Wahlkampf-Strategien 2013 – Das Hochamt der Demokratie
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Nach einem berechenbaren „Schlagzeilen-Gewitter“ hat sich <strong>der</strong> Kanzlerinnen-<br />
Herausfor<strong>der</strong>er Peer Steinbrück mit dem Klartext-Anspruch Ecken und Kanten<br />
rasch abgeschliffen. Seine anfangs entschlossene Rhetorik wurde in Folge einer<br />
Kette von Pannen, Skandale und Skandälchen Zug um Zug gezähmt. Solch’<br />
ein Image-Bruch führt zu Irritationen, rückt die Fragen um die Person in den<br />
Vor<strong>der</strong>grund und schwächt die Auseinan<strong>der</strong>setzung um Positionen.<br />
9<br />
3) In diesem <strong>Wahlkampf</strong> werden neue Varianten des „negative campaigning“ sichtbar.<br />
Die in den USA populäre Angriffstechnik des „negative campaigning“ ist bislang<br />
in <strong>der</strong> Bundesrepublik für die Parteien und ihre Kandidaten ein risikoreiches<br />
Kampagnenelement, weil es gegen das Fairness <strong>–</strong> im <strong>–</strong> <strong>Wahlkampf</strong> -<br />
Ritual verstößt, dem sich alle Parteien regelmäßig unterwerfen. <strong>2013</strong> wird<br />
„negative campaigning“ vor allem auf die Medien ausgelagert, von diesen<br />
konsequent durchgeführt und erweist sich als „unsichtbares negative campaigning“<br />
umso wirkungsvoller. Dieses „unsichtbare negative campaigning“<br />
hat den Vorwahlkampf so stark geprägt wie nie zuvor. Selbst schlichteste Aussagen<br />
des SPD-Kanzlerkandidaten <strong>–</strong> vom Pino Grigio für fünf Euro über die<br />
Kennzeichnung Berlusconis als „Clown“, das indirekte Votum für ein verbessertes<br />
Kanzlergehalt o<strong>der</strong> bis zur Aussage zum getrennten Sportunterricht <strong>–</strong><br />
haben von Bild als Leitmedium angestoßene Empörungswellen ausgelöst. Hohe<br />
Vortrags <strong>–</strong> Honorare u.a. von Banken und eine intensive Berichterstattung über<br />
dessen „Neben“-Einkünfte haben die Glaubwürdigkeit Steinbrücks auf dem<br />
strategisch entscheidenden Feld <strong>der</strong> Glaubwürdigkeit in sozialen Fragen<br />
beschädigt, ohne dass die Union dieses „story-telling“ überhaupt befeuern musste.<br />
Im Gegenzug erfreut sich Angela Merkel des wirksamen Schutzschilds eines<br />
ähnlichen medialen Systems des „rapide response“ <strong>–</strong> gleichsam von unsichtbarer<br />
Hand in Stellung gebracht. Je<strong>der</strong> auch nur potentielle Angriff <strong>–</strong> wie etwa<br />
durch das Buch „Die Patin“ o<strong>der</strong> die Geschichte ihrer unaufgeklärten DDR-<br />
Vergangenheit <strong>–</strong> wird von den Medien frühzeitig und stringent entkräftet, relativiert<br />
und eingehegt.<br />
4) Protestwähler und frühere Wahlverweigerer spielen <strong>2013</strong> <strong>–</strong> bei knappen Konstellationen<br />
<strong>der</strong> Lager <strong>–</strong> eine neue Rolle.<br />
Auf Grund des hohen Potentials frustrierter und <strong>der</strong> Politik entfremdeter Bürger,<br />
man zählt dazu etwa ein Drittel <strong>der</strong> Wahlberechtigten, können die Alternative<br />
für Deutschland (AfD) und die Piraten unerwartete Wirkungen entfalten, vor<br />
allem wenn sich europäische Krisen entfalten. Nicht nur diese volatile Lage<br />
kann zu unerwarteten Koalitions-Konstellationen und Kombinationen führen.<br />
Nach <strong>der</strong> Wahl werden unter Umständen alte Festlegungen schneller als das<br />
Eis in <strong>der</strong> Sonne schmelzen.