Wirtschaftswoche Ausgabe vom 18.08.2014 (Vorschau)
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Geld&Börse | Geldwoche<br />
CHARTSIGNAL<br />
Fremdbestimmt<br />
Die Anleihemärkte der Euro-Peripherie hängen<br />
maßgeblich ab von der Entwicklung des Euro in Yen.<br />
ANLEIHE KfW<br />
Reale<br />
Chance<br />
Im ersten Halbjahr 2014 wurden<br />
in Europa erstmals mehr<br />
hochverzinsliche Anleihen an<br />
den Markt gebracht als in den<br />
USA. Rund 80 Prozent der<br />
Emissionen kamen aus Griechenland,<br />
Irland, Italien, Portugal<br />
und Spanien. Das wäre<br />
ohne sogenannte Yen-Carry-<br />
Trades nicht möglich gewesen:<br />
Angetrieben durch rekordtiefe<br />
Zinsen in Japan und<br />
die gezielte Abwertung des<br />
Yen haben spekulative Investoren<br />
zinsgünstige Kredite in<br />
Yen aufgenommen und die<br />
Mittel in hochverzinsliche<br />
Staatsanleihen der Euro-Peripherie<br />
angelegt. Dort trugen<br />
sie maßgeblich zu dem aberwitzigen<br />
Renditerückgang<br />
bei. Neben Zins- und Kursgewinnen<br />
lockten zusätzlich<br />
Währungsgewinne. Gegenüber<br />
dem Yen wertete der<br />
Euro seit Sommer 2012 von 96<br />
Yen in der Spitze bis auf 145<br />
Yen Ende 2013 auf. Das Währungsrisiko<br />
für die Spekulanten<br />
war in dieser Phase überschaubar.<br />
Im Kursverlauf des<br />
Euro in Yen bildeten sich 2013<br />
nacheinander eine Flagge, ein<br />
Dreieck und ein ansteigendes<br />
Dreieck aus – allesamt charttechnische<br />
Konsolidierungsformationen,<br />
die nicht eine drohende<br />
Trendumkehr anzeigten,<br />
sondern die baldige Fortsetzung<br />
des bestehenden Trends.<br />
Die Wahrscheinlichkeit einer<br />
Trendumkehr und damit einer<br />
Rückabwicklung der Carry-Trades<br />
ist erst im Mai 2014 gestiegen,<br />
mit dem Fall unter die Aufwärtstrendlinie<br />
T1. Nach der<br />
Ausbildung einer umgekehrten<br />
Untertasse, die eine Verschiebung<br />
der Marktkräfte von der<br />
Nachfrage- hin zur Angebotsseite<br />
anzeigt, droht der Euro<br />
nun unter die Unterstützung<br />
bei 136,26 Yen zu rutschen. An<br />
dieser Marke endete im Februar<br />
die letzte größere Yen-Aufwertung<br />
(1). Wird die Unterstützung<br />
gerissen, dann dürfte der<br />
Trend drehen. Staatsanleihen<br />
der Euro-Peripherie drohte<br />
dann eine Abgabewelle über<br />
die Rückabwicklung von Carry-<br />
Trades. Vorübergehend Entwarnung<br />
gäbe dagegen ein Anstieg<br />
des Euro auf über 140 Yen.<br />
Euro runter, Renditen hoch<br />
Wertet der Euro in Yen weiter ab, droht Staatsanleihen<br />
der Euro-Peripherie eine Abgabewelle<br />
150<br />
145<br />
140<br />
135<br />
130<br />
125<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
2012<br />
Flagge<br />
Quelle: Thomson Reuters<br />
2013<br />
Dreieck<br />
ansteigendes<br />
Dreieck<br />
T1<br />
1<br />
Euro in Yen<br />
2014<br />
umgekehrte Untertasse<br />
Unterstützung<br />
50-Tage-Linie<br />
200-Tage-Linie<br />
Wer das Risiko scheut, kann<br />
mit Anleihen heute kaum<br />
noch etwas verdienen. In diesem<br />
Umfeld lockt ausgerechnet<br />
die bundeseigene Förderbank<br />
