Fulda Informiert - Nr. 57 - in Fulda
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Wer im April 005 e<strong>in</strong>en<br />
spirituellen Totalausfall bei<br />
sich beklagt hätte, wäre<br />
Gefahr gelaufen, als neurologischer<br />
Sonderfall bemitleidet<br />
zu werden, denn<br />
dem Bann der Ereignisse<br />
– Tod des e<strong>in</strong>en und Wahl<br />
des anderen Papstes<br />
– konnte sich angesichts<br />
der dramatischen Geschehensabläufe<br />
und der<br />
<strong>in</strong> jeder H<strong>in</strong>sicht grenzenlosenBerichterstattung<br />
niemand entziehen.<br />
Dabei werden sich gewiß<br />
auch Gläubige ungläubig<br />
die Augen gerieben und<br />
gefragt haben: Woher<br />
kommt es, dass die halbe<br />
Welt die Katholische<br />
Kirche neu zu entdecken schien, das Papsttum<br />
<strong>in</strong>teressant fand und e<strong>in</strong>e Renaissance<br />
des Religiösen nicht mehr als unzeitgemäß<br />
abtat? Da kam vieles zusammen, aber der<br />
herausragende Grund dafür war e<strong>in</strong>deutig:<br />
Die Persönlichkeit der beiden Päpste.<br />
Der e<strong>in</strong>e, Johannes Paul II, hatte die Welt<br />
mit se<strong>in</strong>er enormen Lebensleistung, se<strong>in</strong>em<br />
Leiden und se<strong>in</strong>em gottergebenen Sterben<br />
tief bee<strong>in</strong>druckt, der andere, Benedikt XVI.,<br />
wurde als riesige Sensation empfunden und<br />
stürzte das Kirchenvolk und viele andere <strong>in</strong><br />
den Zwiespalt klischeehafter Befürchtungen<br />
e<strong>in</strong>erseits und großer Erwartungen andererseits.<br />
Beide Päpste waren vor noch nicht allzu<br />
langer Zeit <strong>in</strong> <strong>Fulda</strong>: Johannes Paul II. 1978<br />
(als Krakauer Kard<strong>in</strong>al, zusammen mit e<strong>in</strong>er<br />
Delegation polnischer Bischöfe), 1980 dann<br />
als Papst, und Benedikt XVI. als Kurienkard<strong>in</strong>al<br />
<strong>in</strong> den Jahren 198 , 199 und 00 .<br />
Johannes Paul II.<br />
„Am frühen Nachmittag, es ist der 18. November<br />
1980, ist das Wetter genauso, wie<br />
man es für diese Jahreszeit erwartet: Trüb,<br />
unbeständig und wechselhaft. Das genaue<br />
Gegenteil gilt für unsere Stimmungslage. E<strong>in</strong><br />
großartiger Papstbesuch geht zu Ende. ... Die<br />
Leipziger Straße ist noch e<strong>in</strong>mal gesäumt<br />
von vielen Menschen. Um 15.00 Uhr soll die<br />
Hubschrauberstaffel (auf dem BGS-Gelände)<br />
nach Altött<strong>in</strong>g starten.<br />
F • U • L • D • A I• N • F • O • R • M • I • E • R • T<br />
<strong>Fulda</strong> – der verstorbene und der neue Papst<br />
Dr. Wolfgang Hamberger er<strong>in</strong>nert an se<strong>in</strong>e Begegnungen mit zwei Päpsten<br />
Von Krankheit gezeichnet: der <strong>in</strong>zwischen<br />
verstorbene Papst Johannes<br />
Paul II.<br />
Zuerst verabschiedet<br />
sich unser Bischof, Professor<br />
DDr. Eduard<br />
Schick, vom Papst, und<br />
es ist spür- und wahrnehmbar,<br />
dass sich die<br />
beiden Männer nicht<br />
nur gut kennen, sondern<br />
auch sehr schätzen;<br />
ke<strong>in</strong> Wunder, denn<br />
der <strong>Fulda</strong>er Bischof hat<br />
sich als Konzilsvater und<br />
Präsident der päpstlichen<br />
Kommission für<br />
die Neo-Vulgata e<strong>in</strong>en<br />
Namen gemacht. Dann<br />
b<strong>in</strong> ich an der Reihe.<br />
Lange hält der Papst<br />
me<strong>in</strong>e Hand fest. ...<br />
„Dieses war der Höhepunkt“,<br />
sagt Johannes<br />
Paul II. zu mir, und nach e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Pause<br />
... begründet er se<strong>in</strong>e Aussage, „denn von<br />
hier aus hat alles se<strong>in</strong>en Anfang genommen“.<br />
Mir geht das unter die Haut. Was könnte das<br />
