Das Persische Weltreich - Historisches Museum der Pfalz Speyer
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Text II<br />
Die persische Königin Atossa erzählt dem Chor einen Traum, <strong>der</strong> sie, seit ihr Sohn nach<br />
Griechenland gezogen ist, immer wie<strong>der</strong> heimsucht:<br />
181 Es deuchte mir, <strong>der</strong> Frauen zwei in schönem Kleid –<br />
Die eine in <strong>der</strong> Perser Peplos eingehüllt,<br />
Im Dorerkleid die andre – träten vor mein Aug,<br />
An Wuchs bei weitem herrlicher als sonst die Fraun,<br />
185 An Schönheit son<strong>der</strong> Makel, Schwestern gleichen Stamms<br />
Und Bluts. Als Heimat hatten sie – die Griechenland<br />
Durchs Los erlangt, und jene wohnt´ in Asiens Reich.<br />
Die beiden fingen an – so deucht es mir im Traum –<br />
Zu streiten miteinan<strong>der</strong>. Wie´s mein Sohn erfuhr,<br />
190 Hielt fest, beruhigt´ er sie, und vor den Wagen dann<br />
Spannt er sie beide; und e i n Joch den Nacken legt<br />
Er auf. Die ein´ in solchem Schmuck hob sich voll Stolz,<br />
Und in den Zügeln hielt leichter lenkbar sie den Mund.<br />
Doch die – bäumt, stampft, und Hand um Hand des Wagens Zeug<br />
195 Packt sie und reißt´s und schleift´s gewaltsam mit sich fort,<br />
Ledig <strong>der</strong> Zügel, bricht das Jochholz mitten durch.<br />
Hinstürzt mein Sohn; sein Vater, weh, tritt neben ihn,<br />
Dareios, Jammers voll; doch kaum, dass ihn gewahrt<br />
Xerxes, reißt er die Klei<strong>der</strong> rings am Leib entzwei.<br />
(Übersetzung entnommen aus: Aischylos, Tragödien und Fragmente, übers. v. O. Werner, München 1966)<br />
Kommentar: 181: Es deuchte mir: = es schien mir<br />
182: Peplos: Mantel<br />
183: Dorerkleid: Die Dorer sind ein griechischer Volksstamm<br />
199: <strong>Das</strong> Zerreißen <strong>der</strong> Klei<strong>der</strong> ist ein Ausdruck <strong>der</strong> Trauer.<br />
1) Um welchen Gegensatz geht es in beiden Texten?<br />
2) Wen repräsentieren die beiden Frauen in Text II: Welche <strong>der</strong> beiden unterwirft sich<br />
und welche begehrt auf? Ziehe dazu auch Text I zu Rate.<br />
3) Nach welchen Kriterien wird in Text I die Macht eines Volkes beurteilt?<br />
4) Überprüfe die in Text I aufgestellten Thesen auf ihren historischen Wahrheitsgehalt.<br />
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