pdf-Drucker, Job 74 - Universität Bamberg
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Möglichkeit, daß menschliches Leben überhaupt gelingen kann. 116 Die Inhalte der biblischen<br />
und kirchlichen Tradition werden dabei nicht als vorgefertigte normative Ethik, sondern<br />
als eine reiche Quelle zur selbständigen ethischen Orientierung hinsichtlich aktueller<br />
Fragen aufgegriffen. 117 Eine theologische Ethik kann hier, wie Josef Römelt betont, die<br />
Hoffnung anbieten, daß „der Weg unvertretbarer menschlicher moralischer Verantwortung<br />
[…] möglich ist“. 118 Dies gilt nicht nur angesichts von Erfahrungen des Scheiterns und der<br />
Schuld, sondern auch vor dem Hintergrund einer für Einzelne unübersehbaren Komplexität<br />
und weltweiten Verflechtung der ethischen Problem- und Themenfelder wie z.B. Umgang<br />
mit Energien, Gentechnologie, Armut, Kinderarbeit, Organtransplantation, Arbeitslosigkeit<br />
oder Migration. „Das Versprechen des Gottes Jesu Christi […] ist das Versprechen, daß<br />
menschliche Geschichte […] tatsächlich gelingen kann und eine sinnvolle Gestalt gewinnt.“<br />
119<br />
Christliche EthikerInnen kommen also nicht zwangsläufig zu anderen moralischen<br />
Normen und Urteilen als nichtchristliche, es unterscheiden sich jedoch der jeweilige Hintergrund,<br />
vor dem ethische Entscheidungen getroffen werden, sowie die Art und Weise der<br />
Erklärung. 120 Das Christliche findet sich nicht in grundsätzlich anderen Inhalten, sondern in<br />
der je eigenen Verortung der EthikerInnen und dem Antrieb, „im Sinn des evangelischen<br />
Aufrufs […], ‚Salz der Erde‘ und ‚Sauerteig der Welt‘ zu sein.“ 121<br />
In der etablierten philosophischen und theologischen Ethik werden Ziele und Werte<br />
überwiegend von Weißen Männern mit dem Anspruch formuliert, daß sie für Menschen<br />
gelten – was zunächst niemanden ausschließt. Tatsächlich bleibt diese Ethik aber häufig<br />
hinter ihrem eigenen Anspruch zurück. Der Mensch, auf den sich die etablierte Ethik immer<br />
noch unausgesprochen bezieht, ist der ‚Weiße, erwachsene, junge, heterosexuelle, nichtbehinderte<br />
und mittelständische Mann‘. Dies wurde von feministischen Ethikerinnen vor allem<br />
im Hinblick auf den Ausschluß von Frauen untersucht. 122 Erfahrungen von Mädchen<br />
und Frauen – wie z.B. sexuelle Gewalt, die strukturelle Ungerechtigkeit der Hausfrauenarbeit,<br />
die Doppelbelastung durch Familienarbeit und Erwerbstätigkeit oder die Situation<br />
116<br />
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122<br />
Siehe Hunold, Gerfried W.; Laubach, Thomas; Greis, Andreas: Annäherungen. Zum Selbstverständnis<br />
Theologischer Ethik, in: dies. (Hrsg.): Theologische Ethik. Ein Werkbuch, Tübingen; Basel<br />
2000, 1-9, hier 2; Korff, Wilhelm: Wie kann der Mensch glücken.<br />
Siehe Eid, Volker: Glaubensinterpretation. Der notwendige Diskurs über die ‚richtige‘ Deutung<br />
christlichen Glaubens und der Bibel. Für Ernst Ludwig Grasmück zum 18. Januar 1998, in: Georg<br />
Kraus; Hanspeter Schmitt (Hrsg.): Wider das Verdrängen und Verschweigen. Für eine offene Streitkultur<br />
in Theologie und Kirche (<strong>Bamberg</strong>er Theologische Studien; Bd. 7), Frankfurt am Main; Berlin;<br />
Bern u.a. 1998, 63-77; Hoffmann, Paul; Eid, Volker: Jesus von Nazareth und eine christliche<br />
Moral. Sittliche Perspektiven der Verkündigung Jesu (QD; Bd. 66), Freiburg; Basel; Wien 1975.<br />
Römelt, Josef: Handbuch der Moraltheologie; Bd. 1, 13.<br />
Ebd.<br />
Vgl. dazu die Diskussionen um das ‚spezifisch Christliche‘ christlicher Ethik. Siehe beispielsweise<br />
Demmer, Klaus: Hermeneutische Probleme der Fundamentalmoral, in: Dietmar Mieth; Francesco<br />
Compagnoni (Hrsg.): Ethik im Kontext des Glaubens. Probleme – Grundsätze – Methoden (SthE;<br />
Bd. 3), Freiburg/CH; Freiburg i. Br. 1978, 101-119; Gruber, Hans-Günter: Autonome Moral oder<br />
Moral der Autonomie? Zur Diskussion um das Proprium einer theologischen Ethik, in:<br />
StdZ 211 (1993) 691-699; Mieth, Dietmar: Theologie und Ethik/ Das unterscheidend Christliche, in:<br />
ders., Jean-Pierre Wils (Hrsg.): Grundbegriffe der christlichen Ethik; Paderborn; München; Wien<br />
u.a. 1992, 209-224.<br />
Furger, Franz: Christliche Sozialethik, 25.<br />
Siehe Pieper, Annemarie: Gibt es eine feministische Ethik?, München 1998, darin v.a. 40-88; Praetorius,<br />
Ina: Anthropologie und Frauenbild in der deutschsprachigen protestantischen Ethik seit 1949,<br />
Gütersloh, 2., durchges. und korrigierte Auflage 1994.