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Das Persische Weltreich - Historisches Museum der Pfalz Speyer

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die königliche Vorratshaltung zu sorgen, Arbeitsgruppen im Lande zu verteilen, wo und<br />

wofür auch immer sie benötigt wurden. Er führte die Oberaufsicht über Steuer- und<br />

Pachtabgaben. Sein Vertreter war <strong>der</strong> Vizemarschall, <strong>der</strong> im Rang, was man an <strong>der</strong> Bezahlung<br />

sehen kann, deutlich unter ihm stand, <strong>der</strong> jedoch im Grunde mehr Aufgaben als sein Chef zu<br />

erfüllen hatte. Teilte <strong>der</strong> Hofmarschall die Arbeiter für verschiedene Aufgaben im Reich ein<br />

und legte ihre Bezahlung fest, musste sich <strong>der</strong> Vizemarschall um die praktische Durchführung<br />

kümmern, damit alles, wie vorgesehen, klappte. Hofmarschall und Vizemarschall waren auch<br />

außer dem König die einzigen, die für reisende Beamte einen Reisepass ausstellen durften.<br />

Weitere Reiseunterlagen, die dem betreffenden Beamten ausgehändigt wurden, waren<br />

Gutscheine für Reiseproviant, die an den Poststationen auf seiner Reiseroute eingelöst<br />

wurden. Natürlich musste er den Empfang quittieren, was wie<strong>der</strong>um auf Tontäfelchen<br />

geschah, die vom Empfänger des Proviants wie auch von dem, <strong>der</strong> ihn ausgab, gesiegelt<br />

werden mussten. Die Beamten trugen ihr Siegel, wie es Darstellungen belegen,<br />

praktischerweise um den Hals, damit sie es immer zur Hand hatten. Es hatte entwe<strong>der</strong> die<br />

Form eines Stempels o<strong>der</strong> die eines Zylin<strong>der</strong>s, <strong>der</strong> in seiner Längsachse durchbohrt war.<br />

Durch diese Bohrung konnte man eine Schnur ziehen. <strong>Das</strong> Siegel bestand normalerweise aus<br />

Halbedelstein und konnte noch in Gold o<strong>der</strong> Silber gefasst sein. Bescheidenere Rollsiegel<br />

waren aus Knochen, Horn, Elfenbein o<strong>der</strong> auch gebranntem Ton. In die Oberfläche waren<br />

geometrische Muster o<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> - Jagdszenen o<strong>der</strong> Themen aus dem religiös-kultischen<br />

Bereich - eingeschnitten, die sich beim Abrollen des Siegels im weichen Ton abdrückten.<br />

Beispiele für persische Siegel 37 sind in <strong>der</strong> Ausstellung zu sehen. Da das Siegel für jeden<br />

persönlich zugeschnitten wurde, ersetzte es die Unterschrift. Der Verlust des Siegels musste<br />

angezeigt werden. Eine solche Verlustanzeige besitzen wir vom Hofmarschall des Dareios,<br />

Farnaka, <strong>der</strong> damit auch gleichzeitig die Rechtmäßigkeit seines neuen Siegels bestätigt. Bei<br />

<strong>der</strong> Einlösung <strong>der</strong> Reisegutscheine mussten zwei Kopien angefertigt werden. Ein Exemplar<br />

blieb vor Ort, das zweite wurde zur Aufbewahrung nach Persepolis geschickt, wo sie <strong>der</strong><br />

Zufall erhalten hat. Von allen Ausgaben wurden alle zwei Monate Zwischenrechnungen<br />

angefertigt, ebenfalls in zwei Kopien, dann am Jahresende eine Endabrechnung ebenfalls in<br />

zwei Kopien. Es gab Beamte, die zur Kontrolle dieser Rechnungen durchs Land geschickt<br />

wurden. Deren Buchprüfung wurde aber wie<strong>der</strong>um überprüft. Für die Richtigkeit <strong>der</strong><br />

Jahresabrechnungen waren ein Gremium von drei Beamten verantwortlich. Einer dieser<br />

Beamten war ein „Feuerschürer“, also ein Priester. Da diese Priester wohl das beson<strong>der</strong>e<br />

Vertrauen des Königs genossen, wurden sie auch für wichtige Verwaltungsaufgaben<br />

eingesetzt. Ein weiterer wichtiger leiten<strong>der</strong> Posten war das Amt des Hofschatzwartes. Er<br />

musste die Löhne auszahlen. 19 Schatzhäuser im ganzen Land werden in den Quellen<br />

erwähnt. Diese Schatzhäuser waren nicht nur Lagerstätten für die Tribute und Steuerabgaben,<br />

son<strong>der</strong>n umfassten auch Werkstätten. Gold- und Silberschmiedearbeiten, Möbel und die<br />

kostbaren persischen Gewän<strong>der</strong> wurden dort hergestellt. Im Jahr 467 v. Chr. sollen im<br />

Schatzhaus von Persepolis 1348 Arbeiter beschäftigt gewesen sein. Bemerkenswert sind die<br />

Belege, die bezeugen, dass den Manufakturen des Schatzhauses jeweils eine Frau vorstand,<br />

die einen sehr guten Lohn erhielt, mehr als die dort tätigen männlichen Arbeiter, nämlich 50<br />

Liter Gerste, 30 Liter Wein und ein 1/3 Kleinvieh pro Monat. Aus etwa einem Liter Gerste<br />

konnte man 1 Pfd. Brot backen. Für Mütter gab es wohl 5 Monate lang eine Son<strong>der</strong>zuteilung,<br />

allerdings fiel die Son<strong>der</strong>ration größer aus, wenn die Frau einen Jungen zur Welt gebracht<br />

hatte, was auf eine größere Wertschätzung <strong>der</strong> Männer hindeuten könnte. Offenbar konnten<br />

Frauen auch Mutterschutz in Anspruch nehmen und, wenn sie wie<strong>der</strong> arbeiten wollten, auf<br />

Teilzeit gehen. Für Schwerstarbeiter gab es ebenfalls Son<strong>der</strong>zuteilungen, sog. Wunschkost.<br />

Für Männer und Frauen wurde bei gleicher Tätigkeit auch gleicher Lohn gezahlt. Da <strong>der</strong><br />

Mindestlohn für einfache Arbeiter aus einem Liter Gerste täglich bestand, Gerste aber allein<br />

37 Im Begleitprogramm des Jumus können Schüler/innen selbst Rollsiegel herstellen.<br />

18

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