03.06.2014 Aufrufe

journal Psychotherapeuten - Psychotherapeutenkammer NRW

journal Psychotherapeuten - Psychotherapeutenkammer NRW

journal Psychotherapeuten - Psychotherapeutenkammer NRW

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

S. Aßmann, A. Borkenhagen, A. von Arnim<br />

(Daszkowski, 2003). Cash (2004) spricht<br />

bezüglich des subklinischen Bereichs von<br />

„Negative Body Image“, welcher häufig<br />

mit Körperunzufriedenheit (body image<br />

dissatisfaction) hinsichtlich bestimmter<br />

physischer Merkmale gleichgesetzt wird.<br />

Der „Situational Inventory of Body-Image<br />

Dysphoria“ (SIBID; Cash, 1994) erfasst negatives<br />

Körpererleben in diversen Alltagssituationen,<br />

wie Körperpflege, Intimität oder<br />

Nahrungsaufnahme. Die Einschränkung<br />

des Körpererlebens bei nichtklinischen Populationen<br />

wird häufig als gesellschaftlichkulturell<br />

vermitteltes Phänomen verstanden.<br />

Insbesondere in den Industriestaaten<br />

ist der Alltag von streng normierten Körperleitbildern<br />

geprägt, welche die normale<br />

biologische Variabilität des menschlichen<br />

Körpers nicht berücksichtigen. Die durch<br />

die Medien vermittelten Körperideale<br />

überformen somit die biologischen Aspekte,<br />

was durch den beständigen Vergleich<br />

mit den nicht erreichbaren Idealen zu einer<br />

Destabilisierung des Selbstwertes führen<br />

kann (Daszkowski, 2003).<br />

Trotz methodischer Mängel und teils inkonsistenter<br />

Befunde in den diesbezüglichen<br />

Untersuchungen zeichnet sich bei<br />

Frauen und Männern in den letzten Dekaden<br />

eine wachsende Körperunzufriedenheit<br />

ab, wobei diese bei den Frauen stärker<br />

ausgeprägt ist. Als problematisch wird von<br />

den Frauen überwiegend ihr als zu hoch<br />

eingeschätztes Gewicht empfunden, Männer<br />

bemängeln an sich hingegen unzureichende<br />

Muskularität (Übersicht in: Cash,<br />

2004; Daszkowski, 2003; Kreikebaum,<br />

1999). Nach der Feministin McKinley<br />

(2004) schaffen die Medienkörperideale<br />

in westlichen Gesellschaften den Kontext<br />

für spezifische Körpererfahrungen, in denen<br />

Frauen als Objekte betrachtet werden,<br />

deren Wert sich nach der Anpassungsleistung<br />

an den aktuellen kulturellen Standart<br />

bemisst. McKinley und Hyde (1996) entwickelten<br />

die Objectified Body Consciousness<br />

Scale (OBCS) mit den drei Subskalen<br />

„Körperüberwachung“, „Körperscham“<br />

und „Kontrollüberzeugungen“. Pöhlmann<br />

und Joraschky (2006) beschäftigen sich<br />

mit dem aktuellen Phänomen der zunehmenden<br />

Gestaltbarkeit des Körpers und<br />

der aktiven Nutzung des Körpers als Identitätskomponente.<br />

Die Interaktionen von<br />

entsprechenden Phänomenen wie Tatoos,<br />

Piercings, Enthaarungspraktiken oder Intimchirurgie<br />

mit dem Körperbild finden ein<br />

zunehmendes Forschungsinteresse (Stirn,<br />

2004; Borkenhagen et al., 2008; Borkenhagen<br />

et al., 2009).<br />

4.2 Klinische Störungen des<br />

Körperbildes<br />

Diverse Autoren versuchten sich an einer<br />

Klassifizierung von Störungen des Körpererlebens<br />

