Verdeckte PR in Wikipedia - Otto Brenner Shop
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WIE MACHEN UNTERNEHMEN UND ANDERE <strong>PR</strong> IN WIKIPEDIA?<br />
Änderungen <strong>in</strong> <strong>Wikipedia</strong>-E<strong>in</strong>trägen vorzunehmen“.<br />
Jedoch habe man ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die<br />
„Handlungen oder Beteiligungen“ von Mitarbeitern<br />
„als Privatpersonen“. Diese sollten<br />
möglichst nicht über das Firmennetzwerk erfolgen,<br />
„woran sich aber nicht jeder hält“, so e<strong>in</strong><br />
RWE-Sprecher.<br />
Der Fall Daimler<br />
Von der IP-Adresse 141.113.100.23 aus, die der<br />
Daimler AG gehört, wurden <strong>in</strong> den Jahren 2005<br />
und 2006 <strong>in</strong>sgesamt 24 Änderungen am <strong>Wikipedia</strong>-Artikel<br />
„Daimler AG“ vorgenommen, die<br />
unter anderem die NS-Vergangenheit des Konzerns<br />
betreffen. 123 E<strong>in</strong>ige Details aus der NS-<br />
Vergangenheit von Daimler wollte jemand, der<br />
e<strong>in</strong>e IP-Adresse des Daimler-Konzerns nutzte,<br />
lieber aus dem Artikel entfernt haben. Derjenige<br />
löschte die Information, dass während des<br />
Krieges <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von Daimler-Benz <strong>in</strong> Ludwigsfelde<br />
errichteten Werk für Flugzeugmotoren<br />
„Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter 124 für<br />
den damaligen nationalsozialistischen Musterbetrieb“<br />
arbeiteten und zum Ende des Krieges<br />
h<strong>in</strong> „<strong>in</strong> der sogenannten ‚Deutschlandhalle’ e<strong>in</strong><br />
Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück“<br />
existierte, <strong>in</strong> dem „1100 weibliche KZ-<br />
Häftl<strong>in</strong>ge“ zur „Zwangsarbeit im Flugzeugmotorenwerk<br />
e<strong>in</strong>gesetzt“ wurden.<br />
E<strong>in</strong>e ähnliche Angabe <strong>in</strong> dem Abschnitt<br />
über e<strong>in</strong> Werk <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Marienfelde wurde<br />
ebenfalls gelöscht. Demnach ließ der Daimler-<br />
Benz-Konzern <strong>in</strong> Marienfelde „für se<strong>in</strong>e kriegswichtige<br />
Produktion mehr als 3700 (Ende 1944)<br />
ZwangsarbeiterInnen für sich arbeiten; zudem<br />
mussten französische, sowjetische und polnische<br />
Kriegsgefangene <strong>in</strong> dem Rüstungsbetrieb<br />
arbeiten“. Ebenso stand dort, dass <strong>in</strong> Marienfelde<br />
„auch e<strong>in</strong>e Außenstelle des KZ Sachsenhausen“<br />
existierte.<br />
Die faktische Richtigkeit all dieser Angaben<br />
bestätigt man bei Daimler. Sie ergeben sich aus<br />
Buchpublikationen, die unter Beteiligung von<br />
Daimler entstanden s<strong>in</strong>d. 125 Das Unternehmen<br />
will die Löschungen nicht veranlasst haben.<br />
Man greife <strong>in</strong> <strong>Wikipedia</strong>-Artikel nur e<strong>in</strong>, wenn<br />
man „explizit auf faktische Fehler h<strong>in</strong>gewiesen“<br />
werde, erklärte Florian Martens von der<br />
Daimler AG. „Wir haben bereits seit Anfang<br />
2007 <strong>in</strong> der Kommunikation e<strong>in</strong>en hauptamtlichen<br />
Social-Media-Manager, der sich schon<br />
sehr frühzeitig u. a. auch mit Fragen rund um<br />
Informationen zu<br />
NS-Zwangsarbeitern<br />
gelöscht<br />
123 „Das geschönte Bild vom Daimler-Konzern“, Spiegel Onl<strong>in</strong>e, 12.03.2012, http://www.spiegel.de/wirtschaft/<br />
wikipedia-das-geschoente-bild-vom-daimler-konzern-a-817802.html. Den Bericht versuchte der <strong>Wikipedia</strong>ner<br />
Achim Raschka (siehe auch Abschnitt 6.2) im Vorfeld se<strong>in</strong>es Ersche<strong>in</strong>ens durch e<strong>in</strong>e Anfrage <strong>in</strong> der Mail<strong>in</strong>gliste<br />
des Vere<strong>in</strong>s Wikimedia (http://lists.wikimedia.org/pipermail/vere<strong>in</strong>de-l/2012-February/006129.html) zu verh<strong>in</strong>dern,<br />
was der Rechtsanwalt Markus Kompa <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Blog aufgriff („Wikimedia e.V.: Achim Raschka macht<br />
den Wulff“, 01.03.2012, http://www.kanzleikompa.de/2012/03/01/wikimedia-e-v-achim-raschka-macht-denwulff;<br />
„Getroffene Wikipedanten bellen!“, 12.03.2012, http://www.kanzleikompa.de/2012/03/12/getroffenewikipedanten-bellen).<br />
Gut drei Stunden nach Ersche<strong>in</strong>en des Artikels auf Spiegel Onl<strong>in</strong>e entbrannte e<strong>in</strong> Edit-<br />
War um den <strong>Wikipedia</strong>-Artikel „Daimler AG“, und dieser wurde durch den Benutzer „Seewolf“ gesperrt.<br />
124 Vgl. auch Abschnitt 6.5 zu BASF.<br />
125 Hans Pohl/Stephanie Habeth/Beate Brün<strong>in</strong>ghaus, „Die Daimler-Benz AG <strong>in</strong> den Jahren 1933 bis 1945“,<br />
<strong>in</strong>: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Beiheft 47, hg. von Hans Pohl und Wilhelm Treue, 2. Aufl. 1987;<br />
Barbara Hopmann/Mark Spoerer/Birgit Weitz/Beate Brün<strong>in</strong>ghaus, „Zwangsarbeit bei Daimler Benz“, <strong>in</strong>:<br />
Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Beiheft 78, hg. von Hans Pohl, 1994.<br />
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