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256 Aufsätze BRAK-Mitt. 6/2004<br />

Schöttle, Anwaltliche Internet-Rechtsberatung und das Teledienstedatensc hutzgesetz<br />

a) Je<strong>de</strong>rzeit möglicher Verbindungsabbruch<br />

Der Anbieter hat nach § 4 Abs. 4 Nr. 1 TDDSG <strong>de</strong>m Nutzer die<br />

Möglichkeit einzuräumen, die Verbindung zum Diensteanbieter<br />

je<strong>de</strong>rzeit abzubrechen. Dabei genügt es nicht, auf die physische<br />

Trennung <strong>de</strong>s Rechners vom Internet zu verweisen (etwa<br />

durch Ausschalten o<strong>de</strong>r Unterbrechen <strong>de</strong>r Netzwerkverbindung<br />

29 ), vielmehr muss die Trennung auf <strong>de</strong>r Software-Ebene<br />

realisiert wer<strong>de</strong>n. Für <strong>de</strong>n RA ist diese Pflicht unproblematisch,<br />

<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Nutzer kann seinen Browser je<strong>de</strong>rzeit schließen, er<br />

wird nicht gezwungen, das im Browser einmal aufgerufene Formular<br />

auch auszufüllen und abzusen<strong>de</strong>n.<br />

b) Schutz vor frem<strong>de</strong>r Kenntnisnahme<br />

Der Anbieter hat sicherzustellen, dass <strong>de</strong>r Nutzer <strong>de</strong>n Teledienst<br />

vor Kenntnisnahme Dritter geschützt in Anspruch nehmen kann,<br />

§4 Abs. 4 Nr. 3 TDDSG. Diese Vorschrift for<strong>de</strong>rt nicht, dass je<strong>de</strong>r<br />

Teledienst beson<strong>de</strong>rs gesichert abgewickelt wer<strong>de</strong>n muss,<br />

<strong>de</strong>m Nutzer ist lediglich eine solche Möglichkeit einzuräumen.<br />

Zweck <strong>de</strong>r Norm ist die Absicherung <strong>de</strong>s Fernmel<strong>de</strong>geheimnisses<br />

im Bereich <strong>de</strong>r Teledienste. 30 Der Umfang <strong>de</strong>r Schutzmaßnahmen<br />

steht dabei in Relation zur Vertraulichkeit <strong>de</strong>r übermittelten<br />

Daten. 31 Beson<strong>de</strong>rs sensible Informationen müssen verschlüsselt<br />

übertragen wer<strong>de</strong>n können, während bei an<strong>de</strong>ren Angeboten<br />

ein einfacher Passwortschutz genügen kann.<br />

Bei <strong>de</strong>r Nutzung eines Online-Formulars als Vermittlungsdienst<br />

zur anwaltlichen Rechtsberatung wer<strong>de</strong>n sensible Daten durch<br />

<strong>de</strong>n Teledienst übertragen. Es wur<strong>de</strong> bereits ausgeführt, dass<br />

diese Daten keine Bestands- o<strong>de</strong>r Nutzungsdaten <strong>de</strong>s Teledienstes<br />

sind; die Funktion <strong>de</strong>s Teledienstes besteht ausschließlich<br />

in <strong>de</strong>r Übermittlung <strong>de</strong>r Informationen zwischen Mandant<br />

und Anwalt. Das be<strong>de</strong>utet aber nicht, dass es sich dabei um einen<br />

inhaltsneutralen Dienst han<strong>de</strong>lt, für <strong>de</strong>n keine Pflicht zur<br />

Verschlüsselung besteht. 32 Das Online-Formular auf <strong>de</strong>r Kanzleihomepage<br />

soll nicht beliebige Konversation ermöglichen,<br />

son<strong>de</strong>rn es dient explizit <strong>de</strong>r Übermittlung von Informationen,<br />

die zur Rechtsberatung erfor<strong>de</strong>rlich sind. Der Teledienst ist gera<strong>de</strong><br />

für <strong>de</strong>n Versand vertraulicher Daten konzipiert. Dass sich<br />

die Zulässigkeit <strong>de</strong>r Erhebung <strong>de</strong>r übermittelten Daten dabei<br />

nicht nach <strong>de</strong>m TDDSG richtet, ist unbeachtlich. Die Pflicht<br />

zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen setzt nicht – wie etwa<br />