KfW mit der Aussicht auf<br />
eine zweistellige Rendite. Die<br />
KfW genießt – wie die Bundesrepublik<br />
Deutschland – die<br />
Top-Note AAA. Gesichert ist<br />
dadurch aber nur, dass Zinsen<br />
pünktlich gezahlt werden und<br />
die Anleihe am Ende der Laufzeit<br />
im März 2016 auch zu<br />
100 Prozent getilgt wird. Der<br />
Haken: Zinszahlungen und<br />
Rückzahlung erfolgen zwar in<br />
Euro, sind aber gekoppelt an<br />
den zum jeweiligen Zahlungstermin<br />
gültigen Kurs der brasilianischen<br />
Landeswährung<br />
Real in Euro. „Gott ist Brasilianer“,<br />
heißt ein brasilianisches<br />
Sprichwort – ein Garant für einen<br />
stabilen Real ist das aber<br />
noch nicht. Im Moment kostet<br />
ein Euro 3,05 Reais. Wertet der<br />
Real gegenüber dem Euro ab,<br />
schrumpft entsprechend die<br />
Rendite für Besitzer der Anleihe.<br />
Die Rendite geht grob gerechnet<br />
gegen null, wenn ein<br />
Euro am Ende der Laufzeit<br />
etwa 3,60 Reais kostet. Fällt<br />
der Kurs des Real noch weiter,<br />
bedeutet das für Anleiheinvestoren<br />
Verluste. Es gibt<br />
also einen Sicherheitspuffer<br />
von rund 16 Prozent, bevor<br />
es real ins Minus geht. Das<br />
müssen Anleger wissen.<br />
Rund läuft es derzeit nicht<br />
in der größten Volkswirtschaft<br />
Lateinamerikas. Das Wachstum<br />
ist nahezu zum Erliegen<br />
gekommen, während die<br />
Preise mit einer Jahresrate<br />
von 6,5 Prozent steigen. In der<br />
Bevölkerung brodelt es wegen<br />
der Korruption im Staatsapparat<br />
und der immer noch extremen<br />
sozialen Ungleichheit<br />
im Land. In ein kollektives<br />
Kassiert in Euro, nicht in Real<br />
Brasilien-Fußballer David Luiz<br />
Trauma stürzte das Land zudem<br />
die epochale 1:7-Pleite der<br />
Seleção gegen die deutsche Elf<br />
im Halbfinale der Fußball-WM<br />
im eigenen Land. In der vergangenen<br />
Woche kam der Präsidentschaftskandidat<br />
Eduardo<br />
Campos bei einem Flugzeugabsturz<br />
ums Leben.<br />
Anfällig ist der Real vor allem<br />
wegen des hohen brasilianischen<br />
Leistungsbilanzdefizits.<br />
Seit sechs Jahren ist der Saldo<br />
negativ. 2013 lag das Minus bei<br />
etwa 81 Milliarden Dollar oder<br />
3,6 Prozent der Wirtschaftsleistung.<br />
Brasilien ist angewiesen<br />
auf ausländische Kapitalimporte,<br />
um das Defizit zu finanzieren.<br />
Versiegt dieser Strom oder<br />
dreht sich dieser gar um, drückt<br />
das rasch den Außenwert der<br />
Währung nach unten.<br />
Einer unkontrollierten Abwertung<br />
des Real entgegensteuern<br />
kann die brasilianische Notenbank<br />
allerdings noch durch<br />
den Einsatz der brasilianischen<br />
Währungsreserven. Diese liegen<br />
mit 380 Milliarden Dollar<br />
im komfortablen Bereich. Zudem<br />
wird die Zentralbank mit<br />
weiteren Zinserhöhungen auf<br />
den Inflationsdruck reagieren.<br />
Kurs (%) 94,22<br />
Kupon (%) 6,00<br />
Rendite (%) 10,10<br />
Laufzeit bis 15. März 2016<br />
Währung Brasilianischer Real<br />
ISIN<br />
XS0875150871<br />
FOTO: REUTERS/EDDIE KEOGH<br />
88 Nr. 34 18.8.2014 WirtschaftsWoche<br />
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