[Hegemann_Helene]_Axolotl_Roadkill(BookZZ.org)

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16. Juni Ich kann nicht mehr geradeaus laufen. Die S-Bahn fährt irgendwie ziemlich verschwommen ein, und drinnen ist es sauheiß, wir ziehen unsere Sweatshirtjacken zur Hälfte auf und ergattern einen Vierer. Lauter Superkleinstfamilien mit Karohemden in allen Variationen sind am Start, die die ganze Zeit einen auf »gerührt« machen, sobald unweigerlich irgendeiner ihrer Blicke auf mich fällt. Ich sitze dort jetzt also, in meinem Kopf herrscht eine Wahnsinnsleere, alles ist irgendwie in Ordnung, und da ist sozusagen nur noch weiß in meinen Augen. Die Pupillen driften die ganze Zeit weg. Alles, passiert, halt, irgendwie. Irgendwann dann eine Bank im Volkspark, und Edmond, Annika und ich starren schwerstbekifft auf ein paar Häschen am gegenüberliegenden Baum. Ich erwarte komischerweise ein nachgebendes Knacken, als meine Schädeldecke von so etwas wie einem Baseballschläger zertrümmert wird und ich vornüberstürze. Geräusche gibt es seit neuestem sowieso nicht mehr. Ich heule vor Schmerz, greife nach meinem Kopf und krieche lärmend durch verstreuten Müll auf der Wiese rum, ich atme aus, und hellweißer Rauch zieht einen gepflegten Sandweg entlang, verschwindet im Schatten des Baumes und kommt nach kurzer Zeit wieder zu uns zurück, bis wir von einer bleigrauen Wolke umhüllt sind. Wahnsinnswetter übrigens, es ist vielleicht Sonntag, im äußersten Fall Mittwoch. Eine Gruppe in pinkfarbenem Sportdress gekleideter Frauen joggt lachend vorbei. Mein Handy klingelt. Edmond und Annika gucken sich irgendwie komisch an, und als mein Vater 202
am anderen Ende der Leitung sagt: »Kleinchen, ich muss dir mal kurz was vorlesen!«, tritt bei mir mal wieder so ein paranoider Schub zutage. »Was denn?« »Bei mir wurde doch gestern der Ofen aus dem Schlafzimmer gerissen, die Wohnung quillt über mit Abdeckplanen und ein ausgekippter Bauschutteimer ist auch am Start. Jedenfalls, hinter dem Ofen an der Wand, wo früher das riesige Bild hing mit dem Laubwald, sind so alte Zeitungen von 1960, und da steht: Lieber Juri Gagarin, UdSSR, wir beglückwünschen Sie zu Ihrem großen Erfolg! Schon immer hat die Menschheit davon geträumt, in den Weltraum zu fliegen!« »Das ist aber schön.« »Willst du nicht kurz vorbeikommen?« Auf dem Weg zu unserem Vater reden wir kein Wort miteinander. Wir haben den ganzen Tag noch kein Wort miteinander gewechselt, aber plötzlich geht diese Stille nicht mehr aus purer Langeweile hervor, sondern aus etwas anderem, Beunruhigenderem. Als wären die beiden in einen Plan involviert, der sich gegen mich richtet und ihnen deswegen ein schlechtes Gewissen macht. Die Wohnung ist sanierungsbedingt in einem ganz, ganz schlimmen Zustand. Franziska trägt ein weißes T-Shirt und bittet uns pseudounangestrengt rein. Als ich aufs Klo gehen will, steht mein Vater nackt mit dem Rücken zu mir am Waschbecken und sagt: »Kannst du kurz draußen warten?« Ich sage: »Zahnseide im Badezimmer ist ja eigentlich echt unsexy, aber so als Raubfisch getarnt wirkt das schon irgendwie dekorativ.« 203
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Helene Hegemann AXOLOTL ROADKILL Ro
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O.k., die Nacht, wieder mal so ein
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Eine Stunde nach Schulschluss stehe
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Ich fange offenbar echt an, die wic
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eschissen‘ steht. Edmond entwirft
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sungsexzess breit. Die guckt mich a
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sere Nachbarn ausgeraubt wurden. Ei
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on des zur Frau gewordenen Sputnik-
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kurz mal zu distanzieren, sie wollt
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zu dem er angeblich eine ziemlich g
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komme bereits nach zehnminütiger,
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schen Anfall hat, der sie töten wi
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ein einziges kleines Fenster im kom
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gangen, konnte nicht mehr sprechen,
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mit jemandem schlafe, sind die Ger
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einer Betoncouch winken uns zwei hy
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schenwelten sind mein einziger Bezu
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gummikauend wie in so einem Rockbal
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sprechen. Du wusstest, dass ich mir
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Gena Rowlands als Frau unter Einflu
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menbrechen, das weiß sie, das wei
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auscht. Als würde ich an einer Aut
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»Es gibt doch so ein Phantasma, da
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Wir sitzen in dem stark frequentier
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Haarfarbe schwarz ist und sich übe
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eich und Darkroom entscheiden, alle
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Erst nach ein paar Schritten in die
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»Naja. Tina hat es ja auch gelesen
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lett ohne Drogen, wo sein Gehirn si
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pier kaufen.« »WAS?« »Auf Wiede
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was ziemlich Opernmäßiges. Ich dr
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so einer Wahnsinnsatemnot zurück i
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»Wo ist Annika?« »Bei der Arbeit
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man: Scheiße, nein, man muss das a
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dann Menschen, die sich genauso vie
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Annikas Schambehaarung ist unter al
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gestampft ist. Matsche und Partikel
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Flimmern durchzuckt wird. Es geht u
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nachfüllbaren Elektronik-Langfeuer
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Ich zucke mit den Schultern. Würde
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Wohnungstür geprügelt, sie hat mi
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Kleines, Böses zurückbleibt und s
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Ich frage: »Entschuldigung, aber w
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Annika kann natürlich total verste
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»Sie hat gesagt, dass ich das Best
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und waren alle ziemlich verwirrt.
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Tschüsi.« Annika nur so: »Spinnt
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wenn es diese Momente gibt, in dene
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Die soziale Lüge Wenn ich lüge, d
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Annika: Mifti? Lars: Mifti? Scheiß
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tiv, dass es eine ganz wilde Sache
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dir zu tun hat, hat dich besiegt. M
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»Genau. Sie jedenfalls so: >Dann w
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schein einer kathartischen Wirkung
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phie« tuschelten, anstatt mich nic
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»Nein.« »Meinen Sie das wirklich
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und ihr habt gesagt: ‚Nein, wir k
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»Mann, Annika, das tut mir echt le
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um, dass ich nur ungefähr fünf Me
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GASAG kommt. Der Rest ist doch einf
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lenfarben gehaltenen Scheißhaus, d
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Papa, da krieg ich nur Selbstmordge
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obachtungen der letzten Stunden. Es
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itterlich, schmiss Blumenkästen du
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wäre es ihr peinlich, von dem heut
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pullover und eine dreckige Unterhos
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obachte ich entgeistert, wie mein v
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schloch stellt sich währenddessen
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Jemand macht sich siegesgewiss an u
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dium, das heißt, es wird einfach n
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Seite 208 und 209: um 16 Uhr 42 kommentarlos seinen Ko
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Seite 216 und 217: das echte Liebe ist und echter Hass
Seite 218 und 219: Ich bemerke auch nicht, dass sie mi
Seite 220: einschiebe. Es macht mich wirklich
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