§3 Abs. 1 TDDSG – voraus, dass Daten »zur Durchführung<br />

von Telediensten« erhoben wer<strong>de</strong>n. Schutzgegenstand <strong>de</strong>r Vorschrift<br />

sind auch reine Vermittlungsdienste, soweit sie gera<strong>de</strong><br />

dazu eingerichtet wer<strong>de</strong>n, sensible Informationen zutransportieren.<br />

Der Anwalt muss diesen Dienst daher durch Verschlüsselung<br />

beson<strong>de</strong>rs sichern. Dazu kann er sich <strong>de</strong>r Verschlüsselung<br />

auf Basis <strong>de</strong>s » Secure Socket Layer «-Protokolls (SSL) bedienen.<br />

Diese Verschlüsselung ist in je<strong>de</strong>m mo<strong>de</strong>rnen Browser<br />

integriert. Sie erlaubt es, die Verbindung zwischen Webserver<br />

<strong>de</strong>s Diensteanbieters und Browser <strong>de</strong>s Nutzers so zu sichern,<br />

dass eine unbefugte Kenntnisnahme <strong>de</strong>r untereinan<strong>de</strong>r ausgetauschten<br />

Daten verhin<strong>de</strong>rt wird.<br />

29 Schaar in: Roßnagel, Recht <strong>de</strong>r Multimedia-Dienste, §4 TDDSG,<br />

Rdnr. 374.<br />

30 Schaar spricht vom »Mediennutzungsgeheimnis«, Roßnagel , Recht<br />

<strong>de</strong>r Multimedia-Dienste, § 4 TDDSG, Rdnr. 387.<br />

31 Schaar, Datenschutz im Internet, S. 199.<br />

32 Schaar lehnt bei inhaltsneutralen Diensten, wie beispielsweise <strong>de</strong>m<br />

E-Mail-Dienst, eine generelle Verpflichtung <strong>de</strong>s Anbieters zu<br />

Schutzmaßnahmen, namentlich Verschlüsselung, ab. Er for<strong>de</strong>rt jedoch,<br />

dass die Möglichkeit <strong>de</strong>s Nutzers, sich selbst zuschützen,<br />

nicht verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n dürfe; Schaar, Datenschutz im Internet,<br />

S. 199; Schaar in: Roßnagel, Recht <strong>de</strong>r Multimedia-Dienste, §4<br />

TDDSG, Rdnr. 393.<br />

c) Weitere Organisationspflichten<br />

Es gibt noch eine Reihe von weiteren Pflichten, welche aber für<br />

die anwaltliche Rechtsberatung keine Rolle spielt, da sie auf<br />

das hier skizzierte Szenario nicht anwendbar ist. Eine Ein willigung<br />

<strong>de</strong>s Nutzers nach §3 Abs. 1 und 2 TDDSG in die Erhebung,<br />

Verarbeitung und Nutzung von Daten ist für das hier betrachtete<br />

Szenario nicht erfor<strong>de</strong>rlich, da – wie bereits ausgeführt<br />

– die über das Formular ausgetauschten Informationen<br />

bloße Inhaltsdaten sind, auf welche das TDDSG nicht anwendbar<br />

ist. Auch die Vorschriften über die Löschung und Sperrung<br />

personenbezogener Daten 33 greifen aus diesem Grun<strong>de</strong> nicht,<br />

dasselbe gilt für die Regelungen zum Zusammenführen von<br />

pseudonymisierten Daten mit <strong>de</strong>m Träger <strong>de</strong>s Pseudonyms 34 .<br />

Weiterhin ist die Pflicht zur Schaffung einer anonymen o<strong>de</strong>r<br />

pseudonymen Nutzungsmöglichkeit <strong>de</strong>s Teledienstes »Online-<br />

Formular« 35 für <strong>de</strong>n Anwalt irrelevant, da sich daraus keine<br />

