Elan 3-2013 - Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg ...
Elan 3-2013 - Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg ...
Elan 3-2013 - Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Schöpfungsverantwortung<br />
Machet euch die Erde untertan! –<br />
So steht es im ersten Schöpfungsbericht<br />
der Bibel. Man<br />
könnte diesen Satz als Freibrief<br />
für eine hemmungslose Ausbeutung<br />
der Natur verstehen. Aber<br />
der „Herrschaftsauftrag“ Gottes<br />
muss im Zusammenhang gelesen<br />
werden. Gott schuf den Menschen<br />
am sechsten Tag, nachdem<br />
er alle „Tiere des Feldes und alles<br />
Gewürm des Erdbodens“ gemacht<br />
hatte. Gott gab den Tieren „alles<br />
grüne Kraut“ zur Nahrung und dem<br />
Menschen Pflanzen mit Samen und<br />
Bäume mit Früchten. Gott verteilt<br />
die Nahrung so, dass es keine Konkurrenz<br />
gibt zwischen Menschen<br />
und Tieren und auch nicht unter<br />
den Tieren. Ein „Veggie-Day“ war<br />
damals überflüssig.<br />
In diese Schöpfungssituation<br />
ist<br />
der Mensch eingeordnet.<br />
Er ist<br />
nicht die Krone<br />
der Schöpfung, die<br />
beziehungslos über<br />
allen anderen Kreaturen<br />
steht. Erst die<br />
Ansprache Gottes<br />
an ihn als Ebenbild<br />
gibt ihm den besonderen<br />
Auftrag. Er ist<br />
in Verantwortung<br />
vor dem zu erfüllen,<br />
der alles gut<br />
gemacht hat.<br />
Das Ziel des Auftrags<br />
ist die Friedensordnung<br />
Gottes, in der Mensch<br />
und Tier ihre Würde haben und allem<br />
Leben Gerechtigkeit widerfährt. Rücksichtslose<br />
Ausbeutung der Natur ist<br />
damit nicht zu rechtfertigen.<br />
Allerdings gehört es auch zur<br />
Geschichte des Menschen mit Gott,<br />
dass die Schöpfung nicht mehr so gut<br />
ist, wie sie am Anfang beschrieben<br />
wird. Der Mensch hat die ihm von<br />
Gott gegebene Freiheit, sich selbst für<br />
ein Leben mit Gott zu entscheiden,<br />
missbraucht. Er nimmt gegen Gottes<br />
Gebot die Frucht, die „Erkenntnis des<br />
Foto: (c)kd<br />
Guten und Bösen“ bewirkt. Damit aber<br />
ist der Mensch überfordert, wie die<br />
Geschichte ausreichend belegt. Und so<br />
stehen wir auch heute noch vor Widersprüchen,<br />
die nicht einfach in „Gut“<br />
und „Böse“ aufzulösen sind.<br />
Industrielle Landwirtschaft mit Massentierhaltung,<br />
Qualzucht und Zerstörung<br />
von Ökosystemen steht gegen<br />
regionale Landwirtschaft und ökologischer<br />
Landbau. Dieser Widerspruch ist<br />
nicht einfach zu lösen. Auf gar keinen<br />
Fall ist es angemessen, einzelne Landwirte<br />
je nach Art ihres Wirtschaftens<br />
zu Bösen oder Guten zu machen.<br />
Immerhin hat die Technisierung der<br />
Landwirtschaft bis zu einem bestimmten<br />
Punkt auch dazu beigetragen, dass<br />
Nahrung für eine steigende Bevölkerung<br />
erwirtschaftet werden konnte.<br />
Günstige Nahrungsmittel sind für viele<br />
Mensche mit materiell geringen Möglichkeiten<br />
eine wichtige Voraussetzung.<br />
Der Mensch hat sich eine gewisse<br />
Unabhängigkeit von der wechselhaften<br />
Natur geschaffen und damit auch<br />
die Gefahr von Missernten und daraus<br />
folgenden Hungersnöten, die auch<br />
unserer Vergangenheit normal waren,<br />
verringern können.<br />
Auf der anderen Seite haben sich in<br />
dieser Entwicklung wirtschaftliche<br />
Mechanismen zu Zwängen entwickelt,<br />
denen der Einzelne nur schwer entkommen<br />
kann. Der einzelne Landwirt<br />
ist abhängig von politischen Entschei-<br />
Adventszeit<br />
Schöpfung<br />
dungen und wirtschaftlichen Gegebenheiten,<br />
die seinen Handlungsspielraum<br />
auch begrenzen.<br />
Zu Recht wird betont, dass wir als Verbraucher<br />
Verantwortung für die Entwicklung<br />
der Zukunft tragen. Wir sind<br />
außerdem in unserer Demokratie auch<br />
politisch handelnde Personen – und<br />
nicht nur immer „Opfer“ von angeblich<br />
undurchschaubarem Handeln der Politiker.<br />
Hier kommt die Kirche wieder ins Spiel.<br />
Wenn unser Glaube an Gott den Schöpfer<br />
beinhaltet, dass unser Handeln in<br />
dieser Schöpfung durch Gerechtigkeit<br />
geprägt sein soll, dann haben wir diesen<br />
Aspekt auch in die gesellschaftliche<br />
Diskussion einzubringen. Dabei<br />
hat Kirche als immer noch bedeutsame<br />
organisierte Gemeinschaft von Christen<br />
die Chance, die Stimmen Einzelner<br />
zu bündeln und damit mehr Gewicht in<br />
die politische Debatte<br />
zu bringen. Insofern ist<br />
es sinnvoll, dass Kirche<br />
ihre Stimme für einen<br />
nachhaltigen und achtsamen<br />
Umgang mit<br />
der Schöpfung durch<br />
Erzeuger und Verbraucher<br />
erhebt. Allerdings<br />
muss sie auch selbst<br />
entsprechend handeln<br />
und selbstkritisch<br />
reden. Man kann nicht<br />
artgerechte Tierhaltung<br />
fordern und beim<br />
Gemeindefest die Billigwürstchen<br />
auf den<br />
Rost legen. Dabei wird<br />
schnell deutlich, dass<br />
wir auch als Kirche in<br />
die Widersprüche der Welt verstrickt<br />
sind. Denn ökologische Produkte und<br />
energetische Maßnahmen kosten Geld,<br />
das dann an anderer Stelle fehlt. Diakonisches<br />
Handeln und seelsorgliche<br />
Begleitung sind auch wichtig und sollen<br />
nicht zu kurz kommen. Auch Christen<br />
scheitern immer wieder an diesen<br />
Widersprüchen. Glaube an die Rechtfertigung<br />
aus Gnade bewahrt aber<br />
vor Resignation und motiviert, am Ziel<br />
einer gerechten Welt für alle festzuhalten<br />
und dafür tätige Verantwortung zu<br />
übernehmen.<br />
Jan Peter Hoth<br />
17