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Wahlkampf-Strategien 2013 – Das Hochamt der Demokratie

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100 Zuvor aber werde ich erst einmal ganz schmerzhaft grundsätzlich. Ich zitiere Niklas<br />

Luhmann: „Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt in <strong>der</strong> wir leben<br />

wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“ Diesen Satz haben sie bestimmt<br />

alle schon gehört und wer ihn nicht gehört hat, sollte das nachlesen. Würde<br />

Luhmann dem Einladungstext zur Veranstaltung zustimmen: ‚die Medien haben<br />

inzwischen die Macht übernommen‘? Ich meine, nein. Aber es gibt ein enges<br />

Zusammenspiel zwischen den Akteuren <strong>der</strong> Medien und den Akteuren <strong>der</strong> Politik.<br />

Medien und Politik formatieren sich wechselseitig. Darauf hat heute auch<br />

Herr Kissler von Cicero in seinem interessanten Vortrag hingewiesen. Er sagt<br />

sinngemäß, ‚Ja, wir, die Medien, filtern Realität. Wir die Journalisten filtern Realität<br />

durch Klischees und verformen sie‘, und darin sieht er ein ungutes Zusammenspiel<br />

zwischen Medien und Politik. Ich würde das nicht so fundamental kritisieren, wie<br />

er es getan hat. Ich würde sagen, die Nutzung von Klischees ist die Art und Weise,<br />

wie man politisch kommuniziert. Dem kann man nicht entkommen. Ich würde aber<br />

die Frage stellen: Wieso kommen bestimmte Themen gar nicht vor? Wieso werden<br />

bestimmte Klischees, die zur Verfügung stehen, im Moment nicht benutzt?<br />

Wieso die vielen persönlichen und privaten Klischees und so wenig Nation,<br />

Klassen- und Kulturkampf?<br />

Medien als Kolporteure von Klischees<br />

Ich glaube, dass die Autonomie <strong>der</strong> Medien viel geringer ist in dieser ganzen Frage<br />

als Herr Kissler (vgl. sein Text in dieser Dokumentation) unterstellt. Denn auch die<br />

Medien erfinden die Klischees nicht, son<strong>der</strong>n sie sind nur ihre Kolporteure. Für mich<br />

war das einschneidenste Ereignis <strong>der</strong> Wahrnehmung von medialer Machtlosigkeit<br />

und von Kolportage, wie die Türme in New York zusammenbrachen; als ich live<br />

sehen konnte, wie das Flugzeug in den Turm flog und die Medien konnten das<br />

nicht filtern, konnten mich nicht vor diesem Eindruck schützen, <strong>der</strong> ein direkter<br />

Angriff auch auf mich war. Im Kern war das eine PR-Aktion, die psychologische<br />

Kriegsführung einer terroristischen Gruppe, also Machtpolitik <strong>–</strong> ein Beispiel, das<br />

die Machtlosigkeit <strong>der</strong> Medien gegenüber <strong>der</strong> politischen Inszenierung zeigt. Es<br />

zeigt, wie Machtkampf aussehen kann, welche Mittel den Kombattanten im Zweifel<br />

zur Verfügung stehen. Diese Dimension des Machtkampfes, den Wunsch herrschen<br />

und zu wollen, muss man sich eingestehen, auch wenn man über die höchst<br />

zivilisierte Form des Machtkampfes in einer mo<strong>der</strong>nen <strong>Demokratie</strong> spricht.<br />

Aber es gibt auch ein neueres Beispiel, wie man in einer <strong>Demokratie</strong> politische<br />

Macht erobern kann, ohne sich den Medien gemein zu machen. In Italien ist es<br />

Cinque Stele gelungen zum Wahlsieger zu werden, und zwar obwohl Berlusconi

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