UNESCO-Ãbereinkommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt
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30 | <strong>UNESCO</strong> heute Nr. 1 2005<br />
chistische Sieg <strong>der</strong> Neinsager nur<br />
dem von Globalisierungsgegnern<br />
so genannten Großkapital nützen,<br />
wie <strong>der</strong> politische Philosoph Bernard-Henri<br />
Lévy am Tag nach dem<br />
französischen Nein <strong>zum</strong> europäischen<br />
Verfassungsvertrag meinte.<br />
Doch mehr als diese Paradoxie illustriert<br />
die Debatte, wie fremdbestimmt<br />
unser Handeln längst ist<br />
und wie verspätet wir das offenbar<br />
zur Kenntnis nehmen. Kultur und<br />
Medien sehen sich seit den neunziger<br />
Jahren von einer Liberalisierungsdebatte<br />
überzogen, die aus<br />
dem „Allgemeinen Übereinkommen<br />
über den Handel mit Dienstleistungen“<br />
(GATS) ebenso herrührt<br />
wie aus dem Nachhinken <strong>der</strong><br />
Kultur im erweiterten europäischen<br />
Binnenmarkt und ihrer Rolle in <strong>der</strong><br />
europäischen Verfassung.<br />
»Die Globalisierung von Kultur annulliert<br />
ihren nationalen Rahmen«<br />
Kultur unterliegt unterschiedlichen<br />
gesellschaftlichen Konzepten,<br />
die ihrerseits kulturhistorisch<br />
bedingt sind. Die Globalisierung<br />
von Kultur aber annulliert ihren<br />
nationalen Rahmen. Im Völkerrecht<br />
erleben wir verschiedene<br />
Strategien des sich Aussetzens<br />
o<strong>der</strong> Abgrenzens im Umgang mit<br />
diesem neuen Phänomen. Zu<br />
Grunde liegen diesen Strategien<br />
Konzeptionen, nach denen Mischung<br />
immer Anreicherung von<br />
Kultur impliziert, wie es die romantische<br />
Weltsicht nahe legt,<br />
o<strong>der</strong> auch jene des <strong>kulturellen</strong> Kidnappings,<br />
nach <strong>der</strong> alle Kulturen<br />
Immunsysteme sind und die Begegnung<br />
mit Fremdem eine Verletzungserfahrung<br />
bedeutet, eine mimetische<br />
Infektion.<br />
Im Ergebnis ist <strong>der</strong>zeit kein<br />
Thema strittiger als die Frage, ob<br />
<strong>der</strong> bereits eingeleitete weltweite<br />
Prozess <strong>der</strong> Öffnung von Märkten<br />
für ausländische Güter und Dienstleistungen<br />
kulturverträglich gestaltet<br />
werden kann. Auch wenn<br />
die Frage nicht neu ist: Schon in<br />
seinen „Betrachtungen eines Unpolitischen“<br />
fauchte ein gereizter<br />
Thomas Mann, <strong>der</strong> „römische<br />
Westen“ – Amerika – sei schon<br />
fast überall: „Der Imperialismus<br />
<strong>der</strong> Zivilisation ist die letzte Form<br />
römischer Vereinigungsgedanken“.<br />
Peter Sloterdijk erinnert die<br />
ausgelöste <strong>Vielfalt</strong>sdebatte in Reaktion<br />
auf die Globalisierungserfahrung<br />
an die „postbabylonische<br />
Zerstreuung als Reaktion auf einen<br />
bösartigen Vereinigungsprozess“.<br />
Und Arno Borst plädiert dafür,<br />
dass wir uns endlich über den „babylonischen<br />
Mythos“ erheben.<br />
Aber wie können wir das, wenn<br />
doch die Antworten auf die Frage,<br />
was des Staates, was des Marktes<br />
sei, allein schon in unseren westlichen<br />
Gesellschaften massiv divergieren<br />
und diese Divergenz wie<strong>der</strong>um<br />
<strong>kulturellen</strong> Ursprungs ist,<br />
wie schon Karl Marx es in seinem<br />
Essay „Über die Juden“ in seiner<br />
Unterscheidung von Citoyen und<br />
Bourgeois eindrucksvoll beschrieb?<br />
Für die Verfechter des<br />
Freihandels bleibt die Ökonomie<br />
<strong>der</strong> Modus für die Organisation<br />
menschlicher Bedürfnisse und die<br />
Beschreibung menschlicher Verhaltensweisen.<br />
Die Kultur ist hier<br />
nur ein Anwendungsfall unter an<strong>der</strong>en.<br />
Im Gegenzug vertreten die<br />
Befürworter einer politisch bestimmten<br />
Demokratie – <strong>der</strong>zeit of-