6 - brak-mitteilungen.de
6 - brak-mitteilungen.de
6 - brak-mitteilungen.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
272 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 6/2004<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:<br />
Die Parteien streiten darum, ob die Astin. als RA-Aktiengesellschaft<br />
i.G. zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen ist.<br />
I. Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung liegt folgen<strong>de</strong>r<br />
Sachverhalt zugrun<strong>de</strong>:<br />
Die Astin. – die ... RA-Aktiengesellschaft mit Sitz in H. – wur<strong>de</strong><br />
am 7.11.2002 von RAen errichtet (UR-Nr.: .../2002 E <strong>de</strong>s<br />
Notars Dr. E.), die ihren Kanzleisitz überwiegend im Bun<strong>de</strong>sgebiet<br />
– nicht in H. – haben. Ein Gründungsmitglied ist RA in<br />
Frankreich.<br />
Der Gesellschaft ist es satzungsgemäß gestattet, Zweignie<strong>de</strong>rlassungen<br />
im In- und Ausland zu errichten (§ 2 <strong>de</strong>r Satzung).<br />
Der Gegenstand <strong>de</strong>s Unternehmens wird in§3 <strong>de</strong>r Satzung in<br />
<strong>de</strong>r Fassung <strong>de</strong>r geän<strong>de</strong>rten Satzung v. 3.6.2003 (UR-Nr.: .../<br />
2003 L <strong>de</strong>s Notars Dr. L.) wie folgt beschrieben:<br />
„§ 3<br />
Gegenstand <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
1. Gegenstand <strong>de</strong>s Unternehmens ist die Besorgung frem<strong>de</strong>r<br />
Rechtsangelegenheiten, einschließlich <strong>de</strong>r Rechtsberatung<br />
durch Übernahme von RA-Aufträgen, <strong>de</strong>ren Ausführung durch<br />
die im Dienste <strong>de</strong>r Gesellschaft stehen<strong>de</strong>n, zugelassenen RAe,<br />
die unabhängig und eigenverantwortlich unter Beachtung ihres<br />
Berufsrechts erfolgt, wofür die Gesellschaft die erfor<strong>de</strong>rlichen<br />
personellen, sachlichen und räumlichen Voraussetzungen<br />
tätigt.<br />
2. Zum Gegenstand <strong>de</strong>s Unternehmens gehört auch die Be rufstätigkeit<br />
im Dienste <strong>de</strong>r Gesellschaft stehen<strong>de</strong>r Angehöriger<br />
an<strong>de</strong>rer Berufe im Rahmen ihrer eigenen berufsrechtlichen<br />
Befugnisse, mit <strong>de</strong>nen sich RAe nach ihrem Berufsrecht verbin<strong>de</strong>n<br />
können.<br />
3. Die Gesellschaft darf alle Geschäfte betreiben, die die<br />
gemeinschaftliche Berufsausübung <strong>de</strong>r Aktionäre unmittelbar<br />
o<strong>de</strong>r mittelbar för<strong>de</strong>rn, soweit berufsrechtlichen Ge- und Verboten<br />
nicht zuwi<strong>de</strong>r gehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Sofern einem in Diensten<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft stehen<strong>de</strong>n Berufsträger das Tätigwer<strong>de</strong>n<br />
versagt ist, gilt dies auch für alle an<strong>de</strong>ren in <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
tätigen Berufsträger. Die Gesellschaft hat sicherzustellen, dass<br />
<strong>de</strong>n in ihrem Dienste stehen<strong>de</strong>n Berufsträgern die Feststellung<br />
und Überprüfung von evtl. bestehen<strong>de</strong>n Tätigkeitsverboten im<br />
