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pdf-Drucker, Job 74 - Universität Bamberg

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Strukturen intendiert. Schritte, die die Lebenssituation einzelner verbessern, sind wichtig,<br />

aber nicht genug. 171 Das Ziel ist „Lebensfülle für alle“. 172<br />

2. Kontextuelle feministische christlich-theologische Ethik setzt an den konkreten<br />

Erfahrungen von Frauen an. Es soll möglich werden, daß die Betroffenen in ihrer je eigenen<br />

Ausdrucksweise 173 ihre Unterdrückung, ihre Konflikte und Visionen formulieren. „Es<br />

ist dringend erforderlich, daß wir den Lebenserfahrungen aller Frauen Gehör schenken,<br />

ohne diese negativ zu sanktionieren“, 1<strong>74</strong> und daß wir Probleme und Konfliktsituationen als<br />

solche anerkennen. Dazu ist es notwendig, daß ethische Themen aus unterschiedlichen Perspektiven<br />

betrachtet werden, bzw. daß Angehörige aller Gruppen die Möglichkeit haben,<br />

ihre besondere Situation darzustellen. Dabei ist immer zu berücksichtigen, daß es nicht die<br />

Frauenerfahrung gibt, um unzulässige Verallgemeinerungen zu vermeiden. 175<br />

3. Eine kontextuelle feministisch-theologische Ethik ist außerdem bewußt parteilich<br />

176 für die − sozial, ökonomisch und/oder politisch − Unterdrückten und nimmt diejenigen<br />

in den Blick, die unter den herrschenden Verhältnissen leiden. „Das wichtigste Kriterium<br />

für Parteilichkeit ist, daß der betreffenden Gruppe nicht dieselben Mittel zur Erlangung<br />

ihrer Rechte und Interessen zur Verfügung stehen“ 177 wie anderen Gruppen. Parteilichkeit<br />

meint nicht, daß EthikerInnen unkritisch alles gutzuheißen hätten, was eine Frau sagt und<br />

tut, eben weil es eine Frau ist, die sich so äußert. Vielmehr ist Parteilichkeit eine Form bewußter<br />

und reflektierter Anwaltschaft, die auch impliziert, die eigene Verantwortung wahrzunehmen,<br />

an der Veränderung und Aufhebung unterdrückerischer Verhältnisse mitzuwirken.<br />

4. Eine feministische christlich-theologische Ethik, die ihren eigenen Kontext mit<br />

einbezieht, muß sich deshalb permanent auf ihrem eigenen Hintergrund kritisieren bzw.<br />

kritisieren lassen. Sie reflektiert vordringlich die Tatsache, daß sie sich nicht außerhalb des<br />

Kyriarchats befindet. 178 Sie analysiert weiterhin kritisch ihre eigene Mitwirkung 179 an der<br />

171<br />

172<br />

173<br />

1<strong>74</strong><br />

175<br />

176<br />

177<br />

178<br />

179<br />

Siehe Thürmer-Rohr, Christina: Befreiung im Singular. Zur Kritik am weiblichen Egozentrismus, in:<br />

beiträge zur feministischen theorie und praxis 13 (1990) 28, 9-17.<br />

Schiele, Beatrix: Lebensfülle für alle – feministische Ethik zwischen den Lehrstühlen, in:<br />

JCSW 34 (1993) 214-232.<br />

Vgl. dazu Morton, Nelle: Hearing to Speech, in: dies.: The Journey Is Home, Boston 1985, 202-210.<br />

Hunt, Mary: Umgestaltung der Moraltheologie – eine feministische Herausforderung der Ethik, in:<br />

Concilium 21 (1985) 6, 443-448, hier 448.<br />

Schaumberger weist auf die Gefahr hin, auch in einer feministischen Theologie den Eigenwert von<br />

Erfahrungen zu übersehen, sie als Unterdrückungserfahrungen bestehen zu lassen ohne auf eine befreiende<br />

Veränderung hinzuwirken, oder sie nur als Hinführung zu einer feministischen Theorie (als<br />

der ‚eigentlichen‘ feministischen Wissenschaft) zu benutzen; siehe Schaumberger, Christine: Freiheit,<br />

348.<br />

Die Sozialwissenschaftlerin Maria Mies hat 1978 die Forderung nach Parteilichkeit in die westdeutsche<br />

feministische Forschung eingebracht. Siehe Mies, Maria: Methodische Postulate zur Frauenforschung,<br />

in: beiträge zur feministischen theorie und praxis 1 (1978) 1, 41-63; Müller-Markus, Ulrike:<br />

Art. Parteilichkeit, in: Elisabeth Gössmann, Elisabeth Moltmann-Wendel, Herlinde Pissarek-<br />

Hudelist u.a. (Hrsg.): Wörterbuch der Feministischen Theologie, Gütersloh 1991, 315-317.<br />

Schiele, Feministische Ethik, 369.<br />

Siehe Schüssler Fiorenza, Elisabeth: Patriarchale Herrschaft spaltet / Feministische Verschiedenheit<br />

macht stark: Ethik und Politik der Befreiung, in: Angela Berlis; Julie Hopkins; Hedwig Meyer-<br />

Wilmes u.a. (Hrsg.): Frauenkirchen: Vernetzung und Reflexion im europäischen Kontext (Jahrbuch<br />

der Europäischen Gesellschaft für theologische Forschung von Frauen; Bd. 3), Kampen;<br />

Mainz 1995, 5-29, hier 17.<br />

Mitwirkung verwende ich in Anlehnung an die These der Mittäterschaft der Sozialwissenschaftlerin<br />

Christina Thürmer-Rohr. Sie hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, „in welcher Weise Frauen,

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