[Hegemann_Helene]_Axolotl_Roadkill(BookZZ.org)
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Während er noch versucht, dem Impuls zu widerstehen,<br />
sich diesmal nicht auf die Seite einer knallneurotischen<br />
Schuldirektorin zu schlagen, sondern auf die eines<br />
Problemkindes, das v<strong>org</strong>ibt, durchreflektiert und<br />
deswegen unangreifbar zu sein, beende ich das Telefonat.<br />
Ich gebe ihm sein Handy wieder und mit einer lässigen<br />
Geste gleichzeitig fünf verschiedene Dinge zu<br />
verstehen: Von mir wird erwartet auf der Stelle alarmiert<br />
die Hufe zu schwingen, Frau Pegler ist eine unsichere<br />
Scheißfotze deren pädagogisches Fehlverhalten<br />
zwar unangebracht, aber nachvollziehbar ist, Sie sind<br />
ein echt cooler Lehrer und mir voll sympathisch, Ihre<br />
Frisur ist auch total cool, das von Ihnen vor unserem<br />
wirklich interessant gestalteten Konzentrationslagerbesuch<br />
ausgeteilte Arbeitsblatt werde ich zu Hause ausfüllen<br />
und übernächstes Jahr fehlerfrei im Rahmen eines<br />
meine folgenden dreihundert Fehltage ausgleichenden<br />
Referats der kompletten Klassengemeinschaft<br />
präsentieren. Herzlichen Dank, dass Sie sich darüber<br />
gefreut haben, mich zu sehen.<br />
Der Regionalzug, in dem ich zwanzig Minuten später<br />
sitze, heißt Helmut Schmidt.<br />
Ich versuche, mich zurück in die Grundstimmung<br />
des letzten Jahres zu steigern. Ein Zustand, in dem mir<br />
vor lauter produktiver Sentimentalität nichts anderes<br />
übrigblieb, als nachts mit Bleigewichten an den Knöcheln<br />
vor dem Spiegel auf in Techno gemixte Geigenpassagen<br />
zu tanzen. Jeder Track war eine Herausforderung.<br />
Ich hätte Strom gefressen, um länger als achtundvierzig<br />
Stunden ekstatisch über einen vollgekotzten<br />
Dancefloor springen zu können. Eine Zeit, in der<br />
fremde Leute im Regionalexpress »Krasse Choreogra-<br />
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