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Allergie und Beruf 20 a l l e r g i c a - W o r k s h o p: D a s I n t e r v i e w Allergien bei Kindern in öffentlichen Betreuungseinrichtungen In Deutschland ist bereits jedes dritte Kind Allergiker. Allergische Erkrankungen wie Asthma bronchiale, Neurodermitis, Pollen- und Nahrungsmittelallergie nehmen stetig zu. Viele Kinder sind mehrfach sensibilisiert. Erzieher und Lehrer in Kindergarten, Schule und anderen Betreuungseinrichtungen sind daher zunehmend gefordert, adäquat auf diese Situation zu reagieren. Der Informationsbedarf ist groß. Dies zeigte sich bei einem Workshop für BetreuerInnen von betroffenen Kindern und Jugendlichen anlässlich der allergica, der Fach- und Publikumsmesse, die sich speziell dem Thema Allergien und Atemwegserkrankungen widmet. Bettina A. Geßlein, Redakteurin des PAAN JOURNALS fragte Andrea Schulze, Erzieherin in einer integrativen Einrichtung für Kinder mit und ohne Behinderungen in Frankfurt und Teilnehmerin an dem Workshop nach ihren Eindrücken. Unsere Interviewpartnerin, die Erzieherin Andrea Schulze plädiert eindeutig für mehr „Allergie-Fortbildung“ für ihren Berufszweig. Was sie hier an einer Puppe demonstriert, ist auch effektiv für Neurodermitisbabys: Massage zur Verbesserung der Mutter-Kind-Bindung Jahrgang 3, Ausgabe 1/2004 PAAN JOURNAL
Frau ? Schulze, gibt es in dem Kindergarten, in dem Sie arbeiten, Kinder mit Allergien und wenn ja, wie wurden Sie darauf aufmerksam? A.S.: Ja, wir haben allergische Kinder in unserer Einrichtung. Vor Aufnahme eines Kindes wird grundsätzlich ein Gespräch mit den Eltern geführt, in dem auch eventuelle Erkrankungen zur Sprache kommen. So werden wir im Allgemeinen auf eine bestehende Allergie bei einem Kind aufmerksam gemacht. Die andere Möglichkeit ist, dass wir selbst bei einem Kind Auffälligkeiten wie ungewöhnliche Hauterscheinungen, Juckreiz, ständig laufende Nase oder Verhaltensänderungen beobachten, die auf eine allergische Reaktion hinweisen könnten. ? Welche Allergien kommen am häufigsten vor? A.S.: Am häufigsten begegnet uns im Kindergarten die Pollenallergie mit den typischen Symptomen wie tränende Augen und rinnende Nase. Auch Asthma und Neurodermitis kommen vor. ? Kennen Sie KollegInnen, die mit dem Problem Allergie im Berufsalltag konfrontiert sind? A.S.: Unsere Kindertagesstätte arbeitet offen, somit haben alle Bezugspersonen mit allen Kindern Kontakt und werden mit den vielfältigen Krankheiten (z. B. Allergien) konfrontiert. ? Wurden in Ihrer sozialpädagogischen Ausbildung Grundkenntnisse über Kinderkrankheiten vermittelt und das Thema Allergien behandelt? Wenn ja, fanden Sie die Informationen ausreichend und für den Umgang in der praktischen PAAN JOURNAL Arbeit mit Kindern hilfreich? A.S.: Meine Ausbildung liegt erst einige Jahre zurück. Im Rahmen des Biologie-Unterrichts wurden Grundkenntnisse über Kinderkrankheiten vermittelt, Allergien wurden dabei jedoch nicht angesprochen. Leider wird das Thema Allergie als häufige Erkrankung der Kindheit noch zu sehr vernachlässigt. Ich habe keinerlei Informationen aus der Berufsausbildung, auf die ich zurückgreifen könnte und muss mir selbst die erforderlichen Kenntnisse aneignen. ? Beeinflusst die Anwesenheit allergischer Kinder den Gruppenprozess? Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für Ihre Gruppenarbeit? Versuchen Sie Angebote zu machen, die allen Kindern gerecht werden, sodass Allergiker sich nicht ausgeschlossen fühlen? A.S.: Zu dieser Frage muss ich sagen, dass die Integration in unserer Einrichtung für behinderte und nicht behinderte Kinder natürlich grundsätzlich im Vordergrund steht. Um dieses Ziel zu fördern, arbeiten wir in offenen Gruppen; die Kinder können frei entscheiden, welche Angebote sie annehmen wollen, sodass es eine kontinuierliche Arbeit mit einer festen Gruppe selten gibt. Wenn ein Kind Allergiker ist, fällt dies nicht besonders auf, da unsere Kinder auf Grund ihrer vielfältigen Behinderungen (von leicht bis schwerst mehrfach behindert) ohnehin sehr individuelle Bedürfnisse haben, auf die wir mit spezifischen Angeboten eingehen. Eine Ausgrenzung auf Grund einer Allergie konnte ich noch nicht beobachten. ? Greifen Sie das Thema Allergie situationsbezogen auf und nutzen es als Chance (noch) nicht betrof- fene Kinder und deren Eltern darüber zu informieren? A.S.: Ja, das Thema kann dann aktuell werden, wenn beispielsweise ein Kind Geburtstag hat. Unsere Kinder dürfen sich immer eine besondere Aktivität zu ihrem Geburtstag wünschen. Dies kann ein Schwimmbad-, ein Zoobesuch, eine Rasierschaumparty etc. sein. Wenn ein allergisches Kind an der Feier auf Grund seiner Erkrankung nicht teilnehmen kann, besprechen wir gemeinsam mit dem einladenden Kind, ob es eventuell einen Kompromiss gibt oder wie wir das Problem lösen können, damit das allergische Kind auf jeden Fall teilnehmen kann. Bisher haben wir immer eine Möglichkeit gefunden, alle einzubeziehen. Kinder sind da oft wesentlich kooperativer, als wir Erwachsene manchmal denken. ? Wie sollte eine sinnvolle Elternarbeit aussehen? A.S.: Im Rahmen eines Elternabends könnte das Thema Allergie aufgegriffen werden. Man sollte dabei aber nicht so sehr die Einschränkungen, die mit der Erkrankung verbunden sind, herausstreichen, sondern Alternativen aufzeigen und vermitteln, dass ein Kind dennoch - unter Berücksichtigung seiner Krankheit - glücklich aufwachsen kann. Zum Beispiel muss der bei vielen Allergien erforderliche Verzicht nicht unbedingt ständig überbetont werden. Ein regelmäßiger Austausch mit den Eltern ist selbstverständlich. Vor allem sollte den Eltern eines allergischen Kindes das Gefühl gegeben werden, dass man sie ernst nimmt, denn sie kennen ihr Kind am besten. Dieses Vertrauen ist auch gerade dann wichtig, wenn man als Erzieherin selbst die All- Jahrgang 3, Ausgabe 1/2004 Allergie und Beruf 21
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