Bergsteiger Lieblingstour - Die besten Bergtipps von Prominenten (Vorschau)
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Das große<br />
REINHOLD MESSNER<br />
-Interview<br />
»Ich bin nicht der<br />
mutige <strong>Bergsteiger</strong>»<br />
Reinhold Messner polarisiert. Für ihn gibt es keine Ankündigungen, ohne sie auch in<br />
die Tat umzusetzen. Der 68-jährige Südtiroler mischt sich ein, wann immer es um die<br />
Zukunft des Alpinismus und um die Gegenwart der Alpenpolitik geht. An Messner<br />
scheiden sich die Geister, denn er pflegt die harte Kritik. Unbarmherzig, manchmal<br />
auch unbelehrbar. Ein Gespräch über Kindheitstrauma, Matriarchat und wahren Luxus.<br />
Von Michael Ruhland<br />
Foto: Stephan Rumpf<br />
BERGSTEIGER: Zum 60. Geburtstag erfüllten<br />
Sie sich einen Traum: die Durchquerung<br />
der Wüste Gobi – allein 2000 Kilometer.<br />
Was kommt zum Siebzigsten?<br />
REINHOLD MESSNER: Ich bin zufrieden<br />
mit der Gobi. Sie war das erste Projekt, das<br />
ich im Kopf hatte, als ich <strong>von</strong> der großen Höhe<br />
umstieg auf die Horizontale. Ich werde<br />
nie mehr irgendetwas Derartiges auf mich<br />
nehmen. Das sagte ich damals schon.<br />
Aber Meinungen können sich ändern.<br />
Auch Ihre.<br />
Es wäre nicht meinem Alter entsprechend,<br />
und dieses ununterbrochene Ankündigen<br />
<strong>von</strong> Grenzgängen älterer Herrschaften ist<br />
meine Sache nicht. Was wir noch alles machen<br />
könnten, zählt nicht. Was wir tun, ist es.<br />
Ärgert Sie das Altern?<br />
Nein, es ärgert mich nicht, es beschäftigt<br />
mich, wenn auch nur am Rande. Ich sehe<br />
viele meiner Freunde, die 85 sind oder Ende<br />
80 und die sukzessive abbauen, jetzt irgendwelchen<br />
Krankheiten anheimfallen oder<br />
nicht mehr in der Lage sind, klar zu denken<br />
und irgendetwas auf die Beine zu stellen.<br />
Keine Lust mehr haben, irgendetwas auf die<br />
Beine zu stellen, sich einzubringen.<br />
Und was heißt das jetzt für Sie?<br />
Ich versuche, die paar Jahre, die ich noch<br />
habe, mit klarem Geist und aller Energie zu<br />
leben. Mich auszudrücken, war und bleibt<br />
meine Aufgabe: mit Touren, Büchern, Museen,<br />
sozialem Engagement.<br />
Ein Satz aus Ihrer Vergangenheit, März<br />
1982: »Ich laufe vor dem täglichen Leben<br />
da<strong>von</strong>.« Gilt das bis heute?<br />
Ich finde den Satz richtig, heute mehr denn<br />
je. Das tägliche Leben belastet mich nicht.<br />
Termine und Bürokratie macht eine Sekretärin,<br />
um die gesamte häusliche Bürokratie,<br />
auch die Nestsituation, kümmert sich<br />
meine Frau. Mit unseren Kindern ist sie so<br />
gut umgegangen, dass auch das Familienleben<br />
harmoniert. Ich bin im Grunde frei für<br />
die kreative Seite des Daseins.<br />
Sind Sie mobil erreichbar?<br />
Ich besitze zwar ein Handy, bin aber mit<br />
niemandem auf der Welt verbunden. Das<br />
heißt, Kontakte werden im Hintergrund<br />
gemacht, ohne dass ich permanent belämmert<br />
werde, <strong>von</strong> Anrufen, <strong>von</strong> E-Mails oder<br />
was auch immer.<br />
Ist diese Freiheit, die Sie sich erarbeitet<br />
haben, die größte Errungenschaft in Ihrem<br />
Leben?<br />
Ich habe sie mir immer schon genommen.<br />
Ich war nie ein Profibergsteiger. Das gab es<br />
zu meiner Zeit nicht. Ich war Freelance.<br />
Wenn ich nach drei Monaten <strong>von</strong> einer Expedition<br />
wiederkam, organisierte ich mit<br />
Partnern Projekte, um Abfallprodukte wie<br />
etwa Bücher oder Vorträge zu verkaufen.<br />
Sonst hätte ich die nächste Expedition nicht<br />
finanzieren können. Praktische Sachen interessierten<br />
mich nicht weiter. Bis ich 40<br />
war, zahlte ich in keine Rentenkasse ein.<br />
Ich hatte nicht damit gerechnet, so alt zu<br />
werden.<br />
Wirklich?<br />
Wieso hätte ich sollen? Wenn doch alle vorausgesagt<br />
hatten, ich würde keine 20.<br />
Und nach dem 40. Geburtstag…<br />
…fing ich langsam an, darüber nach-<br />
01 ⁄13 <strong>Bergsteiger</strong> 45