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UNESCO-Übereinkommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt

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<strong>UNESCO</strong> heute Nr. 1 2005 | 57<br />

ren Dienstleistungserbringern<br />

erbracht werden. Die Bereithaltung<br />

kultureller Angebote<br />

durch die öffentliche Hand<br />

einschließlich <strong>der</strong> öffentlichrechtlichen<br />

Körperschaften<br />

wird also grundsätzlich nicht<br />

vom Anwendungsbereich des<br />

GATS ausgenommen. Dies gilt<br />

umso mehr, wenn die Erbringung<br />

kultureller Dienstleistungen<br />

formell o<strong>der</strong> sogar materiell<br />

privatisiert wird.<br />

3. Das GATS-Regelwerk zeichnet<br />

sich durch ein System von Verpflichtungen<br />

mit unterschiedlichen<br />

Graden <strong>der</strong> Verbindlichkeit<br />

und Geltung aus. Es<br />

bestehen allgemeine Verpflichtungen,<br />

von denen es nur wenige<br />

generelle Ausnahmen gibt<br />

(z.B. das Transparenzgebot);<br />

allgemeine Verpflichtungen,<br />

von denen es spezielle Ausnahmen<br />

geben kann (z.B. das<br />

Meistbegünstigungsprinzip),<br />

Verpflichtungen, die nur insoweit<br />

gelten, als ihnen ausdrücklich<br />

zugestimmt wurde (z.B.<br />

Marktzugang und Inlän<strong>der</strong>behandlung),<br />

und Verpflichtungen,<br />

über die gegenwärtig in <strong>der</strong><br />

WTO verhandelt wird (Subventionen,<br />

öffentliche Vergabe und<br />

Disziplinen für innerstaatliche<br />

Regulierung).<br />

4. Aufgrund dieser Komplexität<br />

sind Aussagen über das Verhältnis<br />

spezifischer Politikinstrumente<br />

<strong>zum</strong> GATS oft<br />

hypothetisch und spekulativ.<br />

Dass Hypothesen und Spekulationen<br />

jedoch sehr schnell zu<br />

harter Realität werden, mussten<br />

die USA im November vergangenen<br />

Jahres erfahren, als<br />

ein WTO-panel aufgrund <strong>der</strong><br />

GATS-Verpflichtungen <strong>der</strong><br />

USA das Verbot von Internet-<br />

Glücksspielen in den USA für<br />

rechtswidrig erklärte. Ähnlich<br />

erfuhr Neuseeland – allerdings<br />

ohne eine Streitschlichtungsentscheidung<br />

<strong>der</strong> WTO – Ende<br />

<strong>der</strong> 1990er, dass Quoten für lokale<br />

Inhalte im Rundfunk gegen<br />

Neuseelands GATS-Verpflichtungen<br />

verstoßen würden.<br />

5. Unter den genannten Vorbehalten<br />

sind gleichwohl einige<br />

Aussagen <strong>zum</strong> Verhältnis von<br />

GATS und Instrumenten <strong>der</strong><br />

Kulturpolitik und -för<strong>der</strong>ung<br />

möglich:<br />

a) Die Erbringung kultureller<br />

Leistungen durch die öffentlich<br />

Hand selbst wi<strong>der</strong>spricht<br />

dem GATS nicht. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

enthält das GATS keine<br />

formelle Pflicht zur Privatisierung.<br />

Allerdings können<br />

GATS-Verpflichtungen zu<br />

Kommerzialisierung und Liberalisierung<br />

führen, die eine<br />

materielle Privatisierung nach<br />

sich ziehen. Die Rückführung<br />

eines privatisierten Sektors in<br />

den öffentlichen Sektor kann<br />

allerdings Probleme aufweisen,<br />

wenn sie mit einer Verstaatlichung<br />

einhergeht, da<br />

dies gegen eventuell bestehende<br />

Marktzugangsverpflichtungen<br />

verstoßen würde.<br />

b) Die Finanzierung und finanzielle<br />

Unterstützung kultureller<br />

Dienstleistungen durch öffentlich-rechtliche<br />

Gebühren, öffentliche<br />

Beihilfen und Stipendien<br />

sowie Steuernachlässe verstoßen<br />

ebenfalls nicht gegen<br />

GATS-Verpflichtungen, solange<br />

sie nicht-diskriminierend<br />

sind. Bei <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong><br />

diskriminierenden Wirkung einer<br />

Maßnahme ist im GATS auf<br />

die „Gleichartigkeit“ einer ausländischen<br />

und inländischen<br />

(o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en ausländischen)<br />

Leistung bzw. eines Erbringers<br />

abzustellen. Außerdem sind<br />

auch Maßnahmen verboten, die<br />

obwohl sie formell nicht-diskriminierend<br />

sind, faktisch die<br />

Wettbewerbsbedingungen des<br />

ausländischen Erbringers verschlechtern.<br />

c) Inhaltliche Quoten im Rundfunk-<br />

o<strong>der</strong> Kinobereich, die<br />

speziell für nationale Angebote<br />

reserviert sind, verstoßen<br />

grundsätzlich gegen das Prinzip<br />

<strong>der</strong> Nicht-Diskriminierung. Sie<br />

sind daher, wie alle diskriminierenden<br />

Maßnahmen, nur zulässig,<br />

wenn entsprechende<br />

Ausnahmen bestehen bzw. keine<br />

Verpflichtungen eingegangen<br />

wurden.<br />

d) Beihilfen sind – an<strong>der</strong>s als<br />

Beihilfen im Warenhandel –<br />

noch keinen allgemeinen Disziplinen<br />

unterworfen. Über <strong>der</strong>artige<br />

Disziplinen wird allerdings<br />

<strong>der</strong>zeit verhandelt. Ähnliches<br />

gilt für allgemeine nichtdiskriminierende<br />

innerstaatliche<br />

Regelungen (Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen,<br />

Zulassungsvoraussetzungen<br />

und technische<br />

Standards, wie z. B. die Buchpreisbindung).<br />

Auch hier sollen<br />

Disziplinen geschaffen werden,<br />

die garantieren, dass die Regelungen<br />

nicht mehr belastend<br />

als nötig sind. Die Vergabe<br />

öffentlicher Aufträge unterfällt<br />

<strong>der</strong>zeit nicht den zentralen<br />

GATS-Prinzipien (Nicht-Diskriminierung<br />

und Marktzu-

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