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Alkoholabhängigkeit - Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.

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Ein Beispiel zum serotonergen System sei<br />

ebenfalls erwähnt. Bei Mäusen wurde in<br />

genetischen Studien gefunden, dass die<br />

Chromosomenabschnitte, in denen die<br />

Gene <strong>für</strong> Dopamin D 2 -Rezeptoren und<br />

Serotonin IB-Rezeptoren lokalisiert sind,<br />

<strong>für</strong> die Alkoholpräferenz im Wahlversuch<br />

mit Wasser maßgeblich sind. Darauf hin<br />

wurde bei Mäusen das Gen <strong>für</strong> den Serotonin<br />

IB-Rezeptor ausgeschaltet (knock-out).<br />

Diese Mäuse tranken doppelt so viel<br />

Alkohol, tranken freiwillig hoch konzentrierte<br />

alkoholische Lösungen (20%),<br />

welche Mäuse normalerweise nicht trinken;<br />

sie waren weniger empfindlich gegenüber<br />

den die Standsicherheit beeinträchtigenden<br />

Wirkungen des Alkohols und waren<br />

aggressiver. Außerdem entwickelte sich<br />

die Toleranz gegenüber diesen Effekten<br />

langsamer.<br />

Untersuchungen in den letzten Jahren<br />

haben auch gezeigt, dass es außer den<br />

bekannten Neurotransmittern eine<br />

weitere Gruppe von körpereigenen Substanzen<br />

gibt, die <strong>für</strong> die Entstehung und<br />

Aufrechterhaltung abhängigen Verhaltens<br />

eine wichtige Rolle spielen, nämlich die<br />

Tetrahydroisochinoline und die -Carboline.<br />

Die chronische Infusion dieser Substanzen<br />

in das Ventrikelsystem des Gehirns oder<br />

Applikation von kleinsten Mengen in einzelne<br />

Hirnregionen (z.B. Hippocampus)<br />

fördert die freiwillige Alkoholeinnahme.<br />

Sie sind aktive Metaboliten der Neurotransmitter<br />

Dopamin, Phenylethylamin<br />

und Noradrenalin bzw. Serotonin und<br />

Tryptamin. Einige dieser Metaboliten sind<br />

bei Alkoholkranken in der Phase des chronischen<br />

Missbrauchs und auch noch<br />

während der Entzugsphase signifikant<br />

erhöht. Es ist vorstellbar, dass deren<br />

erhöhte Biosynthese das Alkoholverlangen<br />

verstärkt und so zur Aufrechterhaltung<br />

süchtigen Verhaltens beiträgt. Sie stimulieren<br />

das mesolimbische Wohlbefindlichkeitssystem<br />

(Belohnungssystem, reward<br />

system), das <strong>für</strong> die Entwicklung abhängigen<br />

Verhaltens eine Schlüsselrolle spielt.<br />

Beide Familien von körpereigenen Substanzen<br />

besitzen auch neurotoxische<br />

Eigenschaften, die möglicherweise zu den<br />

degenerativen Prozessen bei Alkoholismus<br />

beitragen, und wegen ihrer Komutagenität<br />

auch eine der Ursachen <strong>für</strong> die bei Alkoholkranken<br />

beobachtete deutlich erhöhte<br />

Inzidenz von Karzinomen, insbesondere<br />

des Magen-Darmtrakts, darstellen könnte.<br />

Bezüglich detaillierter Beschreibungen der<br />

Alkoholwirkungen und des Alkoholismus<br />

sei auf die einschlägigen Lehrbücher verwiesen.<br />

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass diese<br />

Erkenntnisse auf Therapiekonzepte, beispielsweise<br />

zur Rückfallverhütung,<br />

schwierig zu übertragen sind. Dies dürfte<br />

daran liegen, dass die vom Alkohol bevorzugt<br />

aktivierten Hirnsysteme »normalerweise«<br />

<strong>für</strong> fundamentale Bedürfnisse und<br />

Funktionen zuständig sind, wie beispielsweise<br />

das Wohlbefinden oder die Erhaltung<br />

der Art.<br />

Substanzeigenschaften 3<br />

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