Fulda Informiert - Nr. 57 - in Fulda
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F • U • L • D • A I• N • F • O • R • M • I • E • R • T<br />
E<strong>in</strong>e Autobiographie besonderer Prägung<br />
Dr. Wolfgang Hambergers Buch „Fasz<strong>in</strong>ation Amerika“<br />
<strong>Fulda</strong>s langjähriger Oberbürgermeister Dr.<br />
Wolfgang Hamberger erzählt se<strong>in</strong> Leben.<br />
Und er verknüpft dieses Leben mit e<strong>in</strong>em<br />
großen Thema, den Beziehungen zwischen<br />
Deutschland und Amerika: „Ich glaube, es<br />
s<strong>in</strong>d vor allem die menschlichen Erfahrungen<br />
aus den Schicksalsjahren 19 / 5, die mich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art geistiger Existenz <strong>in</strong> Amerika<br />
fest verankert halten“, so bekennt der Autor<br />
im Schlusskapitel. Wie die meisten Angehörigen<br />
se<strong>in</strong>er Generation, so erlebte auch<br />
Hamberger die Amerikaner freilich zunächst<br />
als Kriegsgegner. Die Schilderung des verheerenden<br />
Luftangriffs auf Ma<strong>in</strong>z im Februar<br />
19 5 gehört zu den erzählerischen Höhepunkten<br />
des Buches. Und so sehr sich bereits<br />
der junge Hamberger bewusst war, dass die<br />
alliierten Bomben im Grunde die Geschosse<br />
Hitlers auf das eigene Volk waren, und auch<br />
nachdem er erfahren hatte, dass der von<br />
ihm erlebte Angriff gar nicht von amerikanischen,<br />
sondern von britischen Flugzeugen<br />
ausgegangen war, wird <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er tiefgründigen<br />
Verknüpfung dieses Erlebnises mit der Terrorkatastrophe<br />
vom 11. September 001<br />
<strong>in</strong> New York deutlich, wie sehr sich diese<br />
Dr. Wolfgang Hamberger signiert se<strong>in</strong> Buch „Fasz<strong>in</strong>ation Amerika“.<br />
Erfahrung des Feuersturmes von Ma<strong>in</strong>z <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>e Seele e<strong>in</strong>gefressen hatte. Besatzungssoldaten<br />
im heimatlichen Bensheim waren<br />
es dann, die ihn mit der Wirklichkeit<br />
und dem Wesen Amerikas konfrontierten.<br />
Jonathan, der jüdische Emigrant aus Deutschland,<br />
der als GI zurückgekehrt war, wird <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em schwierigen Prozess der Annäherung<br />
zum Gesprächspartner, der Augen öffnet<br />
und Gewissen schärft. „Umerziehung“ titelt<br />
Hamberger das Kapitel, <strong>in</strong> dem er all dies<br />
schildert. Und er wählt diesen Titel ganz<br />
unverkrampft und unbefangen, weil er, Sohn<br />
aus gläubig katholischem Haus mit desillusionierter<br />
und erfahrungsgesättigter Distanz<br />
zum braunen Regime, e<strong>in</strong>er Umerziehung eigentlich<br />
kaum bedürftig war. Als junger Akademiker<br />
erhält der Autor dann 1958 die Gelegenheit,<br />
die USA selbst kennen zu lernen.<br />
Als Fulbright-Stipendiat lebt und lernt er<br />
e<strong>in</strong>ige Monate unter und mit Amerikanern.<br />
„Neben ihrer ganz privaten religiösen Überzeugung<br />
haben die Amerikaner noch e<strong>in</strong>e nationale<br />
Religion. Diese Religion ist „ihr Land.“<br />
Hamberger erkennt das, spürt durchaus die<br />
Unterschiede zum alten Europa, lernt aber<br />
amerikanische Lebensart und amerikanische<br />
Politik zu verstehen und zu schätzen. Diese<br />
Politik <strong>in</strong> ihrer existenziellen Bedeutung für<br />
Deutschland positiv e<strong>in</strong>zuordnen, gehört für<br />
den Politiker <strong>in</strong> <strong>Fulda</strong>, im „<strong>Fulda</strong> Gap“ des<br />
Kalten Krieges zur Ratio se<strong>in</strong>es Handelns. So<br />
erlebt Hamberger den Zusammenbruch des<br />
realen Sozialismus und die Wiedervere<strong>in</strong>igung<br />
mit dem Fallen e<strong>in</strong>er mörderischen Grenze<br />
vor der Haustür. In solchem Bewusstse<strong>in</strong> verabschiedet<br />
der Oberbürgermeister die amerikanischen<br />
Mitbürger und beobachtet weiter<br />
die Politik der USA. In dieser Autobiographie<br />
besonderer Prägung verb<strong>in</strong>den sich nüchterne<br />
E<strong>in</strong>sicht und politisches Interesse mit<br />
Lebenserfahrung und ethischem Imperativ.<br />
Das sehr persönlich geprägte Buch steht<br />
wider jenen Antiamerikanismus, der bei uns<br />
derzeit erneut modisch ist und doch nichts<br />
anderes spiegelt als immer dieselbe ideologische<br />
Verbohrtheit und bornierte Ignoranz.<br />
Bernhard Mihm<br />
F • U • L • D • A I• N • F • O • R • M • I • E • R • T<br />
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