Rahmen <strong>de</strong>r gesetzlichen Vorgaben möglich ist. Die Aktionäre<br />
sind insoweit untereinan<strong>de</strong>r verpflichtet, die erfor<strong>de</strong>rliche(n)<br />
Informationen zur Verfügung zu stellen.“<br />
Der Nennbetrag <strong>de</strong>s Grundkapitals beträgt 50.000,00 Euro, er<br />
ist eingeteilt in 10 Namensaktien im Nennbetrag von 5.000,00<br />
Euro (§ 6 <strong>de</strong>r Satzung). Nach § 6a <strong>de</strong>r Satzung ist eine Erhöhung<br />
<strong>de</strong>s Grundkapitals durch Ausgabe neuer Aktien bis zu<br />
25.000,00 Euro möglich.<br />
Nach §16 Abs. 3b (vormals §16 Abs. 3d) <strong>de</strong>r Satzung kann<br />
<strong>de</strong>r Vorstand die Zustimmung über die Verfügung von Aktien<br />
verweigern, wenn<br />
„die Zulassung zur Folge hätte, dass Personen Aktionäre wer<strong>de</strong>n,<br />
die nicht zugleich selbst bzw. durch ihre Sozietät Mitglied<br />
<strong>de</strong>r ... EWiV (AG ..., HRA ...) sind.“<br />
Eine Einziehung <strong>de</strong>r Aktien ohne Zustimmung <strong>de</strong>s Aktionärs ist<br />
zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbeson<strong>de</strong>re<br />
wenn<br />
„ein Aktionär nicht mehr selbst o<strong>de</strong>r durch seine Sozietät Mitglied<br />
<strong>de</strong>r ... EWiV (AG ..., HRA ...) ist. Besteht unter <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn<br />
einer Sozietät Streit darüber, ob und/o<strong>de</strong>r mit wem die<br />
Sozietät fortbesteht und/o<strong>de</strong>r wer Rechtsnachfolger in <strong>de</strong>r Mitgliedschaft<br />
in <strong>de</strong>r EWiV ist o<strong>de</strong>r wird, gilt dies als wichtiger<br />
Grund für eine Einziehung, wenn die Sozietät auf Anfor<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s nicht binnen Monatsfrist eine übereinstimmen<strong>de</strong><br />
Erklärung aller Sozien vorlegt.“ (§ 17 Abs. 2h<strong>de</strong>r Satzung).<br />
Die Agin. hat mit Bescheid v. 20.5.2003 <strong>de</strong>n Antrag <strong>de</strong>r Astin.<br />
v. 16.12.2002 auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zurückgewiesen.<br />
Ein spezielles Zulassungsverfahren für die RA-Aktiengesellschaft<br />
sei in <strong>de</strong>r BRAO nicht geregelt, ebenso wenig ein einheitliches<br />
Zulassungsverfahren für RA-Kapitalgesellsc haften.<br />
Lediglich in<strong>de</strong>n §§59g ff. BRAO sei für die RA-GmbH ein<br />
geson<strong>de</strong>rtes Zulassungsverfahren normiert. Mangels einer analogiefähigen<br />
Regelungslücke lasse sich das Zulassungsverfahren<br />
für die RA-GmbH auch nicht auf die RA-Aktiengesellschaft<br />
übertragen. Der Gesetzgeber habe sich nämlich bewusst dazu<br />
entschlossen, von <strong>de</strong>r Regelung eines geson<strong>de</strong>rten Zulassungsverfahrens<br />
für RA-Aktieng esellschafen abzusehen. A uch <strong>de</strong>r<br />
Regierungsentwurf v. 9.4.1998 habe zu <strong>de</strong>r Frage zur Zulassung<br />
an<strong>de</strong>rer Gesellschaftsformen als <strong>de</strong>r GmbH keine Aussage<br />
getroffen.<br />
Eine Übertragung <strong>de</strong>r Zulassungsvoraussetzungen <strong>de</strong>r RA-<br />
GmbH komme mangels beson<strong>de</strong>rer Min<strong>de</strong>stvoraussetzungen<br />
