Wirtschaftswoche Ausgabe vom 18.08.2014 (Vorschau)
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Management&Erfolg<br />
Deutschland sucht den<br />
Supergründer<br />
SERIE GRÜNDER (VI) | Treffpunkte In einer neuen TV-Show buhlen Gründer um die<br />
Gunst der Investoren. Geld oder gute Ratschläge gibt es aber auch bei anderen Start-up-<br />
Veranstaltungen – etwa am Pokertisch, beim Volksfest oder gar im Stundenhotel.<br />
Schon während Susan Schmelzer<br />
ihre bunten Schuhe sorgsam in<br />
dem Kölner TV-Studio drapiert,<br />
beginnt das Getuschel. Wie Flip-<br />
Flops sehen sie aus, haben aber<br />
lange Noppen an der Sohle. „Sollen das etwa<br />
Golfschuhe sein?“, fragt einer der fünf<br />
Juroren. „Nein, darin hat man doch gar keinen<br />
Halt“, antwortet ein anderer.<br />
Doch es sind tatsächlich Golfschuhe, die<br />
die Unternehmerin unter dem Namen<br />
„G-Flop“ vertreibt. Profispieler wie Florian<br />
Fritsch haben sie schon getestet. Auf der<br />
Sportmesse ISPO war Schmelzer als Finalistin<br />
für den Newcomer-Preis nominiert.<br />
Nun sitzt sie vor fünf prominenten Investoren,<br />
von denen sie gern 50 000 Euro für<br />
den Ausbau ihres Geschäfts hätte. Doch<br />
zumindest beim deutsch-türkischen Touristikunternehmer<br />
Vural Öger blitzt<br />
Schmelzer ab. Fast persönlich beleidigt ist<br />
der Öger-Tours-Gründer angesichts der<br />
Vorstellung, jemand könnte in solchen Latschen<br />
einen Ball schlagen. „Kein Golfer<br />
würde so etwas kaufen“, schimpft er, „mein<br />
Fuß würde ja darin hin- und herwackeln.“<br />
Willkommen in der „Höhle der Löwen“,<br />
einer neuen TV-Sendung auf Vox, in der ab<br />
19. August Gründer um das Geld von Investoren<br />
buhlen. Fast 100 Jungunternehmer<br />
präsentieren ihre Geschäftsideen vor<br />
der Jury, zu der neben Öger auch Erlebnisgutschein-Guru<br />
Jochen Schweizer, die Vorsitzende<br />
des Jungunternehmerverbandes<br />
Lencke Wischhusen, Investor Frank Thelen<br />
sowie Judith Williams, Moderatorin<br />
beim Shoppingkanal HSE24 und Kosmetikunternehmerin,<br />
gehören. Etwa zwei Millionen<br />
Euro werden die fünf im Laufe der<br />
Sendung aus ihren Vermögen investieren.<br />
In Großbritannien und den USA läuft die<br />
Sendung seit mehr als zehn Jahren unter<br />
den Namen „Dragons Den“ (Drachenhöhle)<br />
beziehungsweise „Shark Tank“ (Haifischbecken).<br />
Die Gründershow wurde schon in<br />
mehr als 20 Ländern adaptiert – darunter<br />
Nigeria und Afghanistan. Doch obwohl Vox<br />
bereits seit Jahren die Rechte hält, war der<br />
Sender offenbar skeptisch, ob im Erfinderland<br />
Deutschland eine solche Unternehmershow<br />
funktionieren kann.<br />
Diese Zurückhaltung ist typisch für die<br />
Bundesrepublik. Die Zahl der Gründungen<br />
ist seit Jahren rückläufig. 2003 waren es laut<br />
KfW noch fast 1,5 Millionen, zehn Jahre<br />
WIWO START-UP-TOUR<br />
Auf nach Berlin<br />
Von Gründern kann man viel lernen:<br />
wie sie neue Geschäftsideen entwickeln<br />
und erfolgreich umsetzen, wie sie<br />
Partner finden und eine moderne Unternehmenskultur<br />
aufbauen. Diese<br />
Themen standen bei der ersten Startup-Tour<br />
der WirtschaftsWoche im<br />
Mittelpunkt. Bei Besuchen von Unternehmen<br />
wie 6wunderkinder, Zalando<br />
oder dem Inkubator Rocket Internet und<br />
einem Netzwerkabend kamen Leser mit<br />
Gründern und der WirtschaftsWoche-<br />
Chefredaktion ins Gespräch. Nach<br />
dem gelungenen Auftakt findet die<br />
Start-up-Tour am 9./10. Oktober erneut<br />
statt. Alle Informationen zum Programm<br />
und zur Anmeldung finden Sie unter<br />
wiwo.de/startup<br />
später nur noch 870 000. Auch im europäischen<br />
Vergleich besteht Nachholbedarf,<br />
wie der Global Entrepreneurship Monitor<br />
zeigt: Während hierzulande im Vorjahr 3,1<br />
Prozent der Erwachsenen ein Unternehmen<br />
gründeten, waren es beispielsweise in<br />
Irland 5,5 Prozent, in Schweden 5,9 Prozent<br />
und in Estland sogar 8,8 Prozent.<br />
MEHR LUST AM GRÜNDEN<br />
Ein zentraler Grund ist die nicht immer<br />
wirtschaftsfreundliche Stimmung im Land.<br />
„Wenn Unternehmer in Deutschland<br />
scheitern, ernten sie Spott und Häme.<br />
Wer Erfolg hat und Millionen verdient,<br />
steht unter Ausbeuterverdacht“, sagt TV-<br />
Juror Schweizer. „Wir müssen lernen,<br />
dass Scheitern Teil des Erfolgs ist, und<br />
sollten denen, die es schaffen, nicht mit<br />
Neid begegnen.“<br />
Die Show soll dazu einen kleinen Beitrag<br />
leisten: „Wir glauben, dass jetzt der richtige<br />
Zeitpunkt gekommen ist, das international<br />
erfolgreiche Format auch in Deutschland<br />
auf den Bildschirm zu bringen“, sagt Vox-<br />
Chefredakteur Kai Sturm. Immer mehr<br />
Menschen hätten Lust, mit ihrem eigenen<br />
Geschäft durchzustarten, und es gebe<br />
mehr Respekt vor Unternehmertum.<br />
Wie groß die Erwartungen sind, zeigt die<br />
Platzierung zur Hauptsendezeit um 20.15<br />
Uhr. „Vielleicht werden einige Zuschauer<br />
durch ,Die Höhle der Löwen‘ überrascht<br />
sein, wie aufregend die trocken wirkende<br />
Wirtschaftswelt sein kann“, hofft Sturm.<br />
Tatsächlich ist der mögliche Lerneffekt<br />
groß – für die Zuschauer und die Start-ups.<br />
Denn es geht bei der „Höhle der Löwen“<br />
nicht darum, statt Möchtegern-Sängern<br />
nun überambitionierte Nachwuchsunter-<br />
FOTOS: VOX/BORIS BREUER<br />
66 Nr. 34 18.8.2014 WirtschaftsWoche<br />
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