im klinischen Bereich (Shontz,<br />

1969; Lacey & Birtchell, 1986; Thompson,<br />

1990). An dieser Stelle sollen nur die für<br />

den klinischen Alltag wesentlichen Störungen<br />

des Körpererlebens kurz aufgezählt<br />

werden. Der Bekanntheitsgrad der<br />

jeweiligen Störungen unterliegt dabei dem<br />

Zeitgeist. So gab es die frühesten Beschäftigungen<br />

mit dem Körper in der Psychotherapie<br />

im Rahmen von Konversionsphänomenen<br />

bei hysterischen Erkrankungen,<br />

welche Mechthilde Kütemeyer (2008) aus<br />

heutiger Sicht als (traumatisch bedingte)<br />

dissoziative Störungen bezeichnet. Zu den<br />

psychischen Störungen, bei denen das<br />

Körpererleben wesentlich beeinträchtigt<br />

ist, gehören in klassischer Weise die Essstörungen,<br />

die somatoformen einschließlich<br />

der hypochondrischen, körperdysmorphen<br />

Störungen und die Schmerzstörungen,<br />

Störungen der Sexualität sowie die Organkrankheiten<br />

mit psychosomatischer Komponente.<br />

Am systematischsten wurden in<br />

den letzten Dekaden die Essstörungen erforscht<br />

(Übersicht in Cash & Deagle, 1997;<br />

Kreikebaum, 1999; Daszkowski, 2003). In<br />

den letzten Jahren begann ein vermehrtes<br />

Interesse an der Rolle des Körpers<br />

bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen<br />

(Bohus & Wolf, 2009, körperbezogene<br />

Elemente in der DBT), Traumafolgestörungen<br />

(Nyenhuis et al., 1998; Schäfer<br />

& v. Arnim, 2009), sowie schizophrenen<br />

Erkrankungen (Röhricht, 2009; Pruzinsky,<br />

2004) und psychosomatischen Erkrankungen<br />

(Henningsen, 2003). Ein weiterer<br />

neuer Forschungsschwerpunkt liegt in der<br />

Untersuchung der psychosozialen Körperkomponenten<br />

bei schweren körperlichen<br />

Erkrankungen wie AIDS (Chapman, 2004)<br />

und onkologischen Krankheiten (White,<br />

2004) oder nach chirurgischen Eingriffen<br />

(Borkenhagen et al., 2007). Derzeit läuft<br />

unter der Leitung von Ada Borkenhagen<br />

ein multizentrisches Forschungsprojekt<br />

zum subjektiven Körperbild nach physi-<br />

Neue Bücher<br />

für Psycho -<br />

therapeuten<br />

2010. 285 S., Kt<br />

26.95 /<br />

CHF 39.90<br />

ISBN 978-3-<br />

456-84840-2<br />

John C. Norcross / James D. Guy, Jr.<br />

Lassen Sie es in Ihrer<br />

Praxis<br />

Wie <strong>Psychotherapeuten</strong> für sich<br />

selbst sorgen können<br />

Lebendig und packend geschrieben,<br />

ist dieses Buch eine wertvolle Quelle<br />

zur Selbstfürsorge für Fachleute und<br />

Studierende.<br />

2010. Buch<br />

inkl. Fragebogen<br />

174 S., Kt<br />

19.95 /<br />

CHF 29.90<br />

ISBN 978-3-<br />

456-84841-9<br />

Josef Schöpf<br />

Psychische Störungen<br />

erkennen<br />

Mit Fragebogen zum Selbsttest<br />

Wie erkenne ich eine psychische<br />

Störung? Was kann ich dagegen tun?<br />

Das vorliegende Buch mit Frage -<br />

bogen kann ein wichtiger Einstieg in<br />

ein neues Leben sein.<br />

Erhältlich im Buchhandel oder über<br />

www.verlag-hanshuber.com<br />

<strong>Psychotherapeuten</strong><strong>journal</strong> 3/2010<br />

265

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!