GNOR Info 16
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Faunistik<br />
AK Fledermausschutz Rheinland-Pfalz (verbandsübergreifend)<br />
Fledermäuse am GEO-Tag der Artenvielfalt<br />
am 15./<strong>16</strong>. Juni 2012<br />
Einleitung<br />
Das Motto der letztjährigen<br />
Hauptveranstaltung des 14. GEO-<br />
Tags der Artenvielfalt, die am 15./<strong>16</strong>.<br />
Juni 2012 im deutsch-französischen<br />
Grenzgebiet des Biosphärenreservats<br />
Pfälzerwald-Nordvogesen stattfand,<br />
lautete "Grenzgänger, Überflieger,<br />
Gipfelstürmer". Die Fledermäuse<br />
waren vor diesem Hintergrund als zu<br />
erfassende Artengruppe prädestiniert,<br />
da sie aufgrund ihrer Flugfähigkeit<br />
sehr mobil sind und sowohl kleinräumig<br />
zwischen Quartieren und Jagdgebieten<br />
als auch in größerem Maßstab<br />
zwischen Sommer- und Winterlebensräumen<br />
Ortswechsel vollziehen.<br />
Dabei erscheinen sie oftmals nur<br />
als "Überflieger", oder sie werden zu<br />
"Grenzgängern", für die unsere Verwaltungsgrenzen<br />
und Hoheitsgebiete<br />
nicht von Bedeutung sind.<br />
Methodisches Vorgehen<br />
Die Erfassung der Fledermäuse<br />
erfolgte mit einer Kombination verschiedener<br />
Methoden. An insgesamt<br />
24 Standorten kamen sogenannte<br />
Horchboxen - "Batcorder" der Firma<br />
EcoObs GmbH - zum Einsatz. Einige<br />
Untersuchungsgebiete wurden mit<br />
dem Detektor begangen, unter<br />
anderem der Lembach-Weiher im<br />
französischen Teil des Untersuchungsgebiets<br />
während einer öffentlichen<br />
Exkursion am Abend des 15.<br />
Juni 2012. Schließlich fanden an<br />
zwei Standorten im deutschen Teil<br />
Fangaktionen mit Hilfe von Japannetzen/Puppenhaarnetzen<br />
statt.<br />
Ergebnisse (mit Bezug zum<br />
Motto der Geo-Tag-Hauptveranstaltung<br />
"Grenzgänger, Überflieger,<br />
Gipfelstürmer")<br />
Mit ca. 14 von 19 in der Region<br />
Pfalz vorkommenden Arten ließen<br />
sich in nur zwei Untersuchungsnächten<br />
überdurchschnittlich viele Fledermausarten<br />
nachweisen. Darunter<br />
waren alleine drei FFH-Anhang-II-<br />
Arten, also sog. "wertgebende" Arten<br />
der FFH-Gebiete.<br />
Erfreulich waren Detektornachweise<br />
der Mopsfledermaus (Barbastella<br />
barbastellus, FFH Anh. II) im<br />
deutschen Teil des Biosphärenreservats.<br />
Dort sind Nachweise dieser Fledermausart<br />
extrem selten (vgl. KÖNIG<br />
& WISSING 2007). In Elsass/Lothringen<br />
scheint die Mopsfledermaus<br />
dagegen regelmäßig vorzukommen,<br />
was u. a. durch Batcorder-Aufnahmen<br />
im Untersuchungsgebiet "Wiesen-<br />
und Waldbereiche bei Wingen<br />
(F)" belegt wird. Am GEO-Tag der<br />
Artenvielfalt wurden im Grenzgebiet<br />
sowohl auf französischer als auch auf<br />
deutscher Seite mit dem Batcorder<br />
mehrere Rufsequenzen vermerkt.<br />
Während die Mopsfledermaus<br />
sowohl Quartiere an Bäumen (z. B.<br />
hinter abstehender Borke) als auch an<br />
Gebäuden (etwa hinter Fensterläden)<br />
bewohnt, ist die Bechsteinfledermaus<br />
(Myotis bechsteinii, FFH Anh. II)<br />
eine klassische "Waldfledermaus", die<br />
in Baumhöhlen Quartier bezieht und<br />
fast ihr gesamtes Leben im Wald verbringt.<br />
Sie ist besonders ortsgebunden<br />
und auf langfristig stabile<br />
Lebensräume in alten Laubwäldern<br />
mit hohem Baumhöhlenangebot<br />
angewiesen. Im Gebiet wurde bei<br />
einem Netzfang in der Nähe des<br />
grenzüberschreitenden Naturwaldreservats<br />
"Adelsberg-Lutzelhardt" auf<br />
deutscher Seite ein laktierendes<br />
Weibchen gefangen. Da die Wochenstubentiere<br />
meist in weniger als 2 km<br />
Entfernung von ihrem Quartier<br />
jagen (vgl. DIETZ, HELVERSEN &<br />
NILL 2007), muss sich eine Wochenstubenkolonie<br />
im näheren Umkreis<br />
befinden.<br />
Als dritte FFH-Anhang-II-Art<br />
wurde das Große Mausohr (Myotis<br />
myotis) nachgewiesen. Diese größte<br />
heimische Fledermausart ist eine<br />
"Dachbodenfledermaus" und hatte in<br />
der Vergangenheit stark unter Quartierverlusten<br />
zu leiden. Im Grenzgebiet<br />
gibt es einige Kolonien, u. a. eine<br />
Wochenstube mit mehreren 100<br />
Weibchen im südwestpfälzischen<br />
Eppenbrunn. Interessant ist, dass die<br />
Tiere nach dem abendlichen Quartierausflug<br />
offenbar in Richtung<br />
Süden (also in Richtung Frankreich)<br />
fliegen, um dort ihre Jagdgebiete aufzusuchen.<br />
Da das Mausohr bevorzugt<br />
über offenem Boden nach Laufkäfern<br />
jagt, könnte der nahe gelegene Truppenübungsplatz<br />
bei Bitche auf französischer<br />
Seite ein geeignetes Jagdgebiet<br />
für die "Grenzgänger" aus Eppenbrunn<br />
sein.<br />
Auf das Vorkommen einer weiteren<br />
FFH-Anhang-II-Art soll hier noch<br />
hingewiesen werden, obwohl sie beim<br />
GEO-Tag der Artenvielfalt nicht<br />
nachgewiesen werden konnte. Es<br />
handelt sich um die Wimperfledermaus<br />
(Myotis emarginatus). Sie ist<br />
überwiegend mediterran verbreitet,<br />
dringt aber nach Norden bis Belgien<br />
und Polen vor. In der Verbreitungskarte<br />
fällt eine "deutsche Delle" auf.<br />
Die Art fehlt in Deutschland weitgehend,<br />
obwohl sie in den Nachbarländern<br />
auch viel weiter nördlich noch<br />
vorkommt. Wochenstuben gibt es<br />
hierzulande nur im badischen Rheintal<br />
und im südbayrischen Rosenheimer<br />
Becken (vgl. DIETZ, HELVERSEN<br />
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<strong>GNOR</strong> <strong>Info</strong> 1<strong>16</strong>