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In Hinblick auf derartige Organisationsprinzipien im Dokumentarfilm erörtert Grassl<br />
(2007, 90) die Rolle des filmenden Dokumentaristen sowie der von ihm besetzbaren erzählenden<br />
Akteure (vgl. Kap. 4.2.2):<br />
„Im Unterschied zum Spielfilm und zu anderen Erzählungen spiegeln die Ereignisse im<br />
Dokumentarfilm immer auch die Anwesenheit eines/r Autorin wider, der selbst Teil des<br />
Geschehenen war. Somit setzt der Dokumentarfilm ein ‚Subjekt der epischen Form‘ oder<br />
ein ‚episches ich‘, einen Erzähler, einen Kommentator einen Begleiter des Geschehens<br />
voraus. Dieser reflektiert, schildert und beurteilt das Geschehen aus seiner eigenen subjektiven<br />
Sichtweise. Nicht nur die Erzählerstimme, auch Statements und Interviews der<br />
Protagonistinnen werden im Dokumentarfilm oft als strukturierendes Mittel eingesetzt<br />
und bestimmen so den roten Faden.“. 26<br />
Wie von Schadt (2012) bereits angeführt wurde, bedarf jedes Thema also einer eigenen,<br />
vom Dokumentaristen in der Rolle des initiierenden Erzählers individuell angepassten<br />
dramaturgischen Strukturierung. Somit kann die klassische Akt-Struktur nur als Orientierungspunkt<br />
des Dokumentaristen dienen, wie auch abschließend Grassl (2007, 99) resümiert:<br />
„Grundsätzlich sind die vorgestellten narrativen Modelle, Elemente, Abläufe und<br />
Analyseelemente nur theoretische Modelle, an die sich in der Praxis kein/e Filmemacherin<br />
eins zu eins halten wird. Viel wichtiger ist die Haltung des/der Filmemacherin aus der heraus<br />
der Film gemacht wird.“<br />
Die Ausprägungen der Dramaturgie schlagen sich ausgesprochen stark auf die zeitliche<br />
Re-Strukturierung der filmischen Erzählweise nieder (s. Kap. 4.4). Es erscheint jedoch<br />
im dokumentar-filmischen Bereich naheliegend, die Dramaturgie eher als ein rhetorisches<br />
Mittel der Erzählung anzusehen, als bloßes Instrument zur Strukturierung der Erzählung in<br />
starre Akte. Denn durch den kontrollierten Einsatz von diegetischen Erzählern respektive<br />
intra- und extradiegetischer Erzählmittel wird die diegetische Erzählrede des Dokumentarfilms<br />
erheblich geprägt. Die Grenzen sind hier teils unscharf. Die Rhetorik der dokumentarfilmischen<br />
Erzählung ist komplex und umfasst im Grunde genommen alle hier aufgeführten<br />
Gestaltungsebenen. In den Worten Schadts (2012, 16) ausgedrückt: „[…] die Suche nach der<br />
richtigen Dramaturgie beginnt für den Regisseur spätestens bei der Frage, ob es besser ist,<br />
mit geputzten oder nicht geputzten Schuhen aufzutreten. Anders formuliert: Alles ist Dramaturgie<br />
und Dramaturgie ist alles.“<br />
26 Hinsichtlich des strukturalistischen Organisationsprinzips der Erzählung im Dokumentarfilm<br />
unterscheidet Hohenberger nach Kiener zwischen kontinuierlicher und diskontinuierlicher<br />
Darstellungsweisen. Bei der kontinuierlichen Variante wird dem Zuschauer ein in sich<br />
geschlossenes Sinngefüge präsentiert, dass allein durch seine filmische Abfolge (vgl. Kap. 4)<br />
bereits alle nötigen Informationen enthält, um dem Geschichtsverlauf in Gänze folgen zu können.<br />
Dem entgegen wird bei der diskontinuierlichen Erzählweise zwischen einzelnen Erzählsequenzen<br />
eine weitere Erzählebene eingeschoben, auf der weitere Informationen und Auskünfte erteilt<br />
werden, um die zum Verständnis der Erzählsequenzen benötigt werden (vgl. Kiener 1999, 33).<br />
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