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pdf-Drucker, Job 74 - Universität Bamberg

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Aufrechterhaltung dieses Systems und stellt sich der daraus ergebenden Verantwortung.<br />

Nicht nur Erfahrungen von Unterdrückung bestimmen die Perspektive, sondern auch die<br />

Erfahrung von Macht und Privilegien. 180 Dies ist gerade für Weiße feministische EthikerInnen<br />

relevant, die überwiegend der Dominanzbevölkerung angehören. 181 Gegenüber einer<br />

feministischen Ethik, die lange Zeit Frausein als das verbindende Element zwischen allen<br />

Frauen gesehen hat, bedeutet dies, die Lebensbedingungen von unterschiedlichen Frauen<br />

wahr- und ernstzunehmen und auch die hierarchischen Strukturen zwischen Frauen zu benennen.<br />

Eine kontextuelle feministische christlich-theologische Ethik zeichnet sich durch<br />

die kategorische Weigerung aus, „sich abzufinden mit und einzurichten in der herrschenden<br />

Normalität – oder in neuen feministischen Selbstverständlichkeiten“. 182 Dazu ist es je neu<br />

notwendig, eigene Vorurteile sowie die unterschiedlichen Positionen, mit denen Privilegien<br />

verbunden sind – z.B. als Frauen der sogenannten ‚Ersten Welt‘ gegenüber den Frauen der<br />

sogenannten ‚Dritten Welt‘, aber auch zwischen ‚Akademikerin‘ und ‚Arbeiterin‘, ‚Erwerbstätiger‘<br />

und ‚Hausfrau‘, ‚Behinderter‘ und ‚Nichtbehinderter‘, ‚Einheimischer‘ und<br />

‚Migrantin‘ – aufzudecken und zu benennen. Gleichermaßen müssen Weiße Frauen anerkennen,<br />

daß sie „trotz ihrer eigenen sexistischen Unterdrückung selbst als Unterdrückerinnen<br />

in Aktion treten und aufgrund ihrer Partizipation an der Herrschaft Verantwortung tradie<br />

in ihrer Mehrheit an der Produktion des Wissens um die Mittel der Zerstörung und an deren politischer<br />

Durchsetzung nicht beteiligt waren, in diese Prozesse involviert sind“ (Thürmer-Rohr,<br />

Christina: Aus der Täuschung in die Ent-Täuschung. Zur Mittäterschaft von Frauen, in: dies.: Vagabundinnen.<br />

Feministische Essays, Berlin 4 1988, 38-56, hier 39; siehe auch Studienschwerpunkt<br />

„Frauenforschung“ am Institut für Sozialpädagogik der TU Berlin [Hrsg.]: Mittäterschaft und Entdeckungslust,<br />

Berlin 2 1990). Diese These wurde von Christine Schaumberger für eine feministische<br />

Befreiungstheologie rezipiert (Siehe Schaumberger, Christine: Subversive Bekehrung, in: dies.; Luise<br />

Schottroff: Schuld und Macht. Studien zu einer feministischen Befreiungs-theologie, München<br />

1988, 153−288, hier 263-268; dies.: Freiheit, 355f.). Jessica Jacoby und Gotlinde Magiriba Lwanga<br />

kritisieren an Thürmer-Rohr, daß sie die eigene Verantwortung von Frauen zu gering einschätzt und<br />

Unterdrückung von Frauen an Frauen ausblendet. „Trotz aller relativen Benachteiligung von Frauen<br />

gegenüber Männern[..] gibt es unter Frauen auch Hierarchien, befinden sich Frauen gegenüber Frauen<br />

in unterschiedlichen (Macht-)Positionen und haben hier Handlungsspielräume, in deren Räumen<br />

sie für jeweiliges Verhalten auch verantwortlich sind“ (Jacoby, Jessica; Magiriba Lwanga, Gotlinde:<br />

Was „sie“ schon immer über Antisemitismus wissen wollte, aber nie zu denken wagte, in: beiträge<br />

zur feministischen theorie und praxis 13 [1990] 27, 2 1991, 95-105, hier 101). Über Thürmer-Rohr<br />

hinaus muß deshalb analysiert werden, „was dem einzelnen Individuum Frau zurechenbar ist, welche<br />

Möglichkeiten die einzelne Frau hat, verändernd in die Verhältnisse einzugreifen, und was nur<br />

durch politische Maßnahmen beeinflußt werden kann.“ (Schiele, Beatrix: Lebensfülle, 228; siehe<br />

auch die Kritik am Mittäterschaftskonzept in Rommelspacher, Birgit: Rassismus und Sexismus im<br />

feministischen Diskurs, in: dies.: Dominanzkultur, 102-114, hier 109-114. )<br />

Thürmer-Rohr hat Mittäterschaft von Frauen als „kollektive Unterstützungs- und Zuarbeit an einem<br />

ihnen und anderen Unrecht zufügenden System“ präzisiert (Thürmer-Rohr, Christina: Die unheilbare<br />

Pluralität der Welt – von der Patriarchatskritik zur Totalitarismusforschung, in: beiträge zur feministischen<br />

theorie und praxis 21 [1998] 47/48, 193-205, hier 195). Dennoch sind die Einwände, die<br />

sich auf den Begriff der Mittäterschaft beziehen, gewichtig. Da eine kontextuelle feministische<br />

christlich-theologische Ethik nicht nur Frauen betrifft und sich mit verschiedenen kyriarchalen Unterdrückungszusammenhängen<br />

auseinandersetzt, verwende ich den Begriff Mitwirkung.<br />

Siehe dazu den oben in diesem Unterpunkt beschriebenen Kyriarchatsbegriff von Schüssler-<br />

Fiorenza.<br />

Siehe auch Schaumberger, Christine: „Das Recht, anders zu sein, ohne dafür bestraft zu werden“.<br />

Rassismus als Problem weißer feministischer Theologie, in: dies. (Hrsg.): Weil wir nicht vergessen<br />

wollen… Zu einer Feministischen Theologie im deutschen Kontext (AnFragen 1), Münster<br />

1987, 101-122, hier 106f.<br />

Schaumberger, Christine: Blickwechsel, 35.

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