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HANS WERNER HENZE - Schott Music

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18<br />

F<br />

ehrbellin und Berlin, 1675. Der junge Prinz von<br />

Homburg sieht sich in einer der traumwandlerischen<br />

Entrückungen, in die er von Zeit zu Zeit<br />

verfällt, als Sieger der bevorstehenden Schlacht. Noch<br />

gefangen von seinen Träumen, missversteht er einen<br />

Scherz des Kurfürsten und wähnt sich von diesem mit<br />

seiner Nichte Natalie zusammengeführt, die er innig<br />

liebt. Als sich Natalie ihm entzieht, überhört er in seiner<br />

Verwirrung die Order des Feldmarschalls, erst auf<br />

ausdrücklichen Befehl des Kurfürsten in die Schlacht<br />

einzugreifen.<br />

Der Prinz beobachtet das Schlachtgeschehen und gibt<br />

eigenmächtig den Angriffsbefehl für sein Regiment.<br />

Die Schlacht endet mit einem glänzenden Sieg; allerdings<br />

gilt der Kurfürst als gefallen. Der Prinz versichert<br />

Natalie und die Kurfürstin seiner Unterstützung, als<br />

der Kurfürst unerwartet erscheint; ihm wurde nur das<br />

Pferd unter dem Leib weggeschossen. Er lässt den<br />

Prinzen wegen Ungehorsams verhaften.<br />

Das Kriegsgericht verhängt das Todesurteil gegen den<br />

Prinzen. Natalie soll als Friedenspfand mit dem König<br />

von Schweden vermählt werden. Der Prinz bittet bei<br />

der Kurfürstin um Gnade; auch Natalie wendet sich<br />

mit einem Gnadengesuch an den Kurfürsten. Dieser<br />

stellt eine Bedingung: Wenn der Prinz das Urteil als<br />

ungerecht bezeichne, werde er ihn begnadigen.<br />

Dies lehnt der Prinz ab; er ist bereit, für sein Versäumnis<br />

zu büßen. Der Kurfürst befragt die Offiziere, ob<br />

der Prinz noch ihr Vertrauen besitze, was diese ohne<br />

Einschränkung bejahen. Daraufhin zerreißt er das Todesurteil.<br />

Der Wirklichkeit entrückt, erwartet der Prinz seinen<br />

Tod. Unbemerkt nähern sich der Kurfürst und sein<br />

Hof, unter ihnen Natalie, die dem Prinzen einen Lorbeerkranz<br />

aufsetzt. Sein Traum ist Wirklichkeit geworden.<br />

Zur Komposition der Oper Der Prinz von Homburg<br />

wurde Henze durch Luchino Visconti angeregt, mit<br />

dem er 1957 das Ballett Maratona di Danza erarbeitet<br />

hatte. Vor allem in den Traumsequenzen schafft er mit<br />

raffinierten, flirrenden Mischklängen eine Klangwelt,<br />

die das schlafwandlerische Wesen des Prinzen in beeindruckender<br />

Weise illustriert.<br />

“<br />

Der Prinz von Homburg, unser Vetter, der<br />

märkische Hamlet, ist der Held meiner neuen<br />

Oper. […] Dass man die Welt, die Kleist in diesem<br />

Werk aufgebaut hat, von Preußentum abstrahieren<br />

kann, scheint einleuchtend. […] Im „Prinz von<br />

Homburg“ handelt es sich um die Verherrlichung<br />

eines Träumers, um die Zerstörung des Begriffs vom<br />

klassischen Helden, es geht gegen die blinde, phantasielose<br />

Anwendung der Gesetze und um die Verherrlichung<br />

menschlicher Güte, deren Verständnis<br />

auch in tiefere und kompliziertere Bezirke hineinreicht,<br />

als es „normal“ wäre, und die einem Menschen<br />

seinen Platz in dieser Welt einräumen will,<br />

obwohl er ein Schwärmer ist und ein Träumer, oder<br />

vielleicht gerade deswegen. Der Ruf „In Staub mit<br />

allen Feinden Brandenburgs!“, der am Schluß für<br />

dieses Ideal-Land ertönt, in welchem (laut Kleist!)<br />

Liebe, Verstehen, Verzeihung und Gnade eine so<br />

gewaltige Rolle spielten, richtet sich ebenfalls gegen<br />

die Starre und Indolenz der „Staatsraison“ und<br />

bildet eine schreckliche Dissonanz zu der Kabinettsorder<br />

eines diesem gelobten Lande Brandenburg<br />

vorstehenden Herrschers. [Henze spricht auf die<br />

Kabinettsorder vom 1. August 1828 an, mit der alle<br />

Aufführungen des „Prinz von Homburg“ in Brandenburg<br />

verboten wurden, A.d.R.] Es bedarf wohl kaum<br />

der Worte, um den schneidenden Doppelsinn zu<br />

erhellen. Er reicht, bedrohlich genug, bis in unsere<br />

Zeit hinein.<br />

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