12.10.2014 Aufrufe

pdf-Drucker, Job 74 - Universität Bamberg

pdf-Drucker, Job 74 - Universität Bamberg

pdf-Drucker, Job 74 - Universität Bamberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ihrer Entwicklung nie abgeschlossen. 142 Kontextuelle Ethik ist Ausdruck einer Option für<br />

diejenigen, die marginalisiert werden. 143 Diese Option muß im gesamten ethischen Geschehen<br />

deutlich werden. Die konkrete Durchführung des ethischen Prozesses muß für jeden<br />

Kontext neu entwickelt werden. 144<br />

Der Kontextbezug ist im (römisch-katholischen) Christentum seit Papst Johannes<br />

XXIII. 145 durch das Augenmerk auf die „Zeichen der Zeit“ wieder neu begründet. 146 Die<br />

heutige Welt „ist der Handlungszusammenhang der Menschen dieser Zeit, der Menschwerdung<br />

ermöglicht oder verhindert.“ 147 Nicht jede Begebenheit ist ein solches „Zeichen“, sondern<br />

ein Ereignis wird erst zu einem „Zeichen der Zeit“, indem in ihm etwas von allgemeiner<br />

Bedeutung deutlich wird. Die hermeneutische Kategorie der „Zeichen der Zeit“ wurde<br />

von Marie-Dominique Chenu unter der Bezeichnung „fait révélateur“ 148 bereits seit den<br />

30er Jahren des 20. Jahrhunderts herausgearbeitet. 149 Chenu nennt als Kriterien zum einen<br />

die gesamtgesellschaftliche Tragweite eines Ereignisses – wie z.B. der Arbeiter- oder Frauenbewegung,<br />

zum anderen eine durch einen Bruch hervorgerufene Bewußtseinsveränderung.<br />

150 Gaudium et Spes (GS), die Pastoralkonstitution des II. Vatikanischen Konzils mit<br />

dem deutschen Titel Die Kirche in der Welt von heute, legt sowohl auf die Wahrnehmung<br />

als auch auf die theologische Interpretation dieser Zeichen Wert. Die Kirche hat demnach<br />

„allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums<br />

142<br />

143<br />

144<br />

145<br />

146<br />

147<br />

148<br />

149<br />

150<br />

Schaumberger spricht deshalb auch von einer „sich kontextualisierenden Theologie“. Siehe<br />

Schaumberger, Christine: Blickwechsel. Fundamentale theologische Fragen einer sich kontextualisierenden<br />

Theologie, in: PThI 18 (1998) 1, 31-54.<br />

Siehe dazu den Unterpunkt 5.2.5.2.<br />

Vgl. dazu Banawiratma, Johannes Baptista; Müller, Johannes: Kontextuelle Sozialtheologie. Ein<br />

indonesisches Modell (Theologie der Dritten Welt; Bd. 20), Freiburg; Basel; Wien 1995. Zentrales<br />

Thema des Buches ist der indonesische Kontext, ein Anhang greift Ansatzpunkte für die Situation in<br />

Deutschland auf, so daß es möglich wird, das Buch auch im Kontext der Industrieländer zu verwenden.<br />

Der biblische Begriff „Zeichen der Zeit“ (Lk 12,56f) ist bei Johannes XXIII. bereits seit den 20er<br />

Jahren in seinen Tagebüchern belegt (Siehe Johannes XXIII.: Geistliches Tagebuch, mit einem<br />

Nachwort von Hannah Arendt, Nachdruck der 11. Auflage, Freiburg i. Br. 1968, Kaufmann, Ludwig;<br />

Klein, Nikolaus: Johannes XXIII. Prophetie im Vermächtnis, Friborg/Brig 2 1990) und hat die<br />

Dokumente Pacem in terris und Gaudium et Spes maßgeblich beeinflußt.<br />

Siehe Einführung: Zeichen der Zeit, in: Concilium 3 (1967) 5, 417-422.<br />

Sander, Hans-Joachim: Die Zeichen der Zeit. Die Entdeckung des Evangeliums in den Konflikten<br />

der Gegenwart, in: Gotthard Fuchs; Andreas Lienkamp (Hrsg.): Visionen des Konzils. 30 Jahre Pastoralkonstitution<br />

„Die Kirche in der Welt von heute“, Münster 1997, 85-102, hier 96f.<br />

Dtsch.: ein aufschlußreiches Faktum (M.H.).<br />

Zur Bedeutung Chenus für die Entwicklung des Verständnisses der Zeichen der Zeit siehe Geffré,<br />

Claude: Théologie de l’incarnation et théologie des signes des temps chez le Père Chenu, in: Joseph<br />

Doré; Jacques Fantino (Hrsg.): Marie-Dominique Chenu – Moyen-Âge et modernité. Colloque<br />

organisé par le Département de la recherche de l’Institut catholique de Paris et le Centre d’études du<br />

Saulchoir à Paris, les 28 et 29 octobre 1995, Paris 1997, 131-153; Heimbach-Steins, Marianne: „Erschütterung<br />

durch das Ereignis“ (M.-D. Chenu). Die Entdeckung der Geschichte als Ort des Glaubens<br />

und der Theologie, in: Gotthard Fuchs; Andreas Lienkamp (Hrsg.): Visionen des Konzils. 30<br />

Jahre Pastoralkonstitution „Die Kirche in der Welt von heute“, Münster 1997, 102-121, hier 115.<br />

Chenu, Marie-Dominique: Les signes du temps, in: Nouvelle Revue Theologique, 97 (1965) 1, 29-<br />

39; in deutscher Übersetzung in: Chenu, Marie-Dominique: Volk Gottes in der Welt, Paderborn<br />

1968, 42-68; Siehe Heimbach-Steins, Marianne: Erschütterung durch das Ereignis, 116f.; sowie<br />

Heimbach-Steins, Marianne: Das Stichwort: Zeichen der Zeit, in: Bibel und Liturgie<br />

70 (1997) 297f.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!