Pflicht zum Angebot anonymer Rechtsberatung ableit en lässt –<br />

die Rechtsberatung selbst ist ja kein Teledienst.<br />

4. Informationspflichten<br />

Das Teledienstedatenschutzgesetz sieht ferner eine Reihe von<br />

Hinweisen vor, die <strong>de</strong>r Anbieter zugeben hat. Die Hinweise<br />

dienen <strong>de</strong>m Selbstbestimmungsrecht <strong>de</strong>s Nutzers: Nur wenn<br />

dieser weiß, welche Daten erhoben wer<strong>de</strong>n und wie mit ihnen<br />

umgegangen wird, kann er <strong>de</strong>n Teledienst in eigenverantwortlicher<br />

Entscheidung über die Verwendung seiner Daten nutzen.<br />

a) Die Datenschutzerklärung<br />

Eine zentrale Vorschrift ist § 4 Abs. 1 TDDSG; sie enthält gleich<br />

mehrere Pflichten. Zunächst hat <strong>de</strong>r Diensteanbieter <strong>de</strong>n Nutzer<br />

zu Beginn <strong>de</strong>s Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und<br />

Zweck <strong>de</strong>r Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener<br />

Daten zu unterrichten. Dies soll sicherstellen, dass <strong>de</strong>r<br />

Nutzer frühestmöglich eine Entscheidung treffen kann, ob und<br />

welche Daten er <strong>de</strong>m Anbieter übermittelt.<br />

Wer<strong>de</strong>n Daten in so genannten Drittstaaten verarbeitet, also<br />

Staaten außerhalb <strong>de</strong>r Europäischen Union bzw. <strong>de</strong>s Europäischen<br />

Wirtschaftsraumes, ist auch dies anzuzeigen. Das soll<br />

<strong>de</strong>m Umstand Rechnung tragen, dass das dortige Datenschutzrecht<br />

möglicherweise nicht <strong>de</strong>m europäischen Standard entspricht.<br />

Ferner ist <strong>de</strong>r Nutzer ggf. darauf hinzuweisen, dass Daten, die<br />

zunächst ohne Personenbezug erhoben wer<strong>de</strong>n, später <strong>de</strong>m Nutzer<br />

zugeordnet wer<strong>de</strong>n können. Diese Regelung zielt insbeson<strong>de</strong>re<br />

auf Nutzerprofile ab. Sie soll sicherstellen, dass <strong>de</strong>r Nutzer<br />

nicht nur über aktuelle, son<strong>de</strong>rn auch über zukünftige Verarbeitungsprozesse<br />

informiert ist. Konkret soll <strong>de</strong>m Nutzer vor Augen<br />

geführt wer<strong>de</strong>n, dass die Möglichkeit besteht, von ihm erhobene<br />

Daten zu einem Nutzerprofil zusammenzuführen.<br />

Schließlich stellt § 4Abs. 1 Satz 3TDDSG eine formale Anfor<strong>de</strong>rung<br />

an die Datenschutzerklärung: Die Norm bestimmt, dass<br />

die Unterrichtung für <strong>de</strong>n Nutzer je<strong>de</strong>rzeit abrufbar sein muss.<br />

Inwiefern greift die Vorschrift im hier untersuchten Szenario?<br />

An<strong>de</strong>rs als die Vorschriften zur Erhebung, Verarbeitung und<br />

Nutzung von Daten 36 beschränkt sich §4 Abs. 1 TDDSG nicht<br />

auf Daten, die »zur Durchführung von Telediensten« erhoben<br />

wer<strong>de</strong>n, wie es etwa in § 3 Abs. 1 TDDSG <strong>de</strong>r Fall ist. Erfasst<br />

wird daher <strong>de</strong>r gesamte Kommunikationsvorgang, also auch<br />

die Daten, die auf <strong>de</strong>r Inhaltsebene ausgetauscht wer<strong>de</strong>n. 37<br />

Dabei ist klar, dass <strong>de</strong>r Anwalt nicht von vornherein wissen<br />

33 §4 Abs. 4Nr. 2,§6 Abs. 7, 8 TDDSG.<br />

34 §4 Abs. 4Nr. 5 und 6 TDDSG.<br />

35 §4 Abs. 6TDDSG.<br />

36 Vgl. §3 Abs. 1und 2 TDDSG.

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