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Gründung 1953 die Aufgabe, die Bevölkerung<br />
in Deutschland wissenschaftlich fundiert über<br />
eine gesundheitsfördernde Ernährung aufzuklären.<br />
„Dieses Maß wird nicht erreicht“,<br />
erklärt Peter Stehle, Präsident der DGE und<br />
Direktor des Instituts für Ernährungswissenschaft<br />
der Universität Bonn.<br />
Die Bio-Welle schützt nicht vor falscher Ernährung.<br />
So ist allen guten Ratschlägen zum<br />
Trotz in Kantinen das beliebteste Essen seit<br />
Jahren Schnitzel mit Pommes frites, gefolgt<br />
von Currywurst. „Die Deutschen essen zu viel,<br />
zu fett, zu süß“ – zu diesem Ergebnis kommt<br />
die „Nationale Verzehrstudie“. Die erste repräsentative<br />
Erhebung seit 20 Jahren stellt fest,<br />
wie die Deutschen sich ernähren. Im Auftrag<br />
des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft<br />
und Verbraucherschutz befragten<br />
Forscher des Max Rubner-Instituts 20 000<br />
Bundesbürger zwischen 14 und 80 Jahren. Die<br />
Deutschen gaben Auskunft über ihr Wissen<br />
rund um das Thema Ernährung, ihr Einkaufsverhalten<br />
und ihre Kochkünste. Sie wurden<br />
gewogen und gemessen – und für zu schwer<br />
befunden: Mehr als zwei Drittel der Männer<br />
und 51 Prozent der Frauen sind übergewichtig,<br />
jeder Fünfte ist fettleibig.<br />
Für Kinder gilt Ähnliches: In der Altersgruppe<br />
der 3- bis 17-Jährigen ermittelte das Robert<br />
Koch-Institut 15 Prozent Übergewichtige,<br />
weitere sechs Prozent leiden an Fettleibigkeit<br />
(medizinisch: Adipositas). Besonders betroffen<br />
sind Kinder und Jugendliche aus Familien<br />
mit niedrigem sozialen Status und niedriger<br />
Schulbildung. Dieser Zusammenhang trifft<br />
auch auf Erwachsene zu: Unter den Bürgern<br />
mit Hauptschulabschluss gibt es fast doppelt<br />
so viele Übergewichtige wie unter denjenigen<br />
mit Abitur.<br />
<strong>DAAD</strong> <strong>Letter</strong> 2/08<br />
Werbeverbot für Süßigkeiten?<br />
Da Fettleibigkeit nicht nur ein Schönheitsproblem<br />
ist, sondern das Risiko steigert, an Diabetes,<br />
Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Krebs<br />
zu erkranken, hat Bundesernährungsminister<br />
Horst Seehofer im Juni 2008 einen „Nationalen<br />
Aktionsplan Ernährung“ ins Leben gerufen.<br />
Gemeinsam mit Gesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt will er bis 2020 durch Werbekampagnen<br />
für eine gesundheitsbewusstere<br />
Ernährung und mehr Bewegung sorgen und<br />
einheitliche Qualitätsstandards für das Essen<br />
in Kantinen festlegen. Der Aktionsplan „In<br />
Form“ empfiehlt außerdem den Verzicht auf<br />
Werbung für Süßigkeiten. In den kommenden<br />
drei Jahren haben beide Ministerien 30 Millionen<br />
Euro für die Aufklärungsarbeit eingeplant.<br />
An gesetzgeberische Maßnahmen zur Durchsetzung<br />
der Ziele ist allerdings ebenso wenig<br />
gedacht wie an ein Schulpflichtfach Ernährung.<br />
„So werden übergewichtige Kinder nicht<br />
erreicht“, sagte die Grünen-Politikerin Bärbel<br />
Höhn in den Medien. Die frühere Vorsitzende<br />
des Bundestagsausschusses für Ernährung,<br />
TITEl<br />
Landwirtschaft und Verbraucherschutz fordert<br />
ein Werbeverbot für Süßigkeiten im Fernsehen<br />
am Nachmittag, sowie eine Ampel-Kennzeichnung<br />
von Lebensmitteln, bei der die Farben<br />
Rot, Gelb oder Grün zeigen, wie hoch der Anteil<br />
von Fett, Zucker oder Salz ist. So könnten<br />
die Verbraucher auf einen Blick sehen, ob zu<br />
viele Kalorien in einem Produkt sind.<br />
Diese Ampel-Kennzeichnung – in Großbritannien<br />
bereits eingeführt – stößt bei Wissenschaftlern<br />
auf Kritik. DGE-Präsident Peter<br />
Stehle hält wenig von der Bewertung. „Die<br />
Grenzwerte, wann ein Produkt einen roten,<br />
gelben oder grünen Punkt erhält, lassen sich<br />
wissenschaftlich nicht belegen. Eine objektive<br />
Aussage ist nicht möglich. Worum geht<br />
es? Wollen wir Diabetes, Übergewicht oder<br />
Osteoporose vermeiden? Je nachdem fallen<br />
die Einstufungen der Lebensmittel ganz unterschiedlich<br />
aus“, sagt der Ernährungswissenschaftler.<br />
Ein Schulfach Ernährung als na-<br />
Gemeinsame Mahlzeit in der Familie: Immer seltener sitzen alle an einem Tisch<br />
turwissenschaftliches Grundlagenfach, „wie<br />
Physik, Chemie oder Biologie“ befürwortet<br />
Peter Stehle dagegen, wenn es um nachhaltige<br />
Aufklärung gehen soll.<br />
Schnitzel zum Toasten<br />
Tatsächlich sind die Verlockungen in der Werbung<br />
und im Supermarkt übermächtig. Die<br />
Lebensmittelindustrie arbeitet ständig an neuen<br />
Kreationen, um ihren Umsatz zu steigern:<br />
180 000 verschiedene Produkte buhlen um die<br />
Aufmerksamkeit der Verbraucher, Tendenz<br />
weiter auf Seite 13<br />
Foto: Pixland/F1 ONLINE<br />
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