[Hegemann_Helene]_Axolotl_Roadkill(BookZZ.org)
[Hegemann_Helene]_Axolotl_Roadkill(BookZZ.org)
[Hegemann_Helene]_Axolotl_Roadkill(BookZZ.org)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
vor mir, die in diesem Augenblick der hässlichste<br />
Mensch zu sein schien, den ich je ge sehen hatte. Als<br />
ich in ihr das alleinerziehende Elternteil meiner Klassenkameradin<br />
Charlene Kaplitz-Pittkowski erkannte,<br />
sprang ich trotz der Schmerzen auf und richtete mir reflexartig<br />
die Haare.<br />
»Dein Vater hat mich angerufen.«<br />
»Was?«<br />
Sie war Chemielehrerin und monatelang wütend auf<br />
mich gewesen, weil ich Charlenes siebenjährigem Bruder<br />
ein in ihren Augen gewaltverherrlichendes Lara-<br />
Croft-Badehandtuch geschenkt hatte.<br />
»Dein Vater hat mich angerufen.«<br />
»Warum hat mein Vater dich angerufen?«<br />
»Er hat gesagt, du kommst nicht in deine Wohnung<br />
rein. Und dass du vermutest, deine Mutter sei tot.«<br />
Weil ich schwach war, nickte ich.<br />
»Ich kümmere mich darum, o. k., Mifti? Guck mich<br />
mal an.« »Ahm ...«<br />
»Du gehst jetzt zu Charlene, die wartet auf dich und<br />
hat schon Schmetterlingsnudeln mit Butter und Zucker<br />
gekocht, die ihr dann essen könnt.«<br />
Anstatt ihr meine Gedärme ins Gesicht zu kotzen,<br />
kapitulierte ich und trat den fünfminütigen Fußmarsch<br />
zu dem soliden Mehrfamilienhaus an, in dem Charlene<br />
Kaplitz-Pittkowski gemeinsam mit ihrer Familie ein<br />
Vierzimmerparadies mit Wintergarten bewohnte. Ich<br />
musste über einen Spielplatz und danach durch eine<br />
Schrebergartenanlage humpeln. Mein Bein tat so weh,<br />
dass ich es am liebsten abgehackt hätte. Als mir Charlene<br />
in ihrer blauweißgestreiften Strumpfhose verschüchtert<br />
die Tür öffnete, wirkte sie beinahe so, als<br />
135