22.11.2014 Aufrufe

Switzerland - Kirchhofer

Switzerland - Kirchhofer

Switzerland - Kirchhofer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

55 | ERLEBNIS<br />

SAUBERE ENERGIE<br />

Das Kraftwerk der Jungfraubahnen bei der<br />

Station Lütschental<br />

FÜR DIE JUNGFRAUBAHNEN<br />

Auf der Fahrt nach Grindelwald erblicken<br />

aufmerksame Reisende ein höchst ungewöhnliches<br />

Bauwerk. Kurz nach der<br />

Station Lütschental wird das Terrain deutlich<br />

steiler. Auf der Bergfahrt verlangsamen deshalb<br />

die Züge der Berner Oberland-Bahn die Fahrt,<br />

um auf Zahnradbetrieb umzustellen. Wer in diesem<br />

Moment in Fahrtrichtung rechts aus dem<br />

Fenster schaut, entdeckt ein überraschend grosses<br />

Gebäude. Wie eine kuriose Mischung aus<br />

Kirche und Fabrik sieht es aus – und ist doch<br />

keins von beidem. Grossflächige Fenster und ein<br />

elegant geschwungenes Walmdach prägen das<br />

markante Gebäude am Rand des Dörfchens<br />

Lütschental. Es handelt sich um ein Kraftwerk, in<br />

dem aus Wasserkraft Strom produziert wird.<br />

Gleichzeitig stellt dieses Bauwerk ein aussergewöhnliches<br />

Kulturgut dar: Von Funktion,<br />

Konstruktion und Volumen her gilt es als einzigartig.<br />

Deshalb steht es unter Denkmalschutz.<br />

Sauberer Strom statt schmutzige Kohle<br />

Das Kraftwerk ist bereits seit 1908 in Betrieb. Zu<br />

jener Zeit verkehrten noch die meisten Bergbahnen<br />

mit Dampfloks, die mit Kohle beheizt wurden.<br />

Bahnpionier Adolf Guyer-Zeller, der Initiant<br />

der Jungfraubahn, ging auch auf diesem Gebiet<br />

neue Wege. Er konzipierte die Zahnradbahn von<br />

Kleine Scheidegg zum Jungfraujoch von Anfang<br />

an für elektrischen Betrieb. Weil nämlich ein<br />

grosser Teil der Strecke im Tunnel durch den<br />

Berg führt, kam ein Kohleantrieb nicht infrage.<br />

In Lütschental liess er eigens ein Wasserkraftwerk<br />

bauen, damit die Jungfraubahn selber<br />

über den nötigen Strom verfügt. Seither versorgt<br />

das Kraftwerk eine ganze Reihe von Bergbahnen<br />

in der Jungfrau Region zuverlässig mit<br />

nachhaltig produzierter erneuerbarer Energie –<br />

und zwar ohne jegliche Abgase und Rückstände.<br />

Das Wasser für den Kraftwerksbetrieb stammt<br />

aus der Schwarzen Lütschine. Es wird weiter talaufwärts<br />

in Burglauenen gefasst und in einem<br />

Stollen dem Berg entlang Richtung Lütschental<br />

geführt. Von dort stürzt es in einer stählernen<br />

Druckleitung – man sieht sie vom Zug aus<br />

ebenfalls – 160 Meter in die Tiefe hinunter zum<br />

Kraftwerk. Hier treibt es die beiden mächtigen<br />

Turbinen an. Im Sommer, wenn der Schnee<br />

auf den Bergen schmilzt, führt die Schwarze<br />

Lütschine am meisten Wasser. Dann können<br />

pro Sekunde bis zu 8500 Liter für die Stromproduktion<br />

genutzt werden – eine beachtliche<br />

Wassermenge: Damit könnte man in einer<br />

einzigen Minute gleich 200 olympische<br />

Schwimmbecken füllen.<br />

Strom für Bahnen, Hotels und<br />

Haushalte<br />

2011 wurden die alten, mittlerweile über hundertjährigen<br />

Turbinen durch neue, wesentlich<br />

leistungsfähigere Maschinen ersetzt. Jetzt produziert<br />

das Kraftwerk Lütschental pro Jahr rund<br />

55 Millionen Kilowattstunden Strom. Damit<br />

könnten insgesamt 15 000 Haushalte versorgt<br />

werden. Für die Jungfraubahnen ist diese Energiemenge<br />

jedenfalls mehr als genug. Ihr Jahresbedarf<br />

beträgt 37 Millionen Kilowattstunden.<br />

Mit dem Strom, der in Lütschental gewonnen<br />

wird, fahren sowohl die Züge der Jungfraubahn<br />

als auch jene der Wengernalpbahn, der Mürrenbahn,<br />

der Berner Oberland-Bahn und der<br />

Schynige Platte-Bahn. Die Hotels, Restaurants<br />

und Bahnhöfe auf Wengernalp, Kleine Scheidegg,<br />

Alpiglen, Eigergletscher und natürlich auf<br />

dem Jungfraujoch werden ebenfalls damit versorgt,<br />

ferner die Gemeinden Gündlischwand<br />

und Lütschental sowie einige umliegende<br />

Alpen. Je nach Jahreszeit bleibt am Schluss<br />

immer noch Energie übrig. Diese wird ins öffentliche<br />

Stromnetz abgegeben. Im Winter hingegen,<br />

wenn bedeutend weniger Wasser fliesst,<br />

können nicht alle Bahnen und Skilifte mit<br />

Energie aus Lütschental versorgt werden. Dann<br />

beziehen die Jungfraubahnen zusätzlich Strom<br />

aus der öffentlichen Versorgung.<br />

Betriebsleiter des Kraftwerks Lütschental ist Nils<br />

von Allmen aus Lauterbrunnen. Zusammen mit<br />

seiner zehnköpfigen Equipe stellt er nicht nur<br />

den Kraftwerksbetrieb sicher, sondern sorgt mit<br />

permanenten Kontroll- und Instandhaltungsarbeiten<br />

auch dafür, dass der Strom zuverlässig<br />

zu den verschiedenen Bergbahnen gelangt –<br />

damit die Besucherinnen und Besucher an<br />

365 Tagen im Jahr sorglos und bequem zum<br />

«Top of Europe» gelangen können.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!