

ein Begriff des Unterscheidens, <strong>der</strong><br />

Differenz und damit <strong>der</strong> <strong>Vielfalt</strong>.<br />

Doch neigt man immer wie<strong>der</strong> dazu,<br />

aus <strong>der</strong> eigenen Kultur etwas<br />

Statisches, Monolithisches und etwas<br />

beson<strong>der</strong>s Gutes zu machen<br />

(„Leitkultur“), obwohl <strong>der</strong> Mensch<br />

auf <strong>Vielfalt</strong> angelegt ist, obwohl er<br />

aufgrund seiner unglaublichen<br />

Selbstgestaltungsfähigkeit in <strong>der</strong><br />

Lage ist, fast überall auf spezifische<br />

Weise „menschlich“ zu leben. Aber<br />

vielleicht hat auch dies seine Gründe:<br />

„Kultur ist nicht nur das, wovon<br />

wir leben“, so Terry Eagleton in seinem<br />

Essay „Was ist Kultur?“. „In<br />

erheblichem Maße ist es auch das,

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