Seelsorge in der Schule − - Comenius-Institut
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des Evangeliums orientierten Kirche, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schulseelsorge zu <strong>der</strong> weltanschaulichen<br />
Neutralität des Staates im Lebensraum <strong>Schule</strong> verhält. Auch<br />
Säkularisierungskonzepte müssen nicht bemüht werden, um die Öffnung<br />
<strong>der</strong> weltanschaulich neutralen <strong>Schule</strong> für die Schulseelsorge zu begründen.<br />
Sie spielen nur implizit e<strong>in</strong>e Rolle, wenn die Säkularisierung <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
als Grund für die abnehmende religiöse Sozialisation <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie und die<br />
zurückgehende religiöse Sprach- und Erlebnisfähigkeit genannt wird.<br />
Es wäre allerd<strong>in</strong>gs bei e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Umgang mit dem Konzept <strong>der</strong><br />
Säkularisierung auch möglich zu behaupten, <strong>Seelsorge</strong>, d.h. die begleitende,<br />
tröstende und Orientierung gebende Zuwendung von Menschen zu an<strong>der</strong>en<br />
Menschen, die sich im Gespräch, aber auch <strong>in</strong> Vergeme<strong>in</strong>schaftungsformen<br />
wie Feiern, Riten und symbolischer Kommunikation vollzieht, sei e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong><br />
menschliches Phänomen. Sie sei e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Bildung des Individuums<br />
wie schon <strong>der</strong> Rückblick auf die Ursprünge <strong>der</strong> <strong>Seelsorge</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Philosophie<br />
Platons zeigt, wo die Selbsterkenntnis als „terapeia täs psychäs“ dem Selbstbildungsprozess<br />
<strong>der</strong> Seele des E<strong>in</strong>zelnen diente. Die christliche <strong>Seelsorge</strong> sei e<strong>in</strong>e<br />
beson<strong>der</strong>e religiöse Gestaltungsform dieser allgeme<strong>in</strong>en <strong>Seelsorge</strong> als sozialer<br />
Handlungsform. Sie habe im Abendland bis zur Gegenwart e<strong>in</strong>e große gesellschaftliche<br />
Bedeutung gehabt, den sie jedoch im Zuge <strong>der</strong> Säkularisierung<br />
zunehmend e<strong>in</strong>gebüßt habe. <strong>Seelsorge</strong>, die an <strong>der</strong> öffentlichen <strong>Schule</strong> präsent<br />
sei, müsse von daher eher als e<strong>in</strong>e Funktion <strong>der</strong> Gesellschaft verstanden<br />
werden. In e<strong>in</strong>er multioptionalen Gesellschaft, <strong>in</strong> welcher <strong>der</strong> Staat, auch die<br />
öffentliche <strong>Schule</strong>, auf e<strong>in</strong>e Vielzahl religiöser Bekenntnisse und Weltanschauungen<br />
Rücksicht zu nehmen habe, sei Schulseelsorge daher als e<strong>in</strong> Angebot<br />
<strong>der</strong> öffentlichen <strong>Schule</strong> anzubieten, das Lebensbegleitung, soziales Lernen und<br />
Geme<strong>in</strong>schaftsbildung, Werteorientierung im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Schule</strong>ntwicklung<br />
und Bildung e<strong>in</strong>er humanen Schulkultur zum Ziel hat. Christliche Angebote<br />
müssten sich dann <strong>in</strong> dieses allgeme<strong>in</strong>e schulische Angebot e<strong>in</strong>fügen und ihren<br />
Beitrag dazu leisten. Als Maßstab dafür wären dann allgeme<strong>in</strong>e Kriterien<br />
<strong>der</strong> Humanität und Sozialität plausibel, nicht jedoch b<strong>in</strong>nenchristliche Gründe<br />
wie die „Kommunikation des Evangeliums“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> diakonische Auftrag<br />
<strong>der</strong> Kirche für an<strong>der</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachfolge Jesu.<br />
Noch werden solche Argumente kaum laut. Theorie und Praxis <strong>der</strong><br />
Schulseelsorge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Deutschland <strong>der</strong>zeit noch nicht weit genug entwickelt,<br />
als dass es lohnend erschiene, solche kontroversen Begründungsdebatten zu<br />
führen. Dies könnte sich än<strong>der</strong>n, wenn unter dem Druck <strong>der</strong> wachsenden sozialen<br />
Verunsicherung an den <strong>Schule</strong>n das öffentliche und staatliche Interesse<br />
sich verstärkt auch <strong>der</strong> Schulseelsorge zuwendet und ihr konfessionell-kirchlicher<br />
Charakter zunehmend <strong>in</strong> Frage gestellt wird. Auch sche<strong>in</strong>t das Paradigma<br />
des Religionsunterrichts für den Staat ebenfalls <strong>in</strong> Sachen Schulseelsorge<br />
implizit handlungsleitend: Kirche und <strong>Schule</strong> kooperieren <strong>in</strong> ihr als e<strong>in</strong>er „res<br />
mixta“, wobei die <strong>Schule</strong> für den Dienst <strong>der</strong> <strong>Seelsorge</strong> Raum gibt, dieser jedoch<br />
von den Religionsgeme<strong>in</strong>schaften verantwortet wird. Dies zeigt sich z.B.<br />
im Bundesland Hessen, wo die Öffnung <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> für außerschulische Partner<br />
im §16 des Schulgesetzes geregelt und die Schulseelsorge im Erlass zum<br />
RU aus dem Jahr 1999 als e<strong>in</strong> geeignetes Projekt <strong>der</strong> Kooperation zwischen<br />
Kirche und <strong>Schule</strong> bezeichnet wird. Wo sich diese Praxis bewährt und diese<br />
Art <strong>der</strong> Begründung trägt, dort können sich die Kirchen dann gut und gerne