für die Zulassung einer RA-Aktiengesellschaft nicht in Betracht.<br />
Eine richterliche Rechtsfortbildung wäre angesichts <strong>de</strong>s sich<br />
aus Art. 20 Abs. 3 GG ergeben<strong>de</strong>n Vorranges <strong>de</strong>s Gesetzes<br />
auch nicht zulässig.<br />
Die Agin. vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass es sich<br />
bei <strong>de</strong>r Astin. um keine berufsrechtlich zulässige Form <strong>de</strong>s<br />
Zusammenschlusses von RAen zur gemeinsamen Berufsausübung<br />
han<strong>de</strong>le. Die Astin. verstieße mit ihrer Satzung gegen<br />
das in § 31 BORA normierte Verbot <strong>de</strong>r Sternsozietät. Die Satzung<br />
<strong>de</strong>r Astin. gestatte nämlich nicht nur mangels entgegenstehen<strong>de</strong>r<br />
Regelung die an<strong>de</strong>rweitige berufliche Zusammenarbeit,<br />
vielmehr wer<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n §§ 16 Abs. 3bund 17 Abs. 2h <strong>de</strong>r<br />
Satzung positiv davon ausgegangen, dass die Aktionäre ungeachtet<br />
ihrer Gesellschafterstellung in <strong>de</strong>r ...-RA-Aktiengesellschaft<br />
daneben noch in eigenen Sozietäten tätig seien.<br />
In ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung verweist die<br />
Astin. auf das BayObLG, das die Zulässigkeit <strong>de</strong>r RA-Aktiengesellschaft<br />
bejaht habe (BayObLG, Beschl. v. 27.3.2000 – 3 ZBR<br />
331/99, DB 2000, 1017, NJW 2000, 1647 f.). Darüber hinaus<br />
vertritt sie die Auffassung, dass das Verbot <strong>de</strong>r Sternsozietät<br />
gem. § 31 BORA rechtsunwirksam sei.<br />
Die Astin. bezieht sich zur Begründung ihrer Auffassung, nach<br />
<strong>de</strong>r sie als RA-Aktiengesellschaft zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen<br />
ist, auf ein von ihr beigebrachtes Gutachten von Prof. M.<br />
v. 23.6.2003. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.<br />
Die Astin. hält darüber hinaus – ebenfalls unter Bezugnahme<br />
auf das Gutachten von Prof. M. – das Verbot <strong>de</strong>r Sternsozietät<br />
wegen einer Verletzung <strong>de</strong>s Gleichbehandlungsgebotes gem.<br />
Art. 3 Abs. 1 GG und einer Verletzung <strong>de</strong>r Berufsausübungsfreiheit<br />
gem. Art. 12 Abs. 1 GG für verfassungswidrig. Es sei<br />
nicht mit <strong>de</strong>m Gleichbehandlungsgebot zu vereinbaren, dass<br />
StB und WP entsprechen<strong>de</strong> Assoziierungsbeschränkungen<br />
nicht auferlegt seien; diese Benachteiligung <strong>de</strong>r Rechtsanwaltschaft<br />
sei we<strong>de</strong>r durch sachliche o<strong>de</strong>r berufsbezogene Kriterien<br />
gerechtfertigt.<br />
Das Verbot <strong>de</strong>r Sternsozietät schränke die Berufsausübungsfreiheit<br />
ungerechtfertigt ein. In diesem Zusammenhang weist die<br />
Astin. unter Bezugnahme auf das von ihr beigebrachte Gutachten<br />
darauf hin, dass nach § 7 Nr. 8 BRAO es <strong>de</strong>m RA grundsätzlich<br />
erlaubt sei, zusätzlich zu seiner anwaltlichen Tätigkeit<br />
zweitberufliche Tätigkeiten – ohne berufsrechtliche Bindungen<br />
– auszuüben und insoweit Abhängigkeiten einzugehen. Eine<br />
Gefahr von Interessenkollisionen als Rechtfertigung einer Ein-