Alkoholabhängigkeit - Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
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Der Ablauf einer Abhängigkeitsbehandlung<br />
wird modellhaft in vier Abschnitte<br />
gegliedert, wobei die einzelnen Phasen<br />
nicht immer scharf voneinander getrennt<br />
sind und nach Rückfällen auch wiederholt<br />
durchlaufen werden können:<br />
Ablauf einer Abhängigkeitsbehandlung:<br />
• Kontaktphase (siehe Kapitel 7.2.1,<br />
Kurzinterventionen)<br />
• Entgiftungsphase als sog. »qualifizierte<br />
Entgiftung« (siehe Kapitel 6.1.3,<br />
Alkoholentzugssyndrom)<br />
• Entwöhnungsphase<br />
• Nachsorgephase<br />
Die Behandlung sollte wohnortnah sein,<br />
spezialisierte Einrichtungen, z.B. Dauereinrichtungen<br />
<strong>für</strong> chronisch-mehrfach<br />
geschädigte Abhängige (CMA), oder<br />
Institutionen <strong>für</strong> Patienten mit Doppeldiagnosen<br />
oder zur beruflichen Förderung<br />
sind meist nur überregional zu finden.<br />
7.3.1 Entwöhnung<br />
Entwöhnung als medizinische Rehabilitation<br />
obliegt (überwiegend) der Rentenversicherung<br />
gemäß §§ 9 und 15 SGB VI.<br />
Stationäre Entwöhnungsbehandlungen<br />
werden in der Regel in Fachkliniken,<br />
Therapeutischen Gemeinschaften und in<br />
spezialisierten Abteilungen Psychiatrischer<br />
Krankenhäuser durchgeführt. Dazu<br />
verlassen die Patienten <strong>für</strong> eine befristete<br />
Zeit ein meist belastendes Umfeld und<br />
belastende Lebenssituationen; durch die<br />
Distanz und die therapeutische Atmosphäre<br />
in diesen Einrichtungen werden<br />
gewünschte Veränderungsprozesse im<br />
Erleben und Verhalten möglich. Das<br />
gemeinsame Leben mit anderen Patienten<br />
und den Therapeuten bietet zudem die<br />
Chance, neue Verhaltensmuster in<br />
zwischenmenschlichen Beziehungen einzuüben;<br />
damit können schwerere Persönlichkeits-<br />
und Verhaltensstörungen bearbeitet<br />
werden. Nachteilig ist der fragliche<br />
Erkenntnistransfer auf die Alltagssituation,<br />
das sog. »back-home-Problem« ohne aktuelle<br />
Rückfallbearbeitung vor Ort und die vergleichsweise<br />
hohen Kosten. Auch können<br />
die unnatürlichen Umfeldbedingungen<br />
sowie eine größere Hemmschwelle zum<br />
Therapieantritt ein prinzipielles Problem sein.<br />
Die ambulante Entwöhnung gemäß der<br />
»Empfehlungsvereinbarung ambulante<br />
Rehabilitation Sucht« (EVARS) wird vor<br />
allem durch Beratungsstellen mit ausgebildeten<br />
Suchttherapeuten durchgeführt.<br />
Ihr Vorteil liegt darin, dass die Patienten<br />
ihre sozialen Rollen (am Arbeitsplatz, in<br />
der Familie usw.) fortführen und Probleme<br />
lebensnah bearbeitet werden können. Die<br />
Einbeziehung von Bezugspersonen ist<br />
leichter möglich (»Ehepaar-«, »Familientherapie«)<br />
und Rückfälle können im »Hier<br />
und Jetzt« bearbeitet werden. Von Vorteil<br />
sind auch die vergleichsweise günstigen<br />
Kosten, nachteilig sind die relativ hohen<br />
Abbruchquoten. Voraussetzung seitens<br />
der Patienten ist, dass sie zur aktiven und<br />
regelmäßigen Teilnahme bereit und fähig<br />
sind und erforderlichenfalls eine akutmedizinische<br />
Behandlung (Entzug) absolviert<br />
haben sowie vorangegangene Maßnahmen<br />
der Beratung und Motivierung nachweisen<br />
können.<br />
Die Rückfallraten sind nach stationärer<br />
Entwöhnung statistisch gesehen günstiger<br />
als nach ambulanter Behandlung, die<br />
Indikationsstellung sollte aber von den<br />
individuellen Erfordernissen abhängig<br />
gemacht werden (was bedeutet, dass die<br />
beiden Entwöhnungsformen komplementär<br />
und nicht alternativ zueinander stehen).<br />
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Behandlung der <strong>Alkoholabhängigkeit</strong> 7