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Elan 3-2013 - Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg ...

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Tierschutz<br />

Tierschutz: Politik mit dem Einkaufskorb<br />

Das Thema Tierschutz rückt<br />

immer stärker in den Blick<br />

der Öffentlichkeit, obgleich<br />

Deutschland im internationalen<br />

Vergleich mit die höchsten Tierschutzstandards<br />

hat.<br />

Auch innerhalb der evangelischen<br />

Kirche wird das Thema Tierschutz<br />

diskutiert. Dabei tritt die gesellschaftliche<br />

Diskrepanz offen zutage:<br />

während einerseits das Tier eine<br />

Dr. Clemens Dirscherl<br />

EKD-Ratsbeauftragter für Agrarfragen<br />

sehr emotionale Zuwendung erfährt<br />

(„Kuscheltierperspektive“), sucht<br />

man beim Einkauf „sündhaft“ billige<br />

Produkte tierischen Ursprungs:<br />

Milch und Molkereierzeugnisse, Eier,<br />

Fleisch und Wurstwaren.<br />

Das Tier als „Mitgeschöpf“<br />

Mensch und Tier verdanken ihre<br />

Lebensmöglichkeiten Gott, dem<br />

Schöpfer und Erhalter. Das schließt<br />

sie zusammen in Abhängigkeit und<br />

Angewiesensein (Psalm 104, 27-30)<br />

und verwehrt den Menschen, sich<br />

hochmütig über das Tier zu erheben.<br />

Tiere haben unabhängig von<br />

ihrem Nutzwert ihren eigenen Sinn<br />

und Wert. In diesem Kontext ist die<br />

Beauftragung des Menschen zur<br />

Herrschaft über die Tiere und über<br />

die Erde insgesamt (1. Moses 1, 27 f;<br />

Psalm 8, 7-9) zu deuten: eine besondere<br />

Verantwortung gegenüber dem<br />

Tier. Dabei sind bei dessen Nutzung<br />

Grenzen zu setzen, ab derer das Tier<br />

im Hinblick auf seine Anpassungsfähigkeit<br />

an Haltungsbedingungen<br />

Schmerzen und Leiden empfindet<br />

und sein Wohlbefinden erheblich<br />

eingeschränkt wird, was an<br />

physiologischen, pathologischen<br />

und ethologischen Indikatoren zu<br />

messen ist.<br />

Verbraucherverantwortung<br />

Auch das Verbraucherverhalten<br />

steht beim Tierschutz in christlichethischer<br />

Verantwortung. Seit<br />

diesem Jahr kann Tierschutz mit<br />

dem Einkaufskorb betrieben werden.<br />

Unter der Lizenzvergabe des<br />

Deutschen Tierschutzbundes ist<br />

ein „Tierschutzlabel“ entwickelt<br />

worden. Ziel ist es, für Fleisch- und<br />

Wurstwaren zunächst von Schweinen<br />

und Hähnchen mit einem<br />

blauen Logo für mehr Tierschutz<br />

zu werben. Erhöhte Standards<br />

bei Zucht, Haltung, Transport und<br />

Schlachtung sollen einen Mehrwert<br />

an Tierschutz gewährleisten. Zwar<br />

gibt es bereits heute ein Angebot<br />

am Markt aus ökologischer Haltung<br />

oder von Neuland. Das fristet jedoch<br />

mit einem Prozent Marktanteil<br />

ein Nischendasein und ist durch<br />

die höheren Fütterungskosten aus<br />

ökologischem Anbau bis doppelt<br />

so teuer wie marktgängige, konventionelle<br />

Ware. Deshalb startet<br />

das Tierschutzlabel als zweistufiges<br />

System mit „Einstiegsstufe“ und<br />

„Premiumstufe“, um einen möglichst<br />

breiten Marktzugang und damit Verbesserung<br />

für eine möglichst große<br />

Anzahl von Tieren zu erreichen.<br />

Tierschutzlabel<br />

Konkret betreffen die erhöhten<br />

Tierschutzstandards bei Schweinen<br />

das generelle Verbot des Kupierens<br />

von Schwänzen oder die Kastration<br />

männlicher Ferkel ohne Schmerzausschaltung.<br />

Für die Haltung umfassen<br />

die Kriterien ein größeres<br />

Platzangebot sowie Strukturen zur<br />

Beschäftigung und zur Ausübung des<br />

arteigenen Verhaltens. Auch für die<br />

Masthühner gibt es entsprechende<br />

Vorgaben. Mit der Premiumstufe sind<br />

noch anspruchsvollere Tierschutzstandards<br />

verbunden, welche den<br />

Bewegungsradius, die Ausstattung<br />

der Stallungen und den Tierkomfort<br />

betreffen.<br />

Für die Landwirte sind somit innerhalb<br />

der Einstiegs- und erst recht in<br />

der Premiumstufe höhere Anforderungen<br />

verbunden: für Investitionen<br />

in die Stallungen sowie arbeitswirtschaftlich<br />

mit intensiverer Tierbetreuung.<br />

Mit dem Tierschutzlabel<br />

soll der Mehraufwand durch einen<br />

Mehrwert vergütet werden. Damit<br />

steht nun auch der Handel in der Verantwortung,<br />

tiergerechtere Haltungsformen<br />

am Markt zu platzieren und<br />

den Erzeugern zu bezahlen. Und wir<br />

Verbraucher können an der Fleischtheke<br />

Tierschutz konkret praktizieren,<br />

statt nur zu diskutieren. Christliche<br />

Schöpfungsverantwortung heißt<br />

Verbraucherverantwortung. Wenn<br />

Erzeugnisse mit dem Tierschutzlabel<br />

vermehrt nachgefragt werden, zieht<br />

ein ethisch verantwortlicher Umgang<br />

mit den Tieren auch beim Fleischkonsum<br />

in die reale Lebenswirklichkeit<br />

ein.<br />

Dr. Clemens Dirscherl ist Geschäftsführer<br />

des <strong>Evangelisch</strong>en Bauernwerks in Württemberg<br />

und EKD-Ratsbeauftragter für<br />

Agrarfragen. Er vertritt die EKD in der<br />

Deutschen Tierschutzkommission und ist<br />

Mitglied im Beirat zum Tierschutzlabel<br />

des Deutschen Tierschutzbundes.<br />

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