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pdf-Drucker, Job 74 - Universität Bamberg

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Sicherlich erlebe ich als Frau auch vielfältige Diskriminierung von Männern. Akademikerin<br />

zu sein, schützt mich auch nicht vor möglicher ‚Arbeitslosigkeit‘. Außerdem<br />

erlebe ich manche Faktoren je nach Zusammenhang als ambivalent, so z.B. mein Nicht-<br />

Mutter-Sein in Kontexten, in denen die Anerkennung der Frau stark an ihrer Mutterschaft<br />

festmachen, oder den Umstand, daß meine Religionszugehörigkeit nicht über mein Aussehen<br />

erkennbar ist, was mich einerseits vor vorschnellen Einstufungen schützt, andererseits<br />

jedoch dazu führt, daß mein Glaube nicht von vorneherein als selbstverständlicher Bestandteil<br />

meines Lebens gilt. Meine Position innerhalb der Kyriarchatspyramide 188 besteht<br />

insofern nicht lediglich aus Benachteiligungen aufgrund meines Geschlechtes, sondern sie<br />

definiert sich innerhalb eines dynamischen Geflechtes von Unterdrückung und Privilegien.<br />

Als Kind hatte ich keine persönlichen Beziehungen zu ‚AusländerInnen‘. Dennoch<br />

bin ich mit Bildern von ‚Gastarbeitern‘ aufgewachsen. Die Vorstellung einer ‚christlichabendländischen<br />

Kultur‘ bzw. weltweit unterschiedlicher ‚Kulturkreise‘ ist mir aus dem<br />

Schulunterricht vertraut. Ich habe das Denkmuster des Kyriarchats weitgehend verinnerlicht<br />

und bin eingebunden in die verbreitete Ablehnung von ‚AusländerInnen‘, 189 in selbstverständlichen<br />

Rassismus, 190 in Diskriminierungen aufgrund Geschlecht und Alter. 191<br />

Durch persönliche Kontakte sowie durch die Medienberichterstattung werde ich mit<br />

meinen Privilegien konfrontiert. Zwei Jahre lang habe ich in einer Stadt im Ruhrgebiet eine<br />

‚Multikulturelle Frauengruppe‘ 192 an einer öffentlichen Bildungseinrichtung geleitet, deren<br />

Teilnehmerinnen aus ganz verschiedenen Altersgruppen kommen, unterschiedliche Staatsangehörigkeit<br />

bzw. Formen von Aufenthaltsstatus in Deutschland haben, sich in verschiedenen<br />

Sprachen verständigen, unterschiedlichen Religionen angehören bzw. auch ihre eigene<br />

Religiosität unterschiedlich definieren. Im Kontakt mit diesen Frauen habe ich viel über<br />

unterschiedliche Privilegien bzw. Diskriminierungen und die Auswirkungen beider auf die<br />

Lebenssituation unterschiedlicher Frauen gelernt. Auch FreundInnen, deren Eltern aus der<br />

Türkei, Italien und Griechenland eingewandert waren, machten und machen mich auf eine<br />

Vielzahl von Problemen aufmerksam, mit denen ich bisher nicht konfrontiert worden bin.<br />

Durch die Beschäftigung mit der Dissertation als einer Auseinandersetzung mit dem<br />

Ethos der Dominanzbevölkerung fiel mir immer stärker auf, daß ‚Kultur‘ als Begründung<br />

bei Meinungsverschiedenheiten verwendet wird. Dies geschieht zum Teil verbindend auf<br />

eine In-Group hin, mit der Absicht, die andere Person und sich selbst so sein zu lassen, wie<br />

beide sind, ohne sich gegenseitig etwas aufzudrängen. Sehr häufig hat der Verweis auf die<br />

188<br />

189<br />

190<br />

191<br />

192<br />

Menschen, wenn sie nicht offensichtlich Bevorzugungen mit sich bringen, da sie gesellschaftliche<br />

Muster von ‚Normalität‘ und ‚Abweichung‘ verkörpern.<br />

Siehe dazu das Unterkapitel 1.2.<br />

Siehe dazu das Unterkapitel 4.3.<br />

Siehe zur Selbstverständlichkeit rassistischer Denkmuster Riepe, Regina; Riepe, Gerd: Du<br />

schwarz – ich weiß. Bilder und Texte gegen den alltäglichen Rassismus, Wuppertal 2 1992; Lorbeer,<br />

Marie; Wild, Beate (Hrsg.): Menschenfresser – Negerküsse … : Das Bild vom Fremden im deutschen<br />

Alltag, Berlin 2 1993.<br />

Zur feministisch-theologischen Auseinandersetzung mit Diskriminierung aufgrund des ‚Alters‘ siehe<br />

Herberhold, Mechthild: „Denn meine Falten im Gesicht sind mein gelebtes Leben“. Eine Feministische<br />

Ethik des Altwerdens, unveröffentlichte Diplomarbeit, Würzburg 1994; Blome, Andrea: Frau<br />

und Alter. „Alter“ – Eine Kategorie feministischer Befreiungstheologie, Gütersloh 1994.<br />

Unter diesem Namen wurde die Gruppe von der Institution über Jahre unter wechselnder Leitung<br />

angeboten. Die Bezeichnung ‚multikulturell‘ ist jedoch nicht unproblematisch. Siehe zur Hinterfragung<br />

der sozialen Kategorie ‚Kultur‘ das Kapitel 3 dieser Arbeit.

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