HANS WERNER HENZE - Schott Music
HANS WERNER HENZE - Schott Music
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D<br />
ie Primadonna, der Heldendarsteller und der<br />
junge Tenor Clemente proben gemeinsam an<br />
einer Darstellung der mythischen Ereignisse<br />
um Venus, ihren Geliebten Adonis und den eifersüchtigen<br />
Kriegsgott Mars. Doch während der Aufführung<br />
verschwimmen die Grenzen zwischen dem Mythos<br />
und den latenten privaten Konflikten der Sänger. Der<br />
Heldendarsteller ist nämlich genauso leidenschaftlich<br />
in die Primadonna verliebt wie Mars in Venus.<br />
Als sich nach und nach eine Beziehung zwischen der<br />
Primadonna und Clemente entwickelt, empört sich<br />
der Heldendarsteller wie einst der Gott, da er die Liebe<br />
von Venus zu Adonis erkennen musste. Im gleichen<br />
Augenblick, in dem Adonis dem Mythos folgend<br />
von einem wilden Eber getötet wird, ersticht der Heldendarsteller<br />
seinen Nebenbuhler: Im Tode werden<br />
Clemente und Adonis eins. Begleitet vom Gesang der<br />
Hirten fliegt Adonis auf zum Planeten Venus.<br />
Venus und Adonis ist ein modernes Traktat<br />
über die Liebe, die Liebe zweier alternder<br />
Menschen zu einem eben heranwachsenden Jüngling,<br />
einem Knaben. Ich beschreibe große Ströme<br />
von Emotionen, die die Menschen zwar wahrscheinlich<br />
immer gekannt haben, die sich aber womöglich<br />
jetzt, in unserer Zeit, anders darstellen. Das<br />
fängt beim Klanglichen an. Und ich versuche – das<br />
hat mich als Aufgabe interessiert – eine Musik von<br />
heute in ihrer ganzen Vehemenz (und auch in ihrem<br />
ganzen Anspruch) auf der Basis eines allgemein bekannten<br />
Stoffes und mit Hilfe eines ganz einfachen,<br />
klassischen Form-Vehikels auszutragen.<br />
T<br />
“ “<br />
he prima donna, the heroic actor and the young<br />
tenor Clemente are rehearsing for a performance<br />
of the mythical tale of Venus, Adonis<br />
and Mars which relates the love between the godess<br />
Venus and the handsome youth Adonis. This incurs<br />
the displeasure and jealousy of the god Mars and<br />
culminates in the death of Adonis who is attacked<br />
by a boar. During the performance, the boundaries<br />
between the myth and the singer’s private conflicts<br />
become blurred: the heroic actor is just as enamoured<br />
of the prima donna as his persona Mars is of Venus.<br />
Following initial restistance, a relationship between<br />
the prima donna and Clemente develops, causing the<br />
heroic actor to be as outraged as was Mars at the sight<br />
of Venus and Adonis together. In the same moment as<br />
Adonis is killed by the boar, the heroic actor stabs Clemente.<br />
In death, Clemente and Adonis become one.<br />
Accompanied by shepherd songs, Adonis is transported<br />
to the planet Venus.<br />
Venus and Adonis is a modern treatise on<br />
love: the love of two ageing persons for an<br />
adolescent boy, a youth. I describe great currents<br />
of emotion which have probably always been familiar<br />
to humans, but are possibly now portrayed<br />
differently in our time. This begins with their tonal<br />
representation. I also attempt – and this has been of<br />
special interest to me – to create music of our time<br />
in its unmitigated vehemence (and also in its entire<br />
range) on the basis of a generally familiar plot with<br />
the aid of a simple, classical formal vehicle.<br />
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