historische Bewusstse<strong>in</strong><br />
dieses<br />
Mannes deutlicher<br />
machen, was<br />
besser belegen,<br />
welchen Rang er<br />
<strong>Fulda</strong> zuekennt?“<br />
(zitiert aus Wolf-<br />
gang Hamberger,<br />
„Mit me<strong>in</strong>en Augen“,<br />
Verlag Parzeller, 1998)<br />
Was wir 1980<br />
noch nicht ahnen<br />
konnten, wissen<br />
wir heute: Dieser<br />
große Papst, den das Volk nach se<strong>in</strong>em Tod<br />
– subito santo – am liebsten sofort heilig<br />
gesprochen wissen wollte, hat ganz entscheidend<br />
dazu beigetragen, dass die Mauer fiel,<br />
Osteuropa frei und letztendlich die ganze<br />
Welt verändert wurde, auch unsere fuldische<br />
Welt im Schatten des Eisernen Vorhanges.<br />
Das sollten wir ihm nie vergessen und unsere<br />
anhaltende Dankbarkeit auch dadurch<br />
immer wieder unter Beweis stellen, dass wir<br />
die Freundschaft zu unserem Nachbarland<br />
Polen ernst nehmen.<br />
Benedikt XVI.<br />
Als <strong>Fulda</strong> 198 doppelten Grund zur Freude<br />
hatte ( 00 Jahre Päpstliches Sem<strong>in</strong>ar und<br />
50 Jahre Universität <strong>Fulda</strong>) er<strong>in</strong>nerte Joseph<br />
Kard<strong>in</strong>al Ratz<strong>in</strong>ger, der Präfekt der römischen<br />
Glaubenskongregation, daran, dass die Urchristen<br />
ke<strong>in</strong> Problem damit gehabt haben,<br />
Theologie und Philosophie mite<strong>in</strong>ander zu<br />
verb<strong>in</strong>den, weil sie wussten, dass die Antwort<br />
auf die Se<strong>in</strong>sfrage ohne den Glauben, der E<strong>in</strong>sicht<br />
sucht, nicht zu f<strong>in</strong>den ist. Beim Bonifatiusfest<br />
199 und der Feier „1 50 Jahre Kloster<br />
<strong>Fulda</strong>“ predigte der Kurienkard<strong>in</strong>al <strong>in</strong> dem mit<br />
7000 Gläubigen brechend vollen Dom vom<br />
Mut des Bonifatius, und er mahnte, der Wahrheit<br />
ke<strong>in</strong>en falschen Frieden überzuordnen.<br />
Genau daran knüpfte er an, als er zuletzt im<br />
Jahre 00 <strong>in</strong> <strong>Fulda</strong>, begleitet von Leo Kard<strong>in</strong>al<br />
Scheffczyk, beim Kongress „Freude am<br />
Glauben“ dazu aufrief, nicht mit den Wölfen<br />
zu heulen und sich nicht vor den Menschen<br />
zu fürchten. Was ist von diesen Begegnungen<br />
<strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung geblieben, wie dachten die<br />
Menschen über Joseph Kard<strong>in</strong>al Ratz<strong>in</strong>ger, wie<br />
denken sie heute über Papst Benedikt XVI.?<br />
Als ich ihm 198<br />
erstmals begegnete<br />
und ihm im<br />
Fürstensaal vorgestellt<br />
wurde,<br />
fiel mir auf, dass<br />
er sowohl mich<br />
scharf <strong>in</strong> den Blick<br />
nahm als auch die<br />
Szene drum herum<br />
gut im Auge<br />
behielt; es war<br />
ihm alles wichtig,<br />
nichts schien ihm<br />
zu entgehen. Aber<br />
ich habe auch <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung, wie er den Menschen<br />
ke<strong>in</strong>eswegs aus dem Weg g<strong>in</strong>g, dass er<br />
lächeln konnte und jeden Autogrammwunsch<br />
erfüllte. Ich glaube, die heitere Gelöstheit, mit<br />
der die Welt Papst Benedikt XVI. nach se<strong>in</strong>er<br />
Wahl erlebt hat, war e<strong>in</strong> erstes Zeichen dafür,<br />
dass wir die ganze Tiefe und Vielfalt der<br />
Persönlichkeit des neuen Papstes noch lange<br />
nicht kennen. Er hat bisher Grenzen markiert,<br />
von nun an wird er Wege weisen. Es würde<br />
mich nicht wundern, wenn es auch neue<br />
Wege wären. Dr. Wolfgang Hamberger<br />
Strahlend segnet er die Gläubigen: Papst Benedikt XVI.<br />
F • U • L • D • A I• N • F • O • R • M • I • E • R • T<br />
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