Download - Transmedia Storytelling Berlin
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eingefroren und ist fortan unveränderlich „auf Film gebannt“. Auf dieser Basis kann eine<br />
transmediale Kampagne zwar ansetzen und inhaltliche Aspekte vertiefen und ausdehnen,<br />
verharrt dabei jedoch immer in dem zeitlichen Rahmen, den das Primärwerk konstituiert<br />
hat (vgl. Kap. 4.4).<br />
Mithilfe transmedialer Erweiterungen kann die Wirklichkeit jedoch auch über diesen<br />
„Ist“-Zustand hinaus in einer zeitlichen Dimension abgebildet werden. So können themenrelevante<br />
Veränderungen innerhalb der behandelten Sachverhalte und Zusammenhängen,<br />
die erst nach der Fertigstellung des Dokumentarfilms eingetreten sind, weiterhin in die<br />
diegetische Welt integriert werden. Der vom Primärwerk konstituierte „Ist“-Zustand tritt<br />
sodann als „War“-Zustand in den Hintergrund. Fortan bildet er innerhalb der transmedialen<br />
Kampagne eine historische diegetische Basis. Darauf aufbauend können nachträgliche Entwicklungen<br />
immer wieder durch neue, aktuellere Abbildungen des gegenwärtigen „Ist“-<br />
Zustandes der Wirklichkeit etabliert werden bis diese wiederum abgelöst werden usw. Es<br />
kann so mitunter eine dokumentarische narrative Evolution stattfinden die im Rahmen<br />
einer transmedialen Kampagne nachgezeichnet wird. Auch die zeitlichen Grenzen können<br />
also neben den narrativen Grenzen eines Primärwerkes durch transmediale Erweiterungen<br />
durchbrochen werden.<br />
Im Beispiel von THE COVE (Fertigstellung 2009) könnte dies bedeuten, dass ein bestimmter<br />
Fischer zu den Tierschützern im Jahre 2011 „überläuft“, um Sachverhalte der Gegenseite<br />
aufzudecken. Ein etwas entfernteres Beispiel: Es könnte durch die transmedial<br />
angestoßene Petition ein Umdenken bei den Fischern eintreten. So etabliert sich die bislang<br />
dargestellten Fronten aufweichen und beide Parteien im Jahre 2013 in einem neuen Verhältnis<br />
zueinander stehen. Durch eine kurze Video-Dokumentation könnte diese neuzeitliche<br />
Entwicklung in die transmediale Kampagne mit aufgenommen werden, so dass sich<br />
abermals ein neuer „Ist“-Zustand innerhalb der diegetischen Welt etabliert.<br />
Natürlich hängt diese zeitdurchdringende Funktion vom geplanten Umfang einer<br />
transmedialen Erzähl-Kampagne insgesamt ab. Eine längerfristig angelegte Erweiterung<br />
kann ein Themenfeld innerhalb der konstituierten diegetischen Welt adäquater verfolgen,<br />
als eine, die nur den „Schnappschuss“ des Primärwerkes erweitern soll. Dies ist vor allem<br />
abhängig von der Intention einer dokumentarischen transmedialen Narration. Auch die<br />
Produktionskosten (länger = teurer) haben sicher Einfluss auf die zeitliche Ausprägung.<br />
Mit der Dauer einer Kampagne geht auch die Anzahl der Menschen einher, die erreicht<br />
werden können. Je länger eine transmediale Narration aufrechterhalten wird, desto<br />
mehr Rezipienten können an ihr teilhaben. Doch in diesem speziellen Kontext der „Reichweite“<br />
einer Kampagne spielt die chronologische Funktion nur eine untergeordnete Rolle